Das Manifest für #MindsetWandel – Es ist fünf vor zwölf. Ein Weckruf für Deutschlands Führungskultur.

Die Wirtschaft sollte endlich aufwachen – und ihre Führungskultur nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich ändern. Nichts Geringeres als ein Manifest haben Insa Klasing – die Young-Global-Leader vom Weltwirtschaftsforum in Davos, Ex-Top- Managerin und jetzt Jungunternehmerin – und das Aspen-Institut, laut Wikipedia eine US-amerikanische Denkfabrik – zusammen mit 33 Unterstützern erstellt.

Ein Manifest? Wofür bitte das? Für einen #MindsetWandel, sagt Klasing und meint damit eine dringend nötige, neue Führungskultur, die zukunftsfähig ist. Damit die deutsche Wirtschaft nicht von den anderen Ländern abgehängt wird, denen Umdenken und vor allem das Neue auch umzusetzen, nicht so schwer fällt.

Zusammen getrommelt hat diese ungewöhnliche Allianz fürs erste 33 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Gesellschaft und  Politik – so wie Frank Riemensperger von Accenture oder Peter Albiez von Pfizer. Beteiligt sind an diesem Manifest außer den Gründern und Managern auch Start-up-Inhaber und Nichtregierungsorganisationen (siehe Liste unten). Dabei heraus gekommen ist ein Manifest aus Fünf Werten, das die Grundlage für das Führungsverhalten von morgen bilden sollen.

 

 

Die Initiatorin Insa Klasing hat aufgeschrieben, worum es genau geht:

Insa Klasing

Das Aspen Institut beschäftigt sich mit wertebasierter Führung und TheNextWe begleitet als Online-Coach tagtäglich Unternehmen beim Umdenken, insbesondere bei Restrukturierungen.

Meine Erkenntnis: Zu viele Führungskräfte in den Unternehmen blockieren die Digitalisierung, die alles in Frage stellt – und sie debattieren gar nicht erst darüber.

Die Digitalisierung zwingt uns, alles neu zu denken. Dumm nur, viele Manager hierzulande mögen nicht umdenken. Der Grund: Was nötig ist – radikale Innovation – ist komplett konträr zu allem, was sie bisher in Deutschland erfolgreich gemacht hat: Sorgfalt, Kontrolle und Sicherheit. Diese Werte rutschen gegenüber neuen Werten wie Entscheidungsfreiheit oder Innovation in der Prioritätenliste hinab.

Was schief läuft? Zum Beispiel: Die Unternehmen halten an ihren veralteten Werten mit straffer Hierarchie und preußischer Gründlichkeit fest. Gleichzeitig fordern sie von ihren Belegschaften radikale Innovation, bei denen das höchste Ziel wieder die Perfektion ist. Sprich: Fehler lassen sie nicht zu. Die Menschen, die das Experimentieren wagen und zwangsläufig Fehler machen und machen müssen, strafen sie ab.

Die Sorge ist, dass Deutschland seinen Wettbewerbsvorteil verlieren wird. Und zwar viel schneller, als wir denken.

Ein Indiz: Im Koalitionsvertrag ist immerhin 92 Mal von Digitalisierung die Rede und 49 Mal von Werten. Doch da geht es keineswegs, um die Werte, von denen man bei Führung spricht. Da geht es meist um Nährwerte, Bodenwerte und Vermögenswerte. Und das ist typisch für Deutschland: wir digitalisieren die Prozesse und Strukturen und vergessen dabei, die Menschen mitzunehmen.

 

Die Entscheider in den Unternehmen brauchen Mut zum Risiko

Dass Mut im Manifest an erster Stelle steht, ist vorhersehbar – und doch auch überraschend.

Vorhersehbar, weil es im Zuge der Digitalisierung immer wieder gefordert wird, dass wir in Deutschland mehr Mut zu Veränderung brauchen. In Amerika würde dieser Wert in einem solchen Manifest wahrscheinlich gar nicht auftauchen, so selbstverständlich ist Risikobewußtsein dort in der kulturellen DNA.

Und überraschend ist es, weil fehlender Mut in unserem Land Thema ist und bleibt. Aber eben nur Thema. Keine Umsetzung. Warum nicht?

Weil die Angst größer ist. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust wegen Digitalisierung, zum Beispiel. Um diese Ängste abzubauen, muss man den Betroffenen die Chancen der Digitalisierung sichtbar machen. Ihnen zeigen, wie sie auch ihre Arbeit erleichtern kann und welche neuen Jobs dadurch entstehen. Ihnen zeigen, welche Möglichkeiten Technologie und deren zielgerichteter Einsatz schafft.

 

Alle sprechen nur untereinander – nicht miteinander

Beim Entstehen der fünf Manifest-Forderungen wurde jedenfalls eins klar: Technologie-Entwickler, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft sprechen fast nicht miteinander, sondern nur untereinander.

In Israel und in Skandinavien etwa sieht das anders aus, dort hat der Staat klare Ziele gesetzt – zum Beispiel in Schweden für Energieeffizienz –  und günstige Rahmenbedingungen wie in Israel die gezielte Förderung von technischer Forschung und steuerliche Anreize für Tech-Investoren geschaffen, um Technologie und Fortschritt zu ermöglichen. Genau das brauchen wir auch in Deutschland, wo ein Großteil unserer Industrien ihren Höhepunkt überschritten hat. Nur so lässt sich langfristig Gemeinwohl sichern. Mehr Vertrauen in die neuen Möglichkeiten würde schon viel bewirken.

 

 

Hier die Liste der Unterstützer des Manifests:

Hanns-Bertin Aderhold, Founder & Managing Director, Cobrainer

Peter Albiez, Country Manager Germany, Pfizer

Thomas Andrae, Chief Strategy Officer, Nucleus Scientific

Frank Behrendt, Senior Advisor, Serviceplan Public Relations & Content

Frank Behrendt, Professor und Sprecher des Innovationszentrums Energie, TU Berlin

Catherine Bischoff, Chief Strategy Officer, Factory Berlin

Natascha Bonnermann, Geschäftsführerin, PanAm Lounge

Matthias Brendel, Head of Audi Denkwerkstatt

Wolfgang Dierker, National Executive Deutschland, GE

Andreas Engel, Founder & CEO, Engel PR

Moritz Ettl, Co-Founder & Managing Director, 4ED1

Thomas Heiden, Partner & Gründer, heiden associates

Florian Hoffmann, Founder & CEO, The DO School

Anke Kaupp, Founder & Chief Psychologist, TheNextWe

Carina Kempf, Senior Program Officer, Aspen Institute Germany

Insa Klasing, Founder & CEO, TheNextWe

Klaas Klasing, Founder & CTO, TheNextWe

Kathrin Koehler, Digital Coach, kathrinkoehler.com

Rüdiger Lentz, Executive Director, Aspen Institute Germany

Astrid Moix, Owner, Glocal Talent

Nancy Nemes, General Manager Hardware, Google

Valentin Nemes, Founder, Nemes Ventures

Tijen Onaran, CEO & Founder, Global Digital Women

Verena Pausder, CEO & Founder, Fox & Sheep

Ernesta Redi Neudert, Board of Directors, Province Brands

Frank Riemensperger, Senior Managing Director, Accenture

Stephanie Schorp, Managing Partner, Comites

Robin Tech, Managing Director & Co-Founder, Atomleap

Andrea Teichmann, Manager Digital Business Transformation, Henkel

Paul Williams, Managing Partner, paul williams & associates

Lisa Witter, Co-Founder & Executive Chairman, Apolitical

Matthias Woppmann, CFO, Decimo

Sandra Zschasch, CEO, Trip.me

 

http://www.aspeninstitute.de

www.thenextwe.com

 

 

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Alle Kommentare [6]

  1. Glückwunsch Insa! Schade, daß ich an dem Abend nicht konnte. Erlebte gestern bei 100 Jahre Berliner Pressekonferenz durch den Berliner Regierenden erneut, wie es immer nur Absichtserklärungen gibt und Selbstbeweicherung, keine konkreten Absichten, Dinge/Situationen/Infrastrukturen zu verändern….Freue mich auf Fortsetzung Deiner/Eurer Initiative.

  2. Ein absolut notwendiger Weckruf angesichts der exponentiellen Entwicklung in allen Bereichen von Gesellschaft und Wirtschaft. Jeder weiß aus eigener Erfahrung wie schwierig es ist, liebgewonnene und bisher erfolgreiche Verhaltensweisen zu ändern. Gleiches gilt für viele erfolgsgewöhnte Unternehmen und Organisationen in Deutschland.

    Was neben den Wertvorstellungen des Manifestes fehlt, ist das Wissen darüber, wie

    – ein Wertewandel in Unternehmen effektiv und nachhaltig gestaltet und gesteuert werden kann
    – mit einer Werteänderung sich Verhalten neu gestalten lässt
    – individuelle Entwicklung und Unternehmensentwicklung eine positive Symbiose eingehen.

    Was fehlt ist die Erfahrung/Einsicht, dass die Steuerung vermeintlich „weicher“ Faktoren zu mehr Flexibilität, Innovation, Effektivität führt und so den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflusst.

    Michael Mayer
    Dilligentia
    Ihr Partner für sinnvolles Management

  3. Lieber Herr Mayer, ein guter Punkt: Über das „wie“ haben wir in diesem Gremium nicht gesprochen, vielmehr ging es erstmal darum, das „was“ zu verabschieden. Das „wie“ ist unser Tagesgeschäft, wir coachen tagtäglich Mitarbeiter mit Hilfe neuer Bewertungen zu neuem Verhalten und damit zu neuen Ergebnissen zu kommen. Und Ihre Ansicht, dass Mindset den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflußt, teilen wir. Deshalb haben wir TheNextWe gegründet.

  4. Wunderbarer Ansatz, die Werte in den Mittelpunkt zu rücken!

    Denn für den #MindsetWandel braucht es eine Führungsevolution. Die wird nur gelingen, wenn sich Unternehmen über ihre tatsächlich gelebten und von allen geteilten Werte klar werden.

    Damit diese Werte transparent werden und ein Austausch über unterschiedliche Wahrnehmungen möglich wird, setzen wir in unserer Arbeit mit Unternehmen das Wertetarget ein. Es kombiniert Erkenntnisse aus Neuromarketing und Motivationsforschung mit unserer Praxiserfahrung und erfasst dabei auch die intuitiven Anteile.
    Die identifizierten Werte werden übersichtlich sichtbar gemacht, Führungs- und Unternehmenskultur lassen sich dann gezielt entwickeln. Der Schlüssel zum Erfolg ist dabei, alle Ebenen, Mitarbeiter wie Management in diesen Prozess einzubeziehen.

    Eine spannende Reise, die ungeahnte Potentiale frei setzt!

    Martin Permantier
    SHORT CUTS GmbH
    https://die-werteentwicklung.de

  5. Danke für diesen Artikel und diese Initiative…dementsprechend ist ein Wandel in den Anforderungen und im Recruiting unabdingbar. Denn meine Erfahrungen die letzten Jahre nachdem ich aus dem Ausland zurückgekehrt bin ist das diese hier genannten neuen Werte in Deutschland nicht geschaetzt und gewünscht sind – sogar als Risiko interpretiert werden welche in amerikanischen Unternehmen als „great gift“ bezeichnet und geschaetzt werden. So wie Sie es auch in Ihrem Artikel benennen – Mut zum Risiko ist in deren kulturellen DNA. Die Verbindung und die Integration der vorhandenen qualifizierten Führungskraefte mit den neuen Bedürfnissen der Unternehmen muss hergestellt werden, denn heute selektiert uns das HR Recruiting System aus. Wie können Führungskraefte wie wir die im Markt vorhanden sind und auch dementsprechende Erfahrungen der neuen Werte mitbringen diesen Wandel unterstützen.

  6. Ich bin äußerst dankbar für diesen Aufruf zum, „um WAS geht es?“, dem sich mit TheNextWe dem WIE gewidmet wird.

    Ich beschäftige mich als Kulturwissenschaftlerin seit 30 Jahren mit meinem Unternehmen mit dem kulturellen und psychologischen WARUM.

    Warum ist eine deutsche Kultur z.B. nicht wie eine amerikanische im selben Ausmaß risikobereit und mutig? Welche kulturellen Muster liegen dahinter? Martin Permantier hat das auf einer anderen Ebene fantastisch mit seinem neuen Buch über HALTUNGEN analysiert.

    Ich ergänze das Ganze nur noch mit konkreten darunterlegenden kulturspezifischen Verhaltensmustern, die einem spezifischen mindset entspringen, und uns spezielle Bedürfnisse erfüllen (auch Sinn), die wiederum aus einer bestimmten Haltung gespeist werden.

    Das alles zusammen: das WAS, WIE, WARUM und auch das WER gehört zur Grammatik des Wandels. Ich freue mich, dass hier die richtigen Leute das Richtige anstoßen.
    Ich würde noch empfehlen, Karlheinz Lang mit seinem Buch Erde 5.0 und Nils Pflägig mit OpenSpaceBeta in die illustre Liste mit aufzunehmen.

    Mit mutigen Grüßen
    Susanne M. Zaninelli