Die Strategieberater nach altem Muster haben ausgedient, sagt Lars Linnekogel, Geschäftsführer beim Beratungsunternehmens The Team Enablers (TTE). Die Berater müssen sich künftig auf die Mitarbeiter einlassen – statt sie nur in die Wüste zu schicken. Unternehmen müssen angeleitet werden, ihre Erfolge selbständig zu erreichen. Denn es geht nicht um neue Methoden, sondern darum, an das Spezialwissen der Mitarbeiter heran zu kommen.
Er weiß, wovon er spricht: Linnekogel war früher Projektleiter bei Boston Consulting Group (BCG) und ist heute Experte für Projektmanagement und Teamführung und berät Unternehmen wie Lufthansa Technik oder die Deutsche Bahn. Ein Gastbeitrag.

Lars Linnekogel
Unternehmensberater haben es aber auch schwer. Von den Medien als gierige, emotionsfreie Krawattenträger beschrieben und von den Unternehmen in ihrem Nutzen bezweifelt, müssen sich die großen Beratungen um McKinsey & Co. viel Häme anhören. Zumal: Ihre Arbeitsweise ist oft starr und erweist sich nicht immer als die beste Wahl. Deshalb müssen neue Lösungen her, neue Zusatzqualifikationen für Berater entwickelt werden. Was ganz oben auf der Prioritätenliste steht? Coaching-Wissen, Anschluss- und Teamfähigkeit sowie Respekt. Was bislang eher unwichtig Eigenschaften der Top-Berater-Zunft sind.
Die Strategie der Manager und Berater war klar – nur nicht offen gelegt
Die Consulting-Branche benötigt weitreichende Veränderungen, um den Nutzen für ihre Auftraggeber, meist Unternehmen in Not, zu bewahren. Bisher lag der Nutzen von McKinsey& Co. darin, zweifellos gute Konzepte und haarscharfe Analysen zu entwerfen, ohne Emotionalität, falls Kostensenkungen verlangt werden. Verschwiegenheit und Distanz waren in dem Modell garantiert, die Sorge und Unsicherheit der internen Mitarbeiter inklusive. Eine gar angespannte Stimmung herrschte in den Unternehmen, sobald die Herren in Anzügen und mit Rollkoffer über die Unternehmensflure schreiten. Die Manager und Projektleiter, die McKinsey& Co. beauftragen, haben hingegen sehr oft eine klare Strategie, die freilich nicht offen gelegt wird: Sie benutzen externe Berater nur dazu, die eigene Verantwortung abzugeben und somit ihre eigene Karriere nicht aufs Spiel zu setzen. Auf Kosten des Unternehmens.
Doch weiter: Wenn tausende Arbeitsplätze abgebaut werden, fehlt es der Unternehmensführung oft an Entschlossenheit und Wagnis. Bestes Beispiel: Die Wahl von McKinsey für das Lageso in Berlin vermittelte in unseren Augen den Eindruck geschwächter Verantwortungsübernahme, nach dem Motto: „Ich habe doch McKinsey geholt, wenn es dann nicht klappt, tja, dann kann mir auch keiner einen Vorwurf machen.“ https://www.berlin.de/lageso/
Erste Pioniere Deutsche Bahn und Lufthansa Technik – viel billiger, viel effizienter
Es wird Zeit, ein Zukunftsmodell für Unternehmensberatungen zu schaffen. Eine echte Alternative, die sich in geringeren Kosten und längerfristigem Nutzen für Unternehmen messen lässt. Ziel ist es, ein Mitarbeiter-konzentriertes Zukunftsmodell für Unternehmensberatungen zu etablieren. Der Bedarf ist eindeutig vorhanden. Unternehmen wie Deutsche Bahn oder Lufthansa Technik und auch eine große Unternehmensberatung nutzen bereits neue Ansätze. Bei der Lufthansa Technik wurde ein Projekt mit dem Zukunftsmodell über sechs Monate mit über 30 involvierten Mitarbeitern betreut. Das Ergebnis des Projekts war eine deutlich gesteigerte Mitarbeitermotivation, die durch eine Umfrage anonym gemessen wurde und ein Wertbeitrag im Millionenbereich. Im Vergleich kostet ein Projekt mit der Mitarbeiter-konzentrierten Vorgehensweise bis zu 50-70 Prozent weniger als vergleichbare Projekte mit großen Beratungen. Die reinen Beratungskosten liegen noch niedriger, da die internen Projektressourcen stärker genutzt werden.
Zukunftsvision: Zusammenarbeit von Beratern und Firmenangehörigen
Wie das funktioniert? Die externen Berater arbeiten mit den Experten im Unternehmen zusammen. Die nachhaltigere Lösung für die meisten Themen der Unternehmen sind die eigenen Mitarbeiter – vorausgesetzt, sie wissen, wie wichtige Projekte professionell angegangen und der Status Quo überprüft werden kann.
Das Spielfeld muss umgebaut werden: Die unternehmenseigenen Mitarbeiter sind das Beratungsteam, das mit der Kompetenz der großen Beraterfirmen fit gemacht wird. Argumente wie Nachhaltigkeit, langfristige Befähigung und Motivation, Begeisterung, Unternehmensbindung und dem Vertrauen in die eigenen Leute sind ein völlig anderer Ansatz als der von McKinsey& Co. Mit diesem Konzept werden die Probleme nicht im Sofort-Affekt gelöst und die neuesten und radikalsten Ideen hervorgetan, dafür sind die eigenen Leute mit an Bord. Dahinter steckt Nachhaltigkeit.
Der Faktor Mensch muss gestärkt werden
Der neue Weg geht so: Die Mitarbeiter sind in Lösungsprozesse aktiv eingebunden und der externen Berater wirkt eher wie ein neutrales Bindeglied und zwar im Hintergrund. Der Berater von morgen ist mehr Coach als Alleswisser. Er hat die Kompetenz, den Mitarbeitern in Unternehmen die richtigen Anreize zu setzen, um beste Ergebnisse zu erzielen. Vorausgesetzt, er will aufrichtig sein Wissen vermitteln. Der Berater muss gegenüber den Mitarbeitern offen und ansprechbar sein.
Der Kompetenzvorsprung der Mitarbeiter
Das wird gar nicht so einfach werden für die Consultants, die sich bisher auf Verschwiegenheit zurück ziehen konnten und als Beraterkreis auf Distanz zur Belegschaft gehen konnte. Das wird bald passé sein. Stattdessen wird die Arbeitsweise Mitarbeiter-fokussiert. Sie müssen die Mitarbeiter und Projektleiter ermutigen, eigene Lösungen zu kreieren, die oft auch gegenüber den großen Beratungen einen Kompetenzvorsprung haben. Und dann wächst auch die Unternehmensbindung der Mitarbeiter im Unternehmen. Denn die Realität sieht laut der neuen Gallup-Studie noch trüb aus: 68 Prozent der Mitarbeiter haben „nur eine geringe emotionale Bindung“ an das eigene Unternehmen.
Denn: Neue Methoden gibt es kaum, es geht um Spezialwissen und das liegt bei den Mitarbeitern. Zum Beispiel die Entwicklung eines Shared Service Centers: Die Mitarbeiter des Unternehmens können viel besser beurteilen, welche Tätigkeiten sich auslagern lassen und welche unbedingt vor Ort, im Werk, stattfinden müssen. Der Clou: Statt einfach Personal zu kürzen, ergab eine Diskussion, welche wertschöpfenden Tätigkeiten die verbleibenden Mitarbeiter machen können – unter der Voraussetzung, dass die Projektziele erreicht werden. Eine Beratung hätte – getreu nach dem bisherigem Muster – nur stur auf die reinen Einsparungen geschielt. Dabei offenbart es zusätzliche Opportunitäten, die Mitarbeiter einzubeziehen, nach denen der 0815-Berater nach bisherigem Standard nie fragen würde. Denn die Mitarbeiter wissen es einfach. Die Gelegenheit, unter Sichtbarkeit darüber zu sprechen, sollte zukunftweisend sein.
Neue Sortierung am Kompetenztisch
Es ist nur noch die Frage, wann die großen Beratungen auf den Sparring-Zug aufspringen werden. Grundlegende Veränderungen in den Geschäftsmodellen der Berater dürften dauern, denn sie wollen ja auch künftig ihre Beraterkapazitäten dauerhaft auslasten.
Wirtschaftlich gesehen müssen die Angebote der Berater so aussehen, dass die Unternehmen verstehen, ob es sich um eine Sicht von Dritten handelt, oder ob die Mitarbeiter mitgenommen werden. Dann können sich Manager ganz bewusst für ein passendes Produkt entscheiden.
Persönlichkeit und Verhalten über dem reinen Wissen
Die großen Beraterfirmen stehen vor ihrer eigenen Bestandsaufnahme. Langfristig werden Persönlichkeit und Verhalten das reine Wissen überholen – sie müssen ihre Anschlussfähigkeit in den Unternehmen sichern. Das Credo wird lauten müssen: Mitarbeiter voran. Und das wird kniffliger werden als nur Streichungen zu verkünden – denn Sparmaßnahmen sind keine Strategie.
Mehr zu TTE unter www.tte.coach.