Kita-Streik: Wann müssen Unternehmen ihren Leuten deshalb frei geben? Interview mit Arbeitsrechtler Boris Dzida

Vier Fragen zum Kita-Streik an Boris Dzida, Partner bei der Großkanzlei Freshfields und Arbeitsrechtler des Jahres.

Boris Dzida, Arbeitsrechtler und Partner bei Freshfields

Boris Dzida, Arbeitsrechtler und Partner bei Freshfields

 

Haben Eltern das recht, zuhause zu bleiben und die Kinder zu betreuen beim Kita-Streik?

Dzida: Eltern dürfen zuhause bleiben, wenn der Kita-Streik sehr kurzfristig angekündigt wird. Zum Beispiel wenn am Freitag mitgeteilt wird, dass die Kita am Montag bestreikt wird. Der Arbeitgeber muss dann trotzdem den vollen Lohn zahlen.

Das gilt allerdings nur für den ersten Tag eines kurzfristigen Kita-Streiks. Für den zweiten Tag müssen Eltern eine andere Betreuung organisieren oder Urlaub nehmen.

Wer beim kurzfristigen Kita-Streik zuhause bleibt, muss dem Arbeitgeber in jedem Fall sofort Bescheid sagen. Er muss den Arbeitgeber außerdem darauf hinweisen, wenn an dem Tag irgendwelche dringenden Aufgaben anstehen, die von Kollegen übernommen werden müssen.

 

 

Und wenn der Kita-Streik mit Vorlauf angekündigt wird?

Dann sieht es anders aus: Wird er rechtzeitig angekündigt, müssen Eltern Urlaub beantragen, wenn sie ihr Kind zuhause betreuen wollen.   

 

Dürfen Sie die Kinder ins Büro mitbringen beim Kita-Streik?

Normalerweise nein. Es besteht kein Anspruch darauf, Kinder mit in den Betrieb zu bringen. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn es beispielsweise eine Betriebsvereinbarung gibt, die Arbeitnehmern ein entsprechendes Recht einräumt. Das ist in der Praxis aber sehr selten. Häufiger haben Arbeitgeber Eltern-Kind-Zimmer im Büro eingerichtet, damit Arbeitnehmer ihr Kind im Notfall mitbringen können. Ein Rechtsanspruch auf Nutzung dieses Zimmers ist damit meiner Meinung nach aber nicht verbunden. Arbeitgeber werden sich bei einem kurzfristigen Streik aber gut überlegen, ob sie Kinder im Büro akzeptieren – denn die Alternative ist ja, dass der Arbeitnehmer am ersten Tag bezahlt zuhause bleibt.

 

Gibt es weitere Eltern-Rechte beim Kita-Streik?

Wenn Arbeitnehmer bei einem rechtzeitig angekündigten Kita-Streik Urlaub beantragt, dann muss der Arbeitgeber ihm Urlaub gewähren. Es sei denn, er hat richtig gewichtige betriebliche Gründe, die dagegen sprechen. Das gleiche gilt – wie gesagt – beim kurzfristigen Kita-Streik ab dem zweiten Tag. Hat der Arbeitnehmer den Urlaub schon aufgebraucht und gelingt es dem Arbeitnehmer trotz aller Anstrengungen nicht, eine anderweitige Betreuung für sein Kind zu finden, kann er vom Arbeitgeber eine unbezahlte Freistellung verlangen. Das gilt aber nur, wenn dies den Betriebsablauf nicht nennenswert stört. Hier gilt dann: ohne Arbeit kein Lohn.

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