Reuters schreibt: „Im Dauerstreit hatten die Erben des Medienunternehmers Leo Kirch am Ende den längeren Atem bewiesen. Das Bankhaus erklärte sich bereit, ihnen im Rahmen eines Vergleichs 925 Millionen Euro zu zahlen.
Jetzt ist der Deutsche Branchenprimus offenbar auf die Familie zugegangen. Achleitner sagte dem „Spiegel“: „An dieser Stelle ist es mir ein Bedürfnis zu sagen, dass es mir, unabhängig von der Schuldfrage, persönlich sehr leid tut, was Frau Kirch aufgrund dieses Verfahrens durchgemacht hat.“ Das sähen viele in der Bank so, fügte er hinzu.“
Dass dieser menschliche Zug Sonntags im Netz auftaucht, ist sicher kein Zufall. Sonntags ist die Nachrichtenlage meist dünn, da dringt diese Nachricht eher durch als unter der Woche.
Dann zeigt diesen Zug ausgerechnet Paul Achleitner, der jetzt wie eine Art Grandsigneur wirkt und ansonsten als Aufsichtsrat im Teilzeitjob Controller der beiden Deutsche-Bank-Vorstandschefs ist, die ja selbst in der Schusslinie von Staatsanwaltschaft und Öffentlichkeit stehen. Jedenfalls hatten die zwei schon an Honorigkeit eingebüßt in den Augen der Öffentlichkeit und hätten diesen Part einer Entschuldigung nicht so gut übernehmen können.
Zur Erinnerung: Wegen etlicher Gerichtsprozesse muss die Deutsche Bank hohe Rückstellungen bilden, immer wieder entstand der Eindruck, dass man es mit der Einhaltung von Recht und Gesetz nicht übertrieben genau nahm.
Achleitner hat sich als Gesicht der Bank in der Öffentlichkeit und in der ganzen Gemengelage um den Fall Kirch jedoch bisher noch nicht im Medien-Spiel positioniert. Auf ihn sind die PR-Strategen (er die wohl waren, frage ich mich), vermutlich genau deshalb verfallen.
Aufsichtsratschef Achleitner entschuldigt sich öffentlich und gekonnt – ohne Schuld einzuräumen: Er sagt ausdrücklich „unabhängig von der Schuldfrage“. Also einfach mal so? Nein, weil Frau Kirch aufgrund dieses Verfahrens „viel durchgemacht“ hat, wie er betont.
Von den anderen Kirch-Erben keine Rede, auch dürften ja gelitten haben. Aber die Witwe als Adressat macht sich einfach gut in der Öffentlichkeit.
Keine Ansage übrigens, warum Achleitner gerade jetzt diesen Schritt tut. Warum er gerade jetzt nach 13 Jahren, so lange läuft der Fall schon, ein Einsehen hat – aber halt, eigentlich ist es ja auch gar kein Schritt.
Entschuldigungen sind Gesten – nicht mehr und nicht weniger
Eine Entschuldigung, zumal so öffentlich, ist ein gesellschaftliches Ritual, übrigens das leider auch unabhängig vom Kirch-Fall total aus der Mode gekommen ist.
Wenn nun gerade die PR-Strategen diese Geste wieder einführen sollten, soll´s recht sein.
Aber mehr ist sie eben auch nicht. Sie kostet nichts. Räumt in diesem Fall auch nix ein, aber sie soll ganz offenbar die Herzen der Zuschauer, Leser, Hörer, Beobachter gewinnen.
Noch perfekter wäre die Übergabe von einem großen Blumenstrauss gewesen oder irgendetwas anderem Plakatives.
Ob die Witwe Kirch das mitgemacht hätte? Oder haben ihr die Deutsch-Banker schon ohnehin Blumen und Pralinen geschickt? Und den anderen aus der Familie auch? Wer weiß.
Die verlorene Ehre der Banker
Aber diese Aktion hat noch noch das Zeug für noch mehr:
Paul Achleitner sagte „Das sehen viele in der Bank so“.
Denn auch er weiß, wie der Ruf der Banker gelitten hat, die auch als normale Angestellte manchmal auf Parties heute ihren wahren Beruf sogar verleugnen. Die Botschaft ist also: Auch die Normalo-Banker sind ja eigentlich ganz anders. Auch sie sind Menschen, will er wohl sagen. Und damit deren Image auf etwas aufpolieren.