ThyssenKrupp schafft Direktoren-Titel ab – und schickt die Manager auf Wie-man widerspricht-Workshops

Interessant, dass – und wie – die Führungsspitze von ThyssenKrupp ihre Mitarbeiter zu mündigen Mitarbeitern machen will. Das Warum ist nachvollziehbar: Um mitzubekommen, wenn die Belegschaft künftig Pannen und Pleiten kommen sieht, auf die das Unternehmen zuschliddert. Wenn der Vorstand über Jahre – unbehelligt von den eigenen Mitarbeitern – einsame Fehlentscheidungen trifft. http://www.welt.de/newsticker/news2/article120249793/ThyssenKrupp-schafft-Ehrentitel-im-Management-ab.html

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Titel als Kommunikationshürde

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Das angeschlagene Unternehmen dabei auf eine Formalie als Signal: Zuallererst schafft man die Manager-Ehrentitel wie Direktor oder Senior Vice President ab.Damit die Mitarbeiter nicht auch noch an eigenen Ängsten vor der Hierarchie scheitern sollen, erzählte Vorstandschef Heinrich Hiesinger der „FAS“.

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…oder doch die Unternehmenskultur?

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Das wird die Vorgesetzten sicher wurmen, auch wenn sie´s kaum zugeben werden. Wer einen akademischen Titel hat, darf jedenfalls seinen Doktortitel weiter führen. Vorstandschef Hiesiger selbst will zumindest nicht unbedingt mit seinem Doktortitel angesprochen werden, sagte er der „FAS“. Aber ob er ihn deshalb von seiner Visitenkarte und seinen Briefbögen streicht? Ich kann´s mir nicht vorstellen. Ob die Mitarbeiter sich vor den Chefchefs, den Chefs und den Big Bossen fürchten, dürfte weniger von den Titel abhängen als von der Unternehmenskultur insgesamt.

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Workshops für Manager, Kapitel 1: Wie widerspricht man? 

 

Ganz bemerkenswert ist daher dieser weitere Schritt, mit dem ThyssenKrupp „hierachiefreie Diskussionen“ bewirken will: Er schickt er 1.700 Manager in Workshops, wo sie unter anderem lernen sollen, Vorgesetzten zu widersprechen. Manager, wohlgemerkt. Gestandene Leute, die längst in Führungspositionen sind und sicher gut verdienen. Keine 20-Jährigen.

Wobei man sich ohnehin fragt: Sollte man nicht gleich die komplette Belegschaft aufs Mitdenken einschwören?

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Widersprechen ist eins, Zuhören das andere

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Und den Chefs lieber beibringen, wie sie mit erwachsenen Mitarbeitern umgehen, die dann vielleicht auch nicht mehr ihr Ego an der Unternehmenspforte abgeben müssen? Weil sie nämlich auch ansonsten im Leben als mündige Bürger behandelt werden, von denen allerhand erwartet wird an Cleverness und Aufgeklärtheit in unsere komplizierten Welt.

Für die ist es ohnehin eher drollig, wenn sie im Unternehmensalltag des 21. Jahrhunderts tagsüber zu unkritischen, Mund-haltenden Ja-Sagern mutieren müssen. Oder wenn in manchen Abteilungen Akademiker in der Chef-Position andere Akademiker als Mitarbeiter wie kleine Jungs und Mädchen behandeln.

Anfangen müssen die Vorstände bei sich selbst. Und hinhören (wollen), was ihre Mitarbeiter sagen.Frei nach dem Motto des Unternehmers, der sagte: „Mir kommt kein Unternehmensberater in Haus. Es gibt nichts, was die besser können als wir selbst.“

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Wenn Warnungen kommen – aber ignoriert werden

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Und damit es im Hause ThyssenKrupp nicht mehr so läuft wie weiland auch bei Siemens. Hatte dort nicht der Chefjurist 33 Mails mit Warnungen an den Vorstand geschickt, die allesamt unbeachtet blieben? Ob der Vorstand in Workshops geht, wo ihm beigebracht wird, wie man zuhört, – auch der Belegschaft Aufmerksamkeit schenkt.

Bei ThyssenKrupp jedenfalls war man vor nicht allzu langer Zeit noch ganz stolz, dass noch nie jemand die eigene Whistleblowing-Hotline genutzt hatte. Und es war mir schon damals unverständlich, wie man darauf stolz sein konnte.

 

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Alle Kommentare [1]

  1. Zu meiner Zeit in diesem Unternehmen konnten wir noch widersprechen. Allerdings mussten wir uns dann als kontraproduktiv oder illoyal beschimpfen lassen, in krassen Fällen wurde der Betroffene sogar nach Hause geschickt.( Und ich spreche hier von Leitenden Angestellten.)
    Da vergeht die Lust zum Widerspruch und solange sich das nicht ändert, nützt auch ein Workshop nichts.