Interview: In welcher Berufsgruppe sind die meisten Psychopathen? Regina-Viola Frey, Wissenschaftlerin für Human Ressource Management und Marketing an der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn, hat es erforscht: Den ersten Platz belegen die Juristen.

Regina-Viola Frey
Frau Frey, Sie haben untersucht, warum Psychopathen Erfolg haben?
Wir hatten Frank Abagnale Jr., den Scheckbetrüger der 60er Jahre in den USA vor Augen aus dem Kinofilm: „Catch me if you can“, mit Leonardo diCaprio in der Rolle des Frank Abagnale, und Tom Hanks in der Rolle des FBI Ermittlers Henratty. Er lief von zu Hause weg, als sich seine Eltern scheiden ließen. Er gab sich als Pilot aus, dann als Arzt, schließlich praktizierte er sogar als Anwalt. Alles erfolgreich. Er wurde letztlich in Frankreich verhaftet und arbeitete viele Jahre für das FBI in der Aufklärung von Scheckbetrug.
In der Figur des Frank Abagnale Jr. finden wir einen typischen Psychopathen – sei es einmal dahingestellt ob man ihn als erfolgreich oder nicht klassifiziert. In der Psychologie-Literatur wurde bislang jeder Psychopath als erfolgreich eingestuft, wenn er – oder sie – nicht verhaftet wurde. Ich würde sagen, Abagnale war auf seine Weise erfolgreich. Erfolgreich im Hochstapeln.
Was macht ihn zum Psychopathen?
Psychopathie zeigt sich in vier Dimensionen: In der interpersonalen Dimension als oberflächlich und leicht größenwahnsinnig, gerne auch unehrlich oder betrügerisch. Die Lebensstil-Dimension umfasst Verantwortungslosigkeit, Impulsivität und Schmarotzertum. Die affektive Dimension äußert sich in fehlender Empathie, Gefühlskälte und wenig Schuldgefühle. Die antisoziale Dimension zeigt sich in geringer Selbstkontrolle und Straffälligkeit im Jugendalter.
Und was genau macht Psychopathen erfolgreich?
Der Filmheld Abagnale war ein sehr umtriebiger Typ; fleißig, mit hochfliegenden Visionen. Er vereint die Aspekte Zielstrebigkeit, Optimismus, Selbstwirksamkeit und Resilienz in sich, indem er sich äußerst anspruchsvolle Ziele setzt und – trotz fehlender formaler Qualifikation – erreicht. Diese vier Dimensionen zusammen werden unter dem Begriff psychologisches Kapital zusammengefasst. Dieses Kapital scheint der Schlüssel zu beruflichem Erfolg schlechthin zu sein.
Wie haben Sie das untersucht?
Wir haben eine große Stichprobe von 849 Personen einer Persönlichkeitsanalyse unterzogen. Diese hat sich in etwa gleichmäßig auf Ärzte, Anwälte, Manager und arbeitslose Akademiker verteilt. Wir haben dann diejenigen, die in der Psychopathie-Messung im oberen Drittel rangierten, untersucht: Worin unterscheiden sich die Personen im oberen Drittel, die einen einträglichen Job als Arzt, Anwalt, oder Manager haben von denen, die arbeitslos sind? Nach der Untersuchung diverser Persönlichkeitsmerkmale wie Extraversion, Gewissenhaftigkeit undsoweiter, die alle keinen Einfluss hatten, zeigte sich ganz klar: psychologisches Kapital mit Hoffnung, Optimismus, Resilienz und Selbstwirksamkeit ist die Schlüsselvariable zu beruflichem Erfolg für Psychopathen.
In welchen Berufsgruppen sind die meisten Psychopathen?
Bei Anwälten. Wenn man die 306 Personen in unserer Stichprobe ansieht, bei denen Psychopathie „eher hoch“ ausgeprägt ist – also die im oberen Drittel der Gesamtstichprobe rangieren -, sind die Anwälte mit 36,9 Prozent deutlich überproportional vertreten, gefolgt von den Managern mit 26,5 Prozent. Ärzte sind nur zu 22,2 Prozent vertreten und arbeitslose Akademiker sogar nur zu 14,1 Prozent.
Also besonders viele Psychopathen sind Anwälte – gefolgt von Ärzten. Was schliessen Sie daraus?
Psychologisches Kapital ist eine mächtige Variable wenn es um beruflichen Erfolg geht. In dieser Studie zeigt sich ganz klar, dass Psychopathen wie Frank Abagnale dann erfolgreich sind, wenn sie zusätzlich über psychologisches Kapital verfügen. Andere Studien zeigen auch, mehr psychologisches Kapital immer besser ist, unabhängig von der sonstigen Persönlichkeitsdisposition. Das Gute daran: Psychologisches Kapital lässt sich entwickeln, indem man Optimismus, Selbstwirksamkeit, Resilienz und Zielstrebigkeit lernt und trainiert.
https://www.ggs.de/ueber-uns/fakultaet/professoren/regina-viola-frey/
Es ist ja unbestritten, dass es in vielen Berufen hilfreich sein kann, über ausgeprägtere Psychopathiemerkmale zu verfügen. Des Weiteren ist es unbestritten, dass Psychologisches Kapital eine zentrale Ressource für beruflichen Erfolg darstellt.
Warum hier aber auf Basis einer Korrelationsstudie auf Teufel komm raus ein kausaler Zusammenhang konstruiert wird, ist nicht nur unerklärlich, sondern schlichtweg falsch.
Wir wissen auch, dass große Männer im Mittel mehr Geld verdienen als kleine, also erfolgreicher sind. Was sagt uns das über den Zusammenhang zwischen Psychopathie bzw. PsyCap und Körpergröße?
Lieber Professor Reinhardt,
Kausalität in Querschnittsstudien ist oft ein Problem, das steht fest. Allerdings basiert diese Studie nicht (nur) auf Korrelationen, wie Sie annehmen. Vielmehr wurde hier ein quasi-experimentelles Design angewandt, bei welchem die Gruppenzugehörigkeit als abhängige Variable definiert wurde (arbeitslos ja/nein bzw welcher Beruf). In der logistischen Regression konnten wir im nächsten Schritt die konfitionalen Wahrschrinlichkeiten berechnen.
Also ganz so einfach haben wir es uns nicht gemacht 😉
Das ist ja recht interessant. Die Frage ist aber, was das bringt. Da müsste man vielleicht mal untersuchen, was das für Konsequenzen für die Gesellschaft hat. Sonst hat das ganze nur Unterhaltungswert.
Psychopahten gehören nicht in in die Justiz!
Basta!