Kommt der Shitstorm oder kann ein Unternehmen ein Shitstürmchen rechtzeitig in den Griff bekommen und das Schlimmste verhindern, dass es sich auswächst zueinem veritablen Sturm? Mit zehntausenden von Konsumenten-Tweets und unangenehme Kommentaren?
So wie es Vodafone erging. Als eine Frau mit einem einzigen Tweet – sie war unzufrieden über den Kundendienst – mehr als 70.000 Kommentare auslöste.
Wie sich Shitstorms verhindern lassen, sagt Jörg Forthmann, PR-Profi und Inhaber der Kommunikationsagentur Faktenkontor in Hamburg mit Vorzeigekunden wie Signal Iduna, Scania, L-Bank oder E-Plus (Gastbeitrag).

Jörg Forthmann, Chef der Kommunikationsagentur Faktenkontor
Google Alert meldet pro Jahr über 1.500 Shitstorms im deutschsprachigen Internet. Tendenz steigend. Ein Betroffener: Ikea. Die Schweden ersetzen zum 1. April das Regal Expedit durch das Modell Kallax.
Was reichlich unspektakulär klingt, löste aber überraschenderweise einen Shitstorm aus. Ursache des Shitstorms war die Sorge, dass das künftige Modell zu groß ist für Schallplatten. Denn Expedit ist vor allem bei Sammlern von Schallplatten beliebt, weil die Vinylscheiben haargenau in das Regal hineinpassen.
Sie bildeten auf Facebook die Gruppe “Rettet das Ikea-Expedit-Regal”, die seit Mitte Januar über 10.000 Likes sammelte. Auch auf Twitter wurde protestiert. Der Hashtag #expedit hatte regen Zulauf. Ikea reagierte zügig: “Mit Vinyl machen wir keine Scherze – die passen weiterhin rein”, posteten die Ikea-Kommunikatoren und trafen den Nerv der Community. Damit hat Ikea vorbildlich reagiert.
Die Schweden hatten den Kern der Empörung getroffen und in der richtigen Sprache das entscheidende Versprechen abgegeben: Schallplatten passen auch künftig in das Ikea-Regal. Diese Reaktion mutet trivial an, ist aber gerade wegen der Schlichtheit und der klugen Formulierung erstklassiges Handwerk.
Über Twitter und Blogs werden viele Shitstorm angeschoben. Wer die heraufziehende Krise hier nicht sieht, wird böse überrascht.
Abends, nachts und am Wochenende greifen Online-Kämpfer an. So verbreitet sich der Shitstorm kräftig im Web – ohne Gegenwehr.
Ist es ein Shitstorm oder nur ein Shitstürmchen? Nicht jeder kritische Post ist gleich eine Krise.
Wer kritische Posts ignoriert, gibt dem Shitstorm unnötig Freiraum, sich zu entfalten.
Wer bei einem Fehler erwischt wird, hat in Social Media keine Chance, ungeschoren davon zu kommen. Leugnen führt nur dazu, dass man beim Lügen erwischt wird. Und das gibt dem Shitstorm erst recht Auftrieb.
Der Umgangston im Web ist oft rüde und beleidigend. Darauf keinesfalls einsteigen!
Klarer Angriff, klare Reaktion. Hauspolitisch und juristisch abgewogene Heiße-Luft-Antworten ersticken keinen Shitstorm.
Sie werden angegriffen und niemand hilft? Nur eine begeisterte Community eilt zu Hilfe – und ist die stärkste Waffe im Shitstorm.
Aggressive Online-Kämpfer dokumentieren, wie ein Post gelöscht wurde und informieren darüber die Community. Das wird dann zum Treibsatz für den Shitstorm.
Juristische Schritte führen zu schlagartiger Solidarisierung, und der Shitstorm mutiert zur Hydra: Ein Post wird vom Juristen entfernt, drei neue gehen online.