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Sobald die starten, gibt es Kämpfe an schwindelerregend vielen Fronten: Die Stadt Köln als geschädigte Eigentümerin des Stadtarchivs muss sich zum einen mit der Bauherrin, der stadteigenen KVB, auseinandersetzen. Zum anderen geht sie mit Forderungen von mindestens einer Milliarde Euro Schadensersatz gegen die 21 Baufirmen des U-Bahn-Baus vor, zum Beispiel gegen Bilfinger, Züblin und Wayss & Freytag. Ebenso in der Schusslinie sind die beteiligten Planer und überwachende Architekten. Weitere Kläger werden die anderen Geschädigten sein, etwa Hauseigentümer, Mieter und Angehörige der Verstorbenen. Dann wird die KVB als Bauherrin gegen die Bauunternehmen vorgehen. Gibt´s mehrere, die den Schaden verantworten müssen, werden die später miteinander über ihre jeweilige Haftungsquote streiten. Des Weiteren dürften alle gegen ihre jeweiligen Versicherungen – Haftpflicht und Bauhaftpflicht – prozessieren. Die Versicherer untereinander wiederum streiten dann wegen der Beteiligungsquoten.
Klinik- und Hotelbauten ist selbst für Profis Turnen am Hochreck
Die lange Liste von Klägern und Beklagten zeigt eindrucksvoll, wie komplex Baurechtsfälle sind. Hier geht es nicht nur um Eigenheime oder Gewerbeimmobilien, sondern auch um komplexe Projekte im Anlagenbau und um schwierige Konstrukte wie Skihallen, Krematorien, Windkraftanlagen, Fertigungsstraßen oder Klinikbauten. Der schlüsselfertige Neubau eines kompletten Klinikums mit 70 Millionen Euro Investitionsvolumen ist selbst für gewiefte Baurechtler „Turnen am Hochreck“, sagt Stephan Freund, Baurechtler bei Heuking Kühn Lüer Wojtek.
Platzen dann etwa Fertigstellungstermine, müssen etwa schon terminierte Operationen abgesagt werden – das wird teuer. Oder bei Hotels: „Taucht da ein Fehler auf , zum Beispiel eine zu hohe Duschkante, und es gibt 200 Zimmer, hat man das Problem gleich 200-mal“, sagt Freund. Wenn die Werbekampagne schon läuft, der Eröffnungstermin steht und die Reservierungen angenommen sind, wird’s richtig teuer.
Ein Mandat mit 300 Leitz-Ordnern
Manchmal werden lange Untersuchungen nötig, bis überhaupt nur die Ursache eines Problems erkannt ist. Uwe Steingröver von Friedrich Graf von Westphalen & Partner berichtet vom Bau einer Skihalle, die sich anhob, weil sie Kälte in den Boden ableitete und – wie sich nach aufwendiger Ursachenforschung herausstellte – eine Bodenheizung benötigt hätte.
Klar ist: Viele der Mandate sind Dauermandate. Selbst ein Rechtsstreit um ein Einfamilienhaus mit Mängeln am Dach kann sich über Jahre erstrecken. „Eine Baurechtsstreitigkeit dauert nicht unter zweieinhalb Jahren, allein schon weil ein Sachverständigengutachten neun bis zwölf Monate Zeit braucht“, sagt Freund. Die Unterlagen füllen ganze Hallen. Als die Kanzlei Kapellmann etwa mit dem Bauprozess um das Sony-Center in Berlin beauftragt wurde, musste sie erst mal Platz für die 300 Leitz-Ordner schaffen.
Großprojekte und Autobahnbrücken
Anwälten für privates Baurecht geht die Arbeit auch künftig nicht aus: Dafür sorgen nicht nur Großprojekte wie Stuttgart 21, die Elbphilharmonie in Hamburg oder der Flughafen in Berlin. Viel zu tun in Sachen Infrastruktur gibt’s auch, wenn der Bund die vielen maroden Autobahnbrücken sanieren lassen muss. „Auch der private wie der soziale Wohnungsbau kommen gerade wieder in Gang. In München, Frankfurt oder Düsseldorf entstehen besonders viele Luxuswohnungen“, sagt Baurechtexpertin Antje Boldt von der Kanzlei Sibeth. Und wenn konjunkturbedingt tatsächlich mal weniger neu gebaut wird, gibt es Streit um Reparaturen und Sanierungen.
Stundenhonorare für Partner: 250 bis 400 Euro
Die Honorare der Baurechtler sind niedriger als die von Spezialisten für IT-, Marken- oder Kartellrechtler. Bei den Partnern reicht die Spanne der Stundenhonorare von 250 Euro bis 450 Euro, bei angestellten Anwälten liegt sie bei 200 bis 330 Euro. Nur wenige Baurechtprofis erzielen auch schon mal 500 Euro Stundenhonorar. Oft wird hier auch noch nach der Gebührenordnung abgerechnet.
Große Anwälte-Teams sind im Baurecht unüblich
„Baurechtler kommen nicht mit großen Teams, denn die Arbeit ist nicht wegdelegierbar“, sagt Uwe Steingröver von Friedrich Graf von Westphalen & Partner. Jedoch: „Flexibler werden die Honorare meist gehandhabt, wenn der Mandant ein Multiplikator ist, einen besonderen Namen hat oder der Fall ein Dauerberatungsprojekt für drei Jahre oder mehr wird.“
Unpünkliche Handwerker
Dass es gerade bei Bauprojekten immer Krach gibt, liegt oft an nachlässiger Vorbereitung. Zunächst etwa vereinbaren die Parteien ein Pauschalhonorar, dann aber haben die Bauherren Änderungswünsche: Hier noch ein paar Wände mehr, dort noch Einbruchschutz, hier bessere Platten, dort bessere Fenster, sodass das Bauunternehmen später eine höhere Rechnung stellt. Halten die Änderungswünsche den Bau auf, können die Handwerker bei anderen zugesagten Bauprojekten nicht antreten und müssen womöglich dort Schadensersatz zahlen. Boldt resümiert: „Typischerweise gibt es zwei Streitpunkte. Die Auftraggeber monieren Mängel und dass Bauten nicht rechtzeitig fertig werden. Die Auftragnehmer wiederum wollen mehr Geld als vereinbart, weil länger und anders gebaut wird als geplant.“ Dazu kommen oft hausgemachte Kapazitätsprobleme, weil Baufirmen bisweilen mehr Aufträge annehmen, als sie schaffen können.
Nachträge, wie Juristen die zusätzlichen Kosten nennen, produzieren Bauunternehmen auch sehr gern selbst, um ihre Rechnung in die Höhe zu treiben. Ist eine Rechnung nur bis zu zehn Prozent höher als ausgemacht, gilt das heute als normal.
Ein Einfamilien-Hausbau – 15 Bauprozesse
„Es soll Bauvorhaben geben, die ohne Streit über die Bühne gehen“, spottet Heuking-Anwalt Freund. Entscheidend seien Charaktere: „Ein Bauherr mit gesundem Halbwissen, der sich laufend einmischt, kann für ein Projekt tödlich sein, denn weder Architekten noch Bauunternehmer lassen sich gern reinreden“, sagt der Düsseldorfer. Gern erzählt er die Geschichte von dem Auftraggeber eines zwei Millionen Euro teuren Architektenhauses. Der Mann liegt mit 18 von 21 Handwerkern im Clinch und führt 15 Prozesse – seit sechs Jahren.
Wiwo-Top-Kanzleien: Die Auswahlmethode und die Jury
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