Naujoks in New York (VII): Wohin mit der Daunenjacke in der Met?

Für drei Monate ist Stephan Naujoks, 49, CEO und Co-Gründer des Kieler Start-ups Snapmobl, in New York über das German Accelerator Programm. Snap­mobl transformiert Webseiten von Kleinunternehmen vollautomatisch in Smartphone-optimierte Varianten. Das Ergebnis ist eine mobile Webseite, die sich durch bestmögliche Kontakt-Raten auszeichnet.

Snapmobl vermarktet diese Lösung seit einem knappen Jahr und hat seitdem rund 4.500 Webseiten transformiert .

Naujoks Ziel bis zum 31. März 2015: Die Vermarktung in den Vereinigten Staaten.

Selfie Stephan Naujoks im Big Apple - Januar 2015

Selfie Stephan Naujoks im Big Apple – Januar 2015

 

In den vergangenen Tagen habe ich mich damit beschäftigt, ein Segment unseres riesigen Zielmarktes zu finden, in dem wir besonders einfach und schnell Aufträge abschließen können.

 

Dieses Projekt ist Teil eines vierwöchigen Lean-Launchpad-Programms des German Accelerator. Das Programm basiert auf dem Lean-Startup-Modell, das Steve Blank und Eric Ries entwickelt haben.

 

Start-ups sind Annahmen

Wesentliche Aussage des Modells ist, dass kein Businessplan eines Start-ups den ersten Kundenkontakt überlebt. Ein Business-Plan besteht bei einem Start-up im Gegensatz zu einem etablierten Unternehmen ausschließlich aus Annahmen. Vor Erstellen eines Business-Plans müssen deshalb alle Annahmen durch Kundeninterviews validiert werden. Erst dann ist ein Geschäftsmodell tragfähig. Und erst dann kann ein belastbarer Businessplan aufgestellt und umgesetzt werden.

 

Dass ein Start-up nicht die kleine Version eines Unternehmens sein kann, wird in Steve Blanks folgender Definition deutlich:

„Ein Unternehmen ist eine Business-Organisation die ein Produkt oder eine Leistung im Austausch von Umsatz und Profit verkauft. Ein Startup ist eine temporäre Organisation, um ein wiederholbares und skalierbares Geschäftsmodell zu finden.“

 

Zwei Bereiche des Geschäftsmodells haben wir dabei besonders detailliert untersucht, um sicherzustellen, dass die erste Phase der Vermarktung reibungslos läuft:

 

1. Die Value Proposition – das Wertversprechen

Das deutsche Äquivalent Wertversprechen beschreibt, welchen Nutzen ein Unternehmen seinen Kunden mit einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung verspricht. In drei strukturierten Schritten kommt man zur perfekten Value Proposition: Im ersten Schritt stellt man die Aufgaben, die die potentiellen Kunden zu erledigen haben zusammen, anschließend identifiziert man die Pains & Gains, also die Bereiche, in denen handfeste Probleme für den Kunden bestehen und unsere Lösung echten Nutzen bringen kann.

Ich habe als Arbeitsgrundlage die Fragenkataloge zu diesen drei Bereichen aus Value Proposition Design von Alexander Osterwalder benutzt – zielführend und empfehlenswert. Gibt es auf http://strategyzer.com zum Download.

 

Ich sehe bei dieser Vorgehensweise folgenden Vorteil gegenüber der üblichen Vorgehensweise Gründervision + Features des Wettbewerbs: Wir erhalten eine exakte Beschreibung, was genau unsere Lösung mindestens beinhalten muss. Damit ist sichergestellt, dass keine Zeit dadurch verloren geht, dass Features entwickelt werden, die gar nicht nachgefragt sind. Und das Unternehmens-Risiko wird verringert, da die Lösung früher am Markt ist. Üblicherweise

 

2. Customer Segments

Snapmobl transformiert die Webseiten von Kleinunternehmen automatisch in mobiloptimierte Webseiten. Selbst wenn wir uns auf Kleinunternehmen mit Laufkundschaft – also diejenigen, die am meisten von mobilen Webseiten profitieren – konzentrieren, sind das in USA 4,1 Mio Betriebe. Es ist naheliegend, dass es in diesem Markt Segmente geben muss, mit denen man besonders leicht ins Geschäft kommen kann. Wie schnell man dabei mit den eigenen Annahmen falsch liegen kann, zeigt dieses Beispiel:

Aus Sicht mobiler Webseitenbesucher sind Heizungsbauer/Schlüsseldienste sehr interessante Marktsegmente. Allerdings stellte sich in den folgenden Interviews heraus, dass die Technologieorientierung so gering ist, dass kurzfristige Abschlüsse in hoher Zahl eher unwahrscheinlich sind.

Im Folgenden haben wir deshalb alle Punkte gesammelt, die einen Abschluss bei snapmobl wahrscheinlich machen. Eine Beschreibung des perfekten Kunden in 15 Merkmalen. Im zweiten Schritt untersuchen wir nun, welche Marktsegmente mit dieser Kundebeschreibung am besten übereinstimmen.

 

An den Adressen meiner Meetings erkenne ich, dass es voran geht: Letzte Woche war ich am Times Square, Rockefeller Plaza, um potentielle Geschäftspartner zu besuchen.

NaujoksVII.2.Rockefeller

Rockefeller Plaza

 

NaujoksVII.3.Rockefeller

 

Und ich habe Interessantes bei Geschäfts-Events erlebt: Bei einer Veranstaltung mit rund 30 Teilnehmern wurde die übliche 60-Sekunden-Vorstellung erweitert um eine Fun-Fact. Hier kamen wirklich tolle Geschichten: Von dem Besingen von Grußkarten als Hobby über das Live-Vorsingen eines kurzen Stücks aus einer Oper bis zur detaillierten Beschreibung, wie eine Verlobung zustande kam. Ich bin immer noch beeindruckt über die Offenheit und den unbedingten Willen, zu unterhalten.

 

Weibliche Investoren, die nur in frauengeführte Start-ups investieren

Von Zeit zu Zeit bin ich als Zuhörer zu Pitch-Events eingeladen, bei denen Start-ups vor Investoren präsentieren. Besonders interessant war eine Gruppe von Investoren, die ausschließlich aus weiblichen Mitgliedern besteht und nur in Start-ups investiert, die von Frauen geführt werden. Ich muss bei diesen Präsentationen immer an den Satz „Beeing aggressive doesn’t mean impolite“ denken: Letzten Endes unterscheiden sich die Pitches, die ich gesehen habe, kaum von denen in Deutschland: Die Inhalte sind gleich, die Kandidaten sind genauso nervös, wie ich es vor einem halben Jahr war, als ich auf der Suche nach Investoren war.

 

 

Dass in New York alles riesig ist, überrascht niemanden: Ob es das neue World Trade Center ist, eine 2,50 Meter große Freiheitsstatue aus Lego (gibt es tatsächlich zu kaufen oder eine ausgefallene Gebindegröße für das Bier zum Burger (circa 0,7 Liter). Und ein Mountainbike hatte es mir angetan: Mit Reifen so dick wie bei einem 250 Kubik-Motocrosser. Wo man da wohl in New York mit fährt?

 

Worldtrade-Center

World-Trade-Center

 

 

NaujoksVII.5.Bier Kopie

 

NaujoksVII.6.Lego

 

 

naujoks-VII.fahrradBild4c_Cross-1

Aber es gibt auch winzig klein: Gleich um die Ecke bei mir gibt es ein winziges Fitnessstudio – vielleicht fünf Meter lang und drei Meter schmal. Der Trainer hat muss wahrscheinlich draussen warten… Genau so winzig (rund 10 x 100 Meter) ist der Zoo im Central Park. Dafür hat einen großen Namen: Central Park Wildlife Center.

 

NaujoksVII.9.WildlifeBild6_Wildlife Center

 

Dass New York die Stadt ist, die nie schläft sehe ich auch an der Fauna im Central Park: Die Eichhörnchen kennen keinen Winterschlaf hier.

 

NaujoksVII.9.EichhörnchenG

 

Mein Highlight der Woche: Ich hatte Besuch. Meine Frau hat mich besucht – leider ohne Kinder, da in Schleswig Holstein keine Schulferien sind. Zu Weihnachten haben wir uns einen Ausflug zu den Niagara Falls geschenkt und vergangenes Wochenende war es dann soweit, dass der Gutschein eingelöst wurde.

Wegen der Kälte der vergangenen Tage haben die Wasserfälle einen besonderen winterlichen Charme: Teilweise eingefroren, die Bäume unter einer zentimeterdicken Eisschicht. An den Stellen, an denen man dicht ans Wasser herankommt, ist zu erkennen, dass das Wasser von kleinen Eisstücken durchsetzt ist. Ich bin immer noch beeindruckt von der Größe und den Wassermassen.

 

Niagara-Fälle

Niagara-Fälle

Der Winter ist dort nicht die Hauptreisezeit: Gut ein Drittel der Restaurants ist geschlossen – ebenso die Souvenierläden. Der Vorteil: Wir standen an allen Aussichtspunkten sofort in der ersten Reihe.

 

 

Niagara

Niagara

Der Winter hat natürlich auch New York im Griff: Die Seen im Central Park sind zugefroren und alles ist unter einen dicken Schneedecke versteckt.

NaujoksVII.11._Schlittschuh

 

 

Mit Dauenweste überm Anzug im Büro

Und alle sind dick vermummt. Eine ausgefallene Kleiderordnung habe ich auf einem Meeting gesehen: Anzug mit Hemd und über dem Jacket eine geschlossene Winter-Daunenweste – im Büro 😉

 

Oper

Metropolitan Oper

Fast genauso beeindruckend ist die Metropolitan Opera in New York – von außen wie von innen. Interessant: Es gibt keine Garderobe. Bei den winterlichen Temperaturen gab es also reichlich Material im und unter dem Sitz zu verstauen.

 

Oper

Oper

 

 

Ich scheine nach sechs Wochen endlich als „New Yorker“ anerkannt: Ich werde am Central Park nicht mehr von Kutschen-Rastellies zu einer Touristenfahrt eingeladen, ich wurde zwei mal nach dem Weg gefragt (war allerdings einfach: Einmal Apple, einmal Empire State Building). Und ich stelle fest, dass ich an den roten Ampeln auch schon so hibbelig bin wie Umgebung 😉

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*