PR (4): Brisante Internet-Kommentare, um die sich Firmen kümmern müssen

Die PR-Abteilungen in Unternehmen und Organisationen müssen jetzt nach dem Loveparade-Unglück eine weitere Aufgabe übernehmen. Jene müssen künftig mehr tun, als nur Presseartikel im Print und online über ihre Firma oder Organisation sichten. Oder Blogbeiträge und selbst Twitter-Meldungen, die jetzt zur Pflichtlektüre gehören. Nein, sie sollten obendrein die Artikel im Auge behalten, nachdem sie ins Internet gestellt wurden: Ob und was als Online-Kommentar von den Lesern darunter geschrieben wird. Tun sie das nicht und versäumen, auf Brisantes zu reagieren, so tun es andere. Später vor allem.Etwa die Medien – und zwar dann, wenn sie in solchen Kommentaren etwas finden, für das sich diese Unternehmen hätten interessieren müssen. Etwas, was für die betroffenen Unternehmen peinlich ist, sie in Erklärungsnot bringt und ihnen eindeutig Schuld zuweist. Für jedermann auf Mausklick nachzulesen. Medienauswerter wie Landau Media dürften Neugeschäft bekommen.

Denn wie wichtig vor allem die Kommentare von Hinz und Kunz ganz plötzlich werden können – zu deren Identität komme ich später – bekamen zum Beispiel die Loveparade-Veranstalter wie der Sponsor McFit und der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland am Sonntag via TV eindrucksvoll vorgeführt. Und mit ihnen die vielen TV-Zuschauer. Immer wieder blendeten sämtliche  TV-Sender die Zeilen ein, die jemand als warnenden Kommentar ins Netz gestellt hatte. Ganz plötzlich wurde dieser Kommentar über die Sicherheitsrisiken im Nachhinein so berühmt, wie kaum ein anderer Internet-Kommentar bislang hierzulande. Und die ganze erschütterte Nation erfuhr, dass das Unglück womöglich vorhersehbar und damit vermeidbar war. Nicht irgendwann später im Zuge der Aufklärung durch Staatsanwälte und Polizei, sondern unmittelbar nach den schockierenden Bildern des Unglücks.Gegen solch einen Internet-Kommentar wie im Falle Loveparade ist pr-mässig fast kein Kraut mehr gewachsen.

Bemerkenswert war übrigens noch etwas bei dieser Berichterstattung: Zitiert wurde von den Medien in erster Linie dieser eine Leser-Kommentar – und nicht etwa ein kritischer Artikel im Vorfeld der Loveparade von Lokaljournalisten. Jenen, die die örtlichen Verhältnisse kennen – und dieselben Fragen hätten aufwerfen können oder sollen wie dieser Internet-User. Ist das Aufgreifen so eines Themas aber nicht genau das, was man eigentlich von Lokaljournalisten erwartet?

Doch nun zur Identität solcher Internet-Kommentatoren: Wer weiss, ob dieser Warner vor den Sicherheitsproblemen der Loveparade auf diesem Duisburger Güterbahnhof nicht tatsächlich ein Fachmann war? Eine Art Whistleblower? Ein Insider und keineswegs ein normaler Leser? Könnte es nicht theoretisch  jemand aus der Baubehörde gewesen sein? Ich spekuliere jetzt mal: Jemand, der fundiertes Wissen um die Sicherheitsriskien hatte – aber bei seinen Vorgesetzten mit seinen Bedenken kein Gehör fand, nicht durchdrang. Oder der abgetan wurde als Miesmacher, der sich daraufhin gedemütigt fühlt – und sich tatsächlich Sorgen macht.

Dass so jemand den Weg ins Internet wählt, um sich Luft zu machen, um wenigstens dort zu warnen, wäre plausibel. Die „Frankfurter Rundschau“ zumindest berichtet von einzelnen Mitarbeitern im Ordnungsamt, die ihre Bedenken schlucken mussten. Und dass auch Mitarbeiter von Feuerwehr und Polizei vor dem Unglück vergeblich vor den Gefahren gewarnt hätten. Was liegt für solche übergangenen Experten näher, als diese Sorgen und Nöte wenigstens im Internet öffentlich zu machen?

http://www.rp-online.de/nachrichten/Dokumente-belasten-OB-Sauerland_aid_887008.html

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Alle Kommentare [3]

  1. „Wer weiss, ob dieser Warner vor den Sicherheitsproblemen der Loveparade auf diesem Duisburger Güterbahnhof nicht tatsächlich ein Fachmann war?“

    Der Kommentator weiß es. Und der schrieb „Verstehe ich das richtig?“ und benutzte alles andere als die Amtssprache der Planungsbehörden.

    Gegenfrage: Was machen wir mit den 20000 Kommentatoren die vor einer türkischstämmigen Ministerin gewarnt haben. Vielleicht sind das ja auch Experten?

  2. Ich wüsste einiges, was näher läge. Zum Beispiel ein Anruf in überregionalen Redaktionen oder das „leaken“ von internen Dokumenten (ist ja gerade in Mode). Ein Blog- oder News-Kommentar kann doch niemals die richtige Reaktion auf das Erkennen einer potentielle Gefahr für Leib und Leben von Hunderten oder Tausenden sein. Wenn das schon reicht, um sich danach zurückzulehnen und zufrieden zu sein…

  3. Etwas, was für die betroffenen Unternehmen peinlich ist, sie in Erklärungsnot bringt und ihnen eindeutig Schuld zuweist. Für jedermann auf Mausklick nachzulesen. Medienauswerter wie Landau Media dürften Neugeschäft bekommen.