Wie die Mittelmanager ihrer Firma schaden …

Ein kluger Banker – ein sehr höflicher und kultivierter Mann – berichtete mir mal sein Management-Geheimnis: Jeden Freitagnachmittag gehe er herum und bedanke er sich bei jedem einzelnen Mitarbeiter – für seinen Einsatz während der Woche. Das sei das Geringste, was er für sie als Vorgesetzter tun könne. Es koste die Company kein Geld und diene der Stimmung. Wie wahr.

Die Personalberatung Rochus Mummert ahnte, dass es mit solchen Gesten hierzulande nur suboptimal bestellt ist und beauftragte die Marktforscher von Toluna in Frankfurt mit einer Meinungsumfrage – mit einem wenig schmeichelhaften Ergebnis für den deutschen Büroalltag, den Ausländer regelmäßig als kalt und humorlos empfinden: Deutsche Angestellte sind unglücklich über die mangelnde Wertschätzung, die sie tagtäglich erfahren. Ob den Vorgesetzten diese Tatsache wirklich unklar ist? Oder ob sie nicht wissen, wie man das anstellt, Mitarbeiter wertschätzen? Oder ob ihnen die Befindlichkeit ihrer Belegschaft tatsächlich gleichgültig ist? Oder wollen sie sie einfach nur klein halten?

Apropos klein halten: Ein Management-Trainer erzählte mir diese Woche von einem Unternehmen, das eine Bestandsaufnahme seiner weiblichen Belegschaft machte und herausfinden wollte, ob jemand davon geeignet sei, für eine Führungsposition, erlebte ihr blaues Wunder: Sie hatten mehr als genug talentierte Frauen längst an Bord, die aber samt und sonders von ihren Vorgesetzten klein gehalten wurden oder in beruflichen Sackgassen steckten, auf einem Karriere-Abstellgleis. Darüber sollten all die Unternehmen mal nachdenken, die nur bejammern, sie würden am Markt nicht genug Vorstands-Kandidatinnen finden. Sie würden sie ja nehmen, wenn´s nur welche gäbe. Mein Vorschlag: Sondieren Sie erst mal im eigenen Haus die Lage. Wenn Sie es nicht selbst könne: Es gibt genug Personalberater, die wissen, wie man solche Audits durchführt. Das könnte unterm Strich ein besseres Signal für die Belegschaft und sicherer sein, als einen Headhunter zu beauftragen, woanders dieselben Frauen abzuwerben.

Doch zurück zum Thema Wertschätzung von Männern und Frauen im Zusammenhang mit der Rochus-Mummert-Meinungsumfrage: Rund 40 Prozent der Befragten klagten, dass ihre Chefs nicht wissen, was sie für die Firma leisten. Dass ihre Chefs sie nicht wertschätzen und mit ihnen nicht über ihre beruflichen Perspektiven reden. Befragt wurden hierfür 1000 Personen, die Ergebnisse sind laut Mummert repräsentativ.

Die Ergebnisse im Detail: Bei fast jedem zweiten Arbeitnehmer ist das letzte Personalgespräch länger als zwölf Monate her. Mehr als jeder Dritte durfte sogar in den vergangenen zwei Jahren nicht mit seinem Vorgesetzten über seine Karriere-Perspektiven reden. Und genau das ist in den Augen der Angestellten der Beweis für die fehlende Wertschätzung ihrer Führungskräfte. Rund 40 Prozent der Leute meinen, dass ihr Vorgesetzter nicht weiß, wie wichtig sie für die Firma sind.
„Vor allem Leistungsträger reagieren auf fehlende Wertschätzung und mangelnde Perspektiven mit einem Loyalitätsabbau gegenüber ihrem Arbeitgeber“, warnt Hans-Joachim Maar, Partner bei Rochus Mummert. Mit Kündigung reagierten dann zuerst die besten Mitarbeiter – oder zumindest diejenigen, die nicht durch eine Familie an den Standort gebunden sind. Und weil schon heute die Unternehmensberater berichten, dass insbesondere ihre Unternehmenskunden aus dem Mittelstand Schwierigkeiten haben, Führungskräfte zu finden. Jetzt, wo die Engpässe durch die Demographie sich erst abzeichnen, aber noch nicht mal richtig begonnen haben.

Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter durch mangelnde Wertschätzung derart verärgern, versündigen sich damit letztlich selbst an ihrem Unternehmen, dessen Ansehen als Arbeitgeber sie damit beschädigen.

Und sie bewirken, dass diese Verärgerung später in Arbeitgeber-Bewertungsportalen nachlesbar ist http://www.wiwo.de/blogs/management/2009/07/27/anonyme-chef-bewertungen-im-internet/  – und potenzielle Bewerber abschreckt.

Die Umfrage belegt weiter, was andere Studien schon früher und in noch drastischeren Zahlen zeigten: Selbst Unternehmen, wo regelmäßig Mitarbeitergespräche stattfinden, sind oft auf dem Holzweg und glauben nur, sie machten es richtig. Über die Hälfte der Befragten berichteten, dass ihre Vorgesetzten „selten oder nie konkrete Maßnahmen zur Weiterentwicklung der individuellen Kompetenzen thematisieren“. Maar: „Die offenbar mangelnde Qualität in vielen Personalgesprächen ist ein echtes Alarmsignal. Denn nur ein Arbeitgeber, der seine Leistungsträger durch eine Weiterentwicklung der persönlichen, fachlichen, sozialen und methodischen Kompetenzen für den Arbeitsmarkt flexibel hält, kann diese – zumindest für einen längeren Zeitraum – an sich binden.“

Und was diese Umfrage vor allem ans Tageslicht bringt: Wenn etliche Studien in den vergangenen Jahren die Unzufriedenheit der deutschen Arbeitnehmer festgestellt haben, so gehen diese Ergebnisse auf das Konto der Unternehmen: Denn die Unzufriedenheit hat konkrete und vor allem hausgemachte Gründe. Was den Personalentscheidern und Unternehmenslenkern aber nicht mal klar ist. Maar erklärt: „Bis heute wird etwa das Thema Führungskräftemangel in der Regel immer noch als ein rein quantitatives Problem betrachtet.“ Irrigerweise.

Dumm nur, dass gerade die jungen Mitarbeiter andere Werte haben als die Generationen vor ihnen, die gerlernt haben, zu schlucken und weiter zu arbeiten. Unternehmensberater Andreas Schüren von der beratung Ebner Stolz in Köln weiß gerade von Nachwuchsführungskräften zu berichten, die nicht lange fackeln. Behandelt man die nicht auf Augenhöhe, sondern versucht es mit dem althergebrachten Muster des einseitigen Herumdiktierens, geben die Youngster kurzerhand Fersengeld und gehen – auch ohne einen neuen Job in der Tasche zu haben. Und lassen ratlose Unternehmenslenker zurück.

Was hören Sie auf Partys und in der Kneipe von Ihren Feunden und Bekannten? Gibt es rühmliche Ausnahmen oder bildet die Rochus-Mummert-Studie auch deren Erleben im Alltag ab?

http://www.news.de/wirtschaft/855210297/arbeitnehmer-fuehlen-sich-zu-wenig-wertgeschaetzt/1/

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