„Wir haben Sie, lieber Konsument, angelogen“ – das wollen US-Richter als großformatige Anzeigen sehen

 

Richterstrafe: Abbitte tun per Zeitungsanzeige

Aus den USA kam diese Tage, die Nachrichtenagentur Reuter berichtete es, eine neue Art von Strafe – die übrigens der Zeitungsindustrie zupass kommt: Offenbar hatten die Tabakhersteller ihre Kunden „bewußt in die Irre geführt“ über die Gesundheitsschädlichkeit ihrer Zigaretten. Light-Zigaretten hatten sie beispielsweise als weniger schädlich als herkömmliche Glimmstengel angepriesen. Was dann wohl doch nicht stimmte.

Die Folge: Die Richter verurteilten die Zigarettenhersteller jetzt dazu, Zeitungsanzeigen zu schalten. Darin sollen sie die Täuschung eingestehen und sich entschuldigen für die Irreführung ihrer Kunden. Dass die Zigarettenhersteller genau das nicht wollen, ist klar.

Zwar kann die Zigarettenindustrie nun wieder in Berufung gehen – doch ob sie das plant, verriet man nicht. Zumindest nicht die zwei Konzerne Altria und Reynolds America, bei denen die Nachrichtenagenturen wohl angefragt hatten.

http://www.welt.de/wirtschaft/article111577570/Tabakkonzerne-muessen-sich-oeffentlich-entschuldigen.html?wtmc=nl.wdwbwirtschaft

 

Öffentlich ihre Lüge zuzugeben – das ist das allerletzte, was die Top-Manager wollen

Doch interessant ist an der Sache die Art der Strafe. Geldstrafen für ein Unternehmen kennen wir. Finden die so Bestraften nicht lustig, aber man geht lieber schnell zur Tagesordnung über und hofft, dass es die breite Öffentlichkeit nicht mitbekommt.

Klappt ja auch oft genug. Sich-selbst-bezichtigende Pressemitteilungen zu eigenen Missetaten stapeln sich auch nicht gerade in den Redaktionen.

Getreu dem Motto: Was fürdie Company peinlich ist, lassen wir unter den Tisch fallen und hoffen mal, dass es keiner merkt.

Peinliches wie die eigenen Burn-out-Quoten oder gar Selbstmordfälle in der Firma und das vielleicht noch wegen Kündigung oder Mobbing? Das gibt´s hier nicht, ist dann die Ansage. Und wenn doch, dann hatte der Freitod natürlich einen völlig anderen Grund – der gar nichts zu tun hat mit dem Unternehmen.

 

Gängige Methode: Bauernopfer

Und wenn`s unvermeidbar ist, dass irgendwelche Firmen-Untaten für öffentliche Empörung sorgen, muss eben ein Manager-Kopf rollen, das nennt man Bauernopfer.

Denn: Zur Strafe nicht mehr weiter den Betrieb fortführen dürfen im Sinne eines Unternehmensstrafrechts, das kennt man hierzulande nicht – gibts aber in anderen Ländern durchaus. Und da hilft dann auch kein Bauernopfer.

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Alle Kommentare [1]

  1. Wäre eine Abbitte per Zeitungsanzeige nicht auch eine interessante Lösungsalternative im Skandal um die Manipulation des Libor-Zinssatzes? Laut Wirtschaftswoche von heute ist die UBS bereit 450 Milliarden US Dollar zu zahlen, um den Streit hinter sich zu lassen. Eine zusätzliche Abbitte in Print wäre m.V. auch in diesem Fall mehr als angebracht.