Managerhaftung: Interview mit Versicherungsrechtler Mark Wilhelm zu einem unternehmensfreundlichen Urteil

Interview mit Versicherungsrechtsexperte Mark Wilhelm von der Düsseldorfer Kanzlei Wilhelm Rechtsanwälte, zu einem Bundesgerichtshof-Urteil zugunsten von D&O-Versicherungskunden.  Für diese ist das Urteil aus Karlsruhe viel wert, Versicherer können jetzt nicht mehr einfach die Zahlung  verweigern, wenn ein Manager auch nach dem Schaden im Unternehmen bleibt.

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Herr Wilhelm, über acht Jahre lang war es dem Automobilzulieferer Voit aus dem Saarland nicht gelungen, von seiner D&O-Versicherung, der Chubb, Schadenersatz zu erhalten, obwohl die Sachlage eindeutig war: Ein Ex-Geschäftsführer hatte einem Lieferanten Kredit gewährt, auch nachdem er bereits gewarnt war, dass dem Insolvenz drohe. Der Firma hatte der Manager dadurch 1,1 Millionen Euro Verlust einbrockt. Weil diese ihn aber aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht mehr verfolgen konnte, musste die Firma den damaligen Geschäftsführer und Gründer Martin Voit für den Schaden zur Kasse bitten – und über diesen Umweg die D&O-Versicherung. Die aber weigerte sich – wie viele andere D&O-Versicherer bei dieser typischen Fallkonstellation –  mit dem Argument: die Inanspruchnahme des Gründers sei nicht ernst gemeint. Warum genau?
Zunächst schien dem D&O-Versicherer bereits verdächtig, dass das Unternehmen den Geschäftsführer weiter beschäftigte. Dabei soll eine Haftpflichtversicherung ja gerade vor Streit zwischen Schädiger und Geschädigtem schützen und eine weitere Zusammenarbeit ermöglichen.

Darüber hinaus sah der Geschäftsführer ein, dass er eine Pflichtverletzung begangen hatte und setzte sich deshalb gegen die Schadenersatzforderung nicht zur Wehr. Stattdessen trat er seinen Anspruch auf Versicherungsschutz, den sogenannten Freistellungsanspruch, an das Unternehmen ab. So kann das Unternehmen den Schaden schneller regulieren und der Manager entgeht einem kräftezehrenden, kostspieligen und reputationsschädigenden Haftungsprozess.

 

…und das scheint D&O-Versicherern in der Situation immer suspekt?

Der D&O-Versicherer wollte das nicht akzeptieren und lehnte die Deckung ab, unter anderem mit dem Argument, eine Abtretung des Versicherungsanspruchs sei nicht möglich. Außerdem sei die Inanspruchnahme von vornherein nicht ernst gemeint gewesen.

 

…und diese Verweigerungshaltung funktioniert nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs nun nicht mehr?

Nach den jüngsten Entscheidungen des BGH vor wenigen Tagen kann ein Versicherer die Zahlung nicht deshalb verweigern, weil eine Anspruchsabtretung nicht möglich sei oder dass die Inanspruchnahme nur der Form halber, also nicht „ernstlich“ erfolge.

 

Was wird die praktische Folge dieser Entscheidungen für andere Fälle sein?

Manager können jetzt, wenn sie eine Pflichtverletzung begangen haben und Rechtsfrieden mit ihrem Arbeitgeber suchen, den Versicherungsanspruch an das Unternehmen abtreten. Die Ernstlichkeit der Inanspruchnahme auf Schadenersatz spielt versicherungsrechtlich keine Rolle mehr.

Damit haben wir die Rechtsauffassung durchgesetzt, die wir schon seit acht Jahren vertreten – so lange hat es jetzt gedauert, bis Voit recht bekam.

 

…wen betrifft das Urteil noch?

Versicherern werden die Entscheidungen nicht gefallen – wobei auch in der Vergangenheit andere D&O-Versicherer abgetretene Ansprüche regulierten. Für versicherte Manager und versicherungsnehmende Unternehmen bringen sie Rechtssicherheit. Auch andere, die regelmäßig mit D&O-Versicherungen zu tun haben wie Insolvenzverwalter, profitieren von der Klarheit, die der BGH geschaffenen hat.

Manager, die mal einen Fehler machen, ansonsten aber verdient sind seit Jahren, bleiben dem Unternehmen erhalten und können sich auf ihre D&O-Versicherung wieder verlassen.

 

 

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