Warum Razzien der Kartellbehörden meist Dienstags stattfinden

Panikhandlungen bei Razzien – wenn gleichzeitig die Telefone abgehört werden

Der Porsche-Manager, der bei der Razzia im April seinen Laptop verstecken wollte, landete genau deshalb in U-Haft berichtete „wallstreet-online.de„. Er wurde kurzerhand festgenommen wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr und das auch nicht nur für eine Nacht, sondern eine Woche und mehr. Das hatte sich der Mann so sicher nicht vorgestellt – vor allem aber hatte er nicht damit gerechnet, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur die Büroräume oder auch die Wohnungen der Manager durchsuchte, sondern auch die Telefone schon abhörte. Denn der Manager hatte wohl, als die Aktion zu laufen begann, noch rasch einen Mitarbeiter angerufen und den gebeten, seinen Laptop zu sichern. Sein Pech: Die Staatsanwaltschaft hörte in dem Moment schon mit. https://www.wallstreet-online.de/nachricht/10536847-diesel-staatsanwaltschaft-hoerte-dieselskandal-Telefone

 

Razzien finden meist Dienstags statt

Die allermeisten Durchsuchungen seien Dienstags, beobachtet Kartellrechtler Christian Bahr von Fieldfisher. Es sei für die Beamte einfacher, Montagsabends anzureisen, wenn die Razzia am nächsten morgen in aller Frühe startet. Und nicht Sonntagsabends, denn dann müsse erst mal Sonntagsarbeit beantragt werden, alles viel zu umständlich. Umgekehrt finden Razzien dann eben auch nicht mehr so oft Donnerstags oder Freitags statt, weil sie ja durchaus mehrere Tage dauern kann und möglichst nicht bis ins Wochenende dauern soll.

 

Wenn die Ideen der Manager gar nicht so einzigartig sind

Die Verhaltensmuster von Managern in Kartellfällen ähneln sich, erzählt Bahr. Abkürzungen beispielsweise sind oft dieselben: „PE“ heißt nun mal in jeder Branche Preiserhöhung. Geschäfstführer verwenden diese Abkürzung entsprechend oft – und wenig originell -, wenn sie mit anderen Anbieter heimliche, verbotene Ansprachen über Preise treffen. Gut für die Kartellwächter, denn diese Abreden sind dann schnell auffindbar, wenn bei Durchsuchungen die PC´s nach bestimmten Schlüsselbegriffen durchsucht werden.

 

Christian Bahr von Fieldfisher

 

Preisabsprachen als Fußballergebnisse getarnt

Schlauer gingen da schon die Manager vor, die damals am Feuerwehrkartell beteiligt waren. Sie hatten sich Prepaid-Handys gekauft und die Preise, die sie verabreeten, als Fußballergebnisse getarnt. Hätte nicht einer aus ihren Reihen –  ein sogenannter Kronzeuge später – dem Bundeskartellamt diese Details verraten, um selbst seiner Strafe zu entgehen, wäre man ihnen wohl so schnell nicht auf die Schliche gekommen, erzählt sein Fieldfisher-Kollege Sascha Dethof.

 

Komplexe Fälle

Dass die Durchsuchenden etwas übersehen, passiere immer wieder, sagt er. Die Fälle sind komplex und die einzelnen Beamten vor Ort stecken nicht unbedingt tief drin im Fall. Zumal alle Durchsuchungen mit mehreren Teams an verschiedenen Orten zum gleichen Zeitpunkt losgehen müssen und daher eine große Zahl von Leuten nötig ist. Hat ein gefeuerter Mitarbeiter den Kartellwächtern vorher schon über die Whistleblower-Hotline genau erzählt, in welchem Schrank sie welche Infos finden, haben sie es umso leichter.

Dumm nur, wenn Manager zu Beginn der Durchsuchung ihre Verbündeten noch rasch per Mail warnen wollen. Einer tippte noch rasch in seine PC-Tasten: „Mist, alles kommt raus“ und genau das lieferte ihn ans Messer. Auch diese Mail wurde natürlich später bei der Auswertung der Rechner gefunden.

 

Wenn die Realität die Fantasie um Längen toppt

Manche Erlebnisse der Anwälte sind so krude, dass man sie keinem Drehbuchschreiber abnähme. So kamen die beiden Kartellrechtsprofis bei einem mittelständischen Unternehmen erst hinzu, als die Razzia schon mehrere Stunden in vollem Gange war. Die Beamten waren richtig ausgelassener Stimmung, keiner bremste sie aus und nicht einmal der Unternehmenschef selbst war vor Ort. Erst das Auftauchen der Juristen verdarb ihnen die gute Laune, erzählen die beiden Düsseldorfer.

 

Übersehene Beweise sind wie Geschenke für Anwälte

Nachdem alles vorbei war, hatten die Beamten genau einen einzigen Ordner im Regal stehen lassen. „Den mit der Aufschrift ‚Kartell‘ – und in dem war auch Kartell drin“, erinnert sich Dethof. Alle Details, sorgsam aufgelistet.

Unentdeckte Ordner wie der sind für Anwälte dann ein Geschenk – denn das ist wertvolle Verhandlungsmasse für später. All das, was das Kartellamt noch nicht an Informationen hat, lässt sich noch anbieten. Und alles, was ein Unternehmen als Kartellsünder den Behörden frei Haus liefert, sprich die Mit-Kartellsünder ans Messer liefert und ganz schnell mit offenen Karten spielt, kann helfen, die eigenen Strafen zu senken oder gar straffrei auszugehen.

 

Sascha Dethof von Fieldfisher

Was Razzien ausbremst

Besonders dreist sprang ein Unternehmen mit den durchsuchenden Beamten um, bei denen – ganz zufällig natürlich – der Strom ausfiel. Und zwar justament als das ganze Team im Aufzug war. Die hörten dann nur eine ganze Weile nur noch Rufe wie „tut uns leid, Stromausfall“ – doch im Hintergrund liefen die Shredder auf Hochtouren. Gut vernehmbar.

 

Ex-Mitarbeiter als Denunzianten

Aber nicht alle Hinweise, die das Kartellamt inzwischen über seine Whistleblower-Hotline bekommt, sind wirklich wertvolle. Ein rachsüchtiger Ex-Geschäftsführer so der Behörde fingierte Beweise geschickt und wollte damit seinen Ex-Arbeitgeber anschwärzen. Bis die Sache herauskam und die Unschuld des Unternehmens klar war, war der Company ein Riesenschaden entstanden. Auch wenn sie keine Strafe zahlte, so waren zumindest die Anwaltsrechnungen gepfeffert hoch. Der Mann steht heute vor Gericht und soll der Firma Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen, berichten die Fieldfisher-Anwälte. Und damit nicht genug: Das Bundeskartellamt erstattete Strafanzeige gegen den Ex-Manager. Wenn er Pech hat, kommt er dann nicht mit Schadenersatz und einer Geldstrafe davon, sondern muss auch noch ins Gefängnis.

 

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