Arbeitsrecht-Serie mit Anwalt Christoph Abeln: Die Tricks, wie Unternehmen Führungskräfte loswerden (Teil 3) – Menschenunmögliche Mammutaufgaben

Unternehmen greifen immer öfter zu Tricks, wenn sie sich von Führungskräften trennen möchten. Oft ist die Strategie nicht gleich erkennbar, aber es gibt Indizien. Die Varianten schildert Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit vielen Jahren auf die Vertretung von Managern und leitenden Angestellten spezialisiert. In der WiWo-Serie zeigt der Rechtsanwalt die Methoden auf, die ihm tagtäglich begegnen.

 

Arbeitsrechtler Christoph Abeln

Arbeitsrechtler Christoph Abeln

 

WiWo-Serie Folge III:

Menschenunmögliche Mammutaufgaben – wenn Arbeitgeber ihrer Führungskraft nicht schaffbare Aufgaben auftischen

 

Wie kann ein Unternehmen eine Führungskraft, die es loswerden will, ganz ohne Abfindung aus dem Weg räumen? Zum Beispiel indem es sein Selbstwertgefühl anknackst, gar zerstört und als Versager bloßstellt – vor der gesamten Belegschaft. Bis sie aufgibt und geht.

 

So wie in diesem Fall: „Suchen Sie sich selbst ihre Mitarbeiter im Unternehmen“, hatte es der Geschäftsführer leichthin zu seiner Managerin – einer Expertin für Funksensoren – gesagt, die ein Projekt übernehmen sollte. Doch auch wenn die Führungskraft bekannt war als Frau für alle Fälle, für echte Mammutaufgaben, so war dieser Auftrag ein Himmelfahrtskommando: Es gab kein Budget und keine Manpower. 

 

Kalkulierte Überforderung 

Dass sich kein vernünftiger Angestellter darauf einlassen würde, war dem Top-Management klar. Und so lief es auch:  Die einen schieben Arbeit vor, sie seien komplett ausgelastet. Den anderen gab die Geschäftsleitung gleich zu verstehen, dass sie sich gefälligst nicht auf diese Aufgabe einlassen sollten. 

 

 

Die Sorge um den guten Ruf

Die Arbeit alleine zu bewältigen, war allerdings unmöglich – für jeden. Doch der Expertin lief die Zeit bis zur Präsentation ihres Projekts beim Vorstand davon. Doch auf keinen Fall wollte sie, die sich lange einen so guten Ruf erarbeitet hatte, sich nachsagen lassen, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei. 

 

Dabei war der Kampf von vornherein verloren. Der Vorstand ließ – plangemäß – die Ergebnisse der Expertin durchfallen, mit aller Kälte und Gnadenlosigkeit. Und der erhofften Folge: Ihr Selbstwertgefühl war am Boden, sie war unglücklich über ihren angeknacksten Ruf und unzufrieden im Unternehmen. Die Personalabteilung hat dann leichtes Spiel beim Trennungsgespräch.

 

Wie sich die Situation retten lässt 

Kann man so eine Situation, wenn sie sich abzeichnet, noch abwenden und seine Karriere retten? Wichtig ist es in dieser Situation, früh und ausdrücklich auf die mangelhafte Ausstattung gegenüber der Top-Etage hinzuweisen – und zwar unbedingt schriftlich, damit es später beweisbar ist. Da es Aufgabe und vertragliche Pflicht des Arbeitgebers ist, einen geeignete Arbeitsplatz sowie geeignete Arbeitsmittel zu Verfügung zu stellen, sollte der bedrängte Mitarbeiter stets alles genau dokumentieren. Notfalls mit Handy-Fotos. Dabei kann er gegebenenfalls den Betriebsrat oder den Sprechausschuß beteiligen.

 

Beweise sammeln

Wichtig ist im Ergebnis allein, dass man im Zweifel nachweisen kann, dass der Arbeitgeber den mangelhaften Arbeitsplatz beziehungsweise die fehlenden Ressourcen kannte und nichts dagegen unternommen hat. 

 

Sachlich bleiben 

Oberstes Gebot bei so einer geplanten Überforderung ist: Immer streng sachlich bleiben, auch wenn es noch so provokant wird. Zum Beispiel wenn ein Vorgesetzter den Betroffenen auch noch vorführt und ihn vor der Belegschaft erniedrigt und herabwürdigt wegen mangelndem Leistungswillen oder mangelnder Leistungsfähigkeit. 

 

Wie schwer es ist, sich dann beherrschen zu müssen, zeigt dieser konkrete Fall: Da wurde ein Teamleiter mit fristgebundenen Aufgaben überhäuft, die er zeitlich nicht schaffen konnte.

Dann wiesen ihn die Chefs regelmäßig per E-Mail auf seine Abgabetermine hin und schickten ihm promt nach dem  jeweiligen Fristablauf  eine Ab- oder Ermahnung. Schließlich brachte es die Firma auf gut 15 Ab-und Ermahnung in nur drei Monaten.

 

Auf keinen Fall zu Entgleisungen hinreißen lassen

Hätte sich der Gejagte irgendeinen emotionaler Ausbruch oder eine Entgleisung in dieser Zwangslage geleistet, oder hätte er sich zu Beleidigungen hinreißen lassen oder andere Mitarbeiter gegen den Arbeitgeber aufgestachelt und schlecht über die Chefs  geredet, hätte er sich angreifbar gemacht: Denn das wäre das für der Arbeitgeber ein allzu willkommener Anlass gewesen, den Teamchef im Extremfall sogar allein deshalb fristlos zu kündigen. 

 

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