Woydich in New Delhi (3), ein Wirtschaftsstudent in Indien: Gemüseanbau auf der Dachterasse

Tobias Woydich, 26, studiert Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, macht seinen Master und absolviert für drei Monate ein Auslandssemester am Management Development Institute (MDI) in Gurgaon, einer Satellitenstadt 20 Kilometer von New Delhi entfernt. Folge 3.

 

An das indische Englisch habe ich mich Inzwischen gewöhnt. Viele MBA-Studenten und Professoren hier haben mal in den USA oder in Europa studiert und sprechen fast akzentfrei. Das tun sie allerdings in einem Affenzahn und ziehen obendrein die Worte auch noch zusammen. Die Sätze klingen dann nach einem sehr langen Bandwurm-Wort. Durch meine indischen Kommilitonen höre ich mich beim Kaffee-trinken oder in der Mensa aber langsam hinein. Ich habe schon Sorge, dass es auf mich abfärbt.

 

“Present, Sir!”

Die Professoren werden hier mit Sir oder Ma’am angesprochen. Da wir in den Vorlesungen Anwesenheitspflicht haben, geht der Dozent zum Anfang jeder Vorlesung die komplette Namensliste durch. Wer in dem Moment fehlt, darf nicht mehr an der Vorlesung teilnehmen. Gleich am ersten Tag kamen zwei Studenten zu spät in den Raum und der Professor zeigte nur auf die Tür – ohne sie anzugucken -, bis sie wieder draußen waren. Es gibt also nur zwei mögliche Antworten auf den Ausruf des eigenen Namens: “Yes, Sir!” oder “Present, Sir!” – ich habe nur männliche Professoren.

 

Kontrollen wie am Flughafen

Wenn man Heimweh hat oder sich nach einer europäischen Umgebung sehnt, geht man am besten in eine der vielen Shopping-Malls, denn die sehen genauso aus wie bei uns. Fast jede europäische oder amerikanische Modekette ist vertreten und auch die internationalen Fast-Food-Ketten sind präsent. Die Preise sind übrigens so hoch wie unsere in Deutschland. Von dem Trubel auf der Straße ist in den Malls nichts mehr zu spüren. Stattdessen: klassische Fahrstuhlmusik und Verkäufer in dunklen Anzügen.

woydich3-b

 

Ein etwas mulmiges Gefühl machen mir die vielen Sicherheitskontrollen. Selbst beim kurzen Einkauf im Supermarkt läuft man erstmal durch einen Metalldetektor und wird auch danach immer wieder abgetastet. Taschen werden wie im Flughafen auf ein Förderband gelegt und geröntgt. Dabei gibt es immer einen separaten Schalter für Männer und Frauen, der meistens blickdicht abgeschirmt ist.

Auffällig: während sonst überall – in den Supermärkten, den Hotels und auf der Straße – wirklich hauptsächlich Männer arbeiten, scheint das Verhältnis bei den Sicherheitskräften ausgewogener zu sein. Nicht nur bei der Kontrolle, dort ist der Sinn ja nachvollziehbar, sondern auch von den herumstehenden Wachleuten sind viele Frauen.

 

woydich3-c

 

 

Agra – ländlich trotz 1,7 Millionen Einwohnern

 

Tobias Woydich (M.) mit Kommilitonen

Tobias Woydich (M.) mit Kommilitonen Mirko und Christian am Taj Mahal

 

Am Wochenende war ich mit Kommilitonen in der Stadt Agra, von New Delhi knapp 200 Kilometer entfernt, um den Taj Mahal zu sehen. Agra macht trotz 1,7 Millionen Einwohnern einen ländlichen Eindruck. Die meisten Straßen und Gebäude sind in sehr schlechten Zustand. Hinzukommt, dass die Menschen hier ihren Müll einfach an den Straßenrand schmeißen. In kleinen Bächen oder Teichen an denen man vorbeifährt, schwimmen unendlich viele Plastikflaschen und Mülltüten.

 

Die Fahrt nach Agra ist trist. Einzige Ausnahme: die vielen bunt geschmückten Tuk-Tuks. In Delhi und Gurgaon dagegen sind die Tuk-Tuks grün mit gelbem Dach.

 

Version 2

 

Im Studentenwohnheim gibt es auch Tiere: Auf einem Stromkasten im Flur unseres Studentenwohnheimes haben sich zwei Tauben ein Nest gebaut. Ein Kunststück ist das nicht, denn die Flure sind in Richtung des Innenhofes offen.

 

woydich3-e

 

 

Maximum Retail Price

Wie beim Tuk-Tuk-Fahren habe ich gelernt, dass man hier eigentlich über jeden Preis verhandeln kann – und oft auch muss. Denn die Verkäufer verlangen oft selbst beim Kauf einer Flasche Wasser erstmal einen viel zu hohen Preis.

Woher ich weiß, wann ein Preis zu hoch ist? Auf fast jedem Produkt steht ein MRP – der Maximum Retail Price – . so ähnlich wie bei uns das Mindesthaltbarkeitsdatum. Der MRP ist aber ein Maximum-Preis, teurer darf das Produkt nicht verkauft werden. Sehr wohl aber billiger. Apropos Mindesthaltbarkeitsdatum: das gibt es hier nicht, stattdessen wird hier das Herstellungsdatum aufgedruckt. Irgendwo darunter steht dann, in wie vieler Monaten ab Herstellung das Produkt verbraucht werden sollte. Am Anfang hatte ich diese Methode falsch verstanden und ich glaubte, sämtliche Nahrungsmittel seien bereits vor Monaten abgelaufen.

 

Viele Dächer werden hier als Dachterrasse genutzt und zwar intensiv: sie sind dekoriert mit Blumen oder werden sogar zum Gemüseanbau genutzt. Hier der Blick von einem Dach-Café in Delhi auf eine solche Dachterrasse:

woydich3-a

 

 

 

 

K%c3%b6nige%20der%20Blogosph%c3%a4re

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*