Wenn sich Neueinstellungen als Fehlgriff erweisen – Gastbeitrag von Robert-Half-Chef Sven Hennige

 

80 Prozent der Unternehmen haben schon Mitarbeiter eingestellt, die ihre Erwartungen nicht erfüllt haben. Doch was tun, wenn sich diese Fehlentscheidung bemerkbar macht? Gastbeitrag von Sven Hennige, Zentraleuropa-Chef des Personaldienstleisters Robert Half.

Wenn sich der Angestellte – den Sie im Vorstellungsgespräch noch das Potenzial zum High Flyer attestiert haben – im Arbeitsalltag als wenig tauglich entpuppt. Er kommt häufig zu spät, Deadlines werden deutlich überschritten, Kunden fühlen sich schlecht beraten und beschweren sich. Es wird klar, dass die Zusammenarbeit so nicht funktioniert. Der Vorgesetzte fragt sich, ob er ihn entlassen muss. Und zwar lieber jetzt, als zu spät – wenn die Probezeit vorbei ist.

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Suchen Sie den Dialog

Diese missliche Situation kommt in vielen Unternehmen regelmäßig vor. Wichtig ist zunächst eine Ursachenanalyse, die klärt:

 

–  Warum liegt die Leistung des neuen Angestellten unter den Erwartungen?

–  Waren oder sind dem neuen Mitarbeiter bestimmte Aspekte das Anforderungsprofil nicht klar?

–  Wird er von seinen Vorgesetzten und Kollegen vielleicht nicht genügend eingearbeitet?

 

Das lässt sich vor allem im Gespräch mit ihm und seinen Kollegen klären. Leistungsdefizite beruhen häufig auf Missverständnissen oder unklaren Aufgabenstellungen – manchmal spielen auch private Schicksale oder mangelnde Motivation eine Rolle.

 

Alternativen ausmachen

Vielleicht war der Mitarbeiter einfach überfordert: Für einen jungen Mitarbeiter mit wenig Berufserfahrung mag die Verantwortung beispielsweise als Senior-Controller zu viel sein – manchmal kommt die Erkenntnis aber erst im Nachhinein. Zuweilen hilft es, ihm einen erfahrenen Kollegen als Mentor an die Seite zu stellen. Oder ihn zu gezielten Fortbildungen schicken.

Es kann aber auch sein, dass sich die Stärken des Mitarbeiters an ganz anderer Stelle zeigen: Etwa im Projektmanagement, statt im Controlling. Dann sollte über eine Versetzung in einen anderen Bereich nachgedacht werden.

 

Kündigung als Lösung

Berechtigterweise könnte man fragen, ob der Aufwand gerechtfertigt ist. Sollte man um einen Mitarbeiter, der die an ihn gestellten Anforderungen nicht erfüllt, kämpfen? Wäre eine schnelle Trennung nicht besser für beide Seiten?

Kann oder möchte der Mitarbeiter die geforderte Leistung nicht erbringen, ist die Kündigung als letzter Ausweg die Option.

Denn unsere Robert-Half-Arbeitsmarktstudie zeigt: Sowohl das Team als auch das Unternehmen leiden unter einer personellen Fehlbesetzung. Für 52 Prozent der befragten 200 HR-Manager ist der Produktivitätsverlust das größte Problem, wenn sie sich für einen falschen Mitarbeiter entschieden haben.

Mehr als jeder dritte HR-Manager (35 Prozent) fürchtet, die Fehlbesetzung wirke sich negativ auf die Arbeitsmoral der Kollegen aus und stifte Unruhe im Team.

Weitere zwölf Prozent sehen das Hauptproblem in den zusätzlichen Kosten. Auf Dauer kann das kein Unternehmen tragen.

 

Folgekosten beachten

Allerdings zieht auch eine Kündigung hohe Folgekosten nach sich. Es müssten erhebliche zeitliche und finanzielle Mittel in die Einstellung eines neuen Mitarbeiters investiert werden. Doch in vielen Branchen – etwa dem Finance- und IT-Sektor – ist es aufgrund des Fachkräftemangels schwierig, überhaupt einen passenden Mitarbeiter zu finden. Viele Unternehmen versuchen daher eher, einen Mitarbeiter zu halten, selbst wenn er nicht leistet, was gefordert war.

 

Wie können Personalverantwortliche Fehlbesetzungen vermeiden?

Keine Personalsuche unter Zeitdruck

Wenn neue Mitarbeiter gesucht werden, ist es meistens ganz dringend – am besten sofort, neue Projekte warten nicht. Der Zeitdruck wirkt wirkt sich auf die Qualität des Einstellungsverfahrens aus. Standardisierte Rekrutierungsprozesse können helfen, schnell einen neuen Mitarbeiter zu finden. Jedoch kann man damit Kandidaten nicht abschließend beurteilen.

 

Stellenanzeigen immer anpassen

Ich mache in meiner Beratungspraxis häufig auch die Erfahrung, dass Unternehmen immer wieder dieselben Stellenausschreibungen verwenden, ohne sie zu aktualisieren oder der konkreten Suche anzupassen.

 

Verbreitungskanäle auf den Prüfstand bringen

Obendrein nutzen sie immer wieder über dieselben Verbreitungskanäle – unter Umständen an der Zielgruppe vorbei.

 

Employer Branding ernst nehmen

Gerade in Branchen mit Fachkräftemangel, wo  die Konkurrenz um qualifizierte Mitarbeiter groß ist, lohnen sich Stellenanzeige mit interessanten Details zum Unternehmen, zum Team oder Weiterbildungsangeboten. Um sich abzuheben. Diese Employer-Branding-Komponente kommt jedoch häufig zu kurz und die Unternehmen stapeln zu tief.

 

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