Schutz für AGG-Abkassierer – aber nicht für Frauen

Warum werden die Täter zuweilen stärker geschützt als die Opfer? Da kam eine pfiffige Großkanzlei aus Stuttgart vor wenigen Jahren auf die Idee, die Namen von Tätern zu sammeln – genauer gesagt solchen Leuten, die aus einem Gesetz, dem AGG, Kapital schlagen wollen. Als Profiteure eines Gesetzes, das diese Leute eigentlich gar nicht schützen will. So ähnlich wie Abmahnanwälte. Gleiss wollte gegebenenfalls Opfern sagen können, wenn sie gerade Opfer eines Mehrfachtäters werden. Jemanden, der gleich mehrmals Unternehmen abzuzocken versucht. Die Idee der Schwaben war sehr originell und zweifelsohne sehr nützlich für Arbeitgeber – ganz zufällig auch die Zielgruppe der Kanzlei -, im Klartext also auch eine prima Marketingmaßnahme.
Freilich hatte die Kanzlei Gleiss Lutz aus Stuttgart keine öffentliche Liste angelegt, in die jeder Einblick nehmen konnte. Aber Betroffene konnten bei Gleiss Lutz anfragen und sich vergewissern, ob sie womöglich gerade von einem Trittbrettfahrer und Serientäter verklagt wurden. Von jemandem, der mitnichten einen Job suchte, sondern nur abkassieren und das AGG mit seinen Entschädigungsregeln geschickt für sich ausnutzen wollte. Indem er suggeriert, zu Unrecht als Bewerber für eine Stelle abgelehnt worden zu sein. Obwohl er sie ohnehin nicht ausfüllen und Tag für Tag antreten wollte. Sondern nur Geld von dem Unternehmen kassieren wollte, das eine Stellenanzeige vielleicht ziemlich unclever formuliert oder einen anderen formalen Fehler begangene hat.
Warum diese Liste nun nicht mehr weitergeführt wird? Weil die Datenschützer auf die Barrikaden gegangen sind.
Senior-Arbeitsrechtspartner von Gleiss Lutz, Jobst-Hubertus Bauer, bedauert sehr, dass „aus angeblich datenschutzrechtlichen Gründen das Gleiss-Lutz-AGG-Hopper-Archiv nicht mehr betrieben werden kann“. Denn
mittels dieses Archivs konnten die Personen ermittelt werden, die meinen, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz als nützliche Erwerbsquelle instrumentalisieren zu können.“ Und zwar solche Personen, die sich bei einer Vielzahl von Arbeitgebern melden, um auf Grund (angeblicher) Diskriminierungen „abzukassieren“, sind „nichts anderes als Betrüger“, so Arbeitsrechtler Bauer. Deshalb ist es auch „eher merkwürdig, dass ausgerechnet staatliche Stellen alles tun, um den Missbrauch des Antidiskriminierungsrechts zu erleichtern“ (Bauer).
Das ist wohl wahr.
Zumal es wahrhaft echte Umsetzungsprobleme beim AGG gibt: Erst kürzlich belegten wieder die europaweiten Zahlen, um wieviel Prozent Frauen in den Unternehmen in Deutschland schlechter bezahlt werden als Männer. Und da nahm Deutschland einen der unrühmlichen letzten drei Plätze ein, europaweit. Die Behörden achten also wenig darauf, dass das AGG an sich eingehalten wird und Lohn-Ungerechtigkeiten ausgemerzt werden. Aber das wäre für die Unternehmen teuer, die Löhne der Frauen auf breiter Front anzuheben. Mehr Führungspositionen mit Frauen besetzen will man offenbar auch nicht. Aber ob dem Datenschutz Genüge getan ist, wenn mögliche Prozessbetrüger gelistet – nicht veröffentlicht – und dadurch enttarnt werden, das ruft die Behörden dann doch plötzlich auf den Plan. Ungeachtet aller anderen, größeren Baustellen.
Stimmen diese Relationen noch?
http://faz-community.faz.net/blogs/wort/archive/2009/08/16/datenschuetzer-erleichtern-klagemissbrauch.aspx

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Alle Kommentare [2]

  1. Die Beamten oder Behörden haben die Lohnunterschiede in den „eigenen Reihen“ ermittelt und wollen dies ausgleichen, Beispiel ErzieherInnen oder andere Tätigkeiten in denen Frauen im Vergleich direkt benachteiligt sind.
    Doch finanziert wird dies durch den Staat, Bund , Städte … durch Steuergelder und anderes.
    Doch diese Frauen/Leute erhalten trotzdem alle ausreichend Geld un Ihren Lebensutnerhalt zu fristen. Wer von 1400 Euro im Monat als Einstiegsgehalt angeblich nicht leben kann??? und für diese Leute laut debattiert wird:

    Die echte Lohndiskrimirung durch Leiharbeit wird dagegen tunlichst nicht behandelt und ins Verhältnis gerückt.

    Davon, dass Leute von 600 Euro und weniger im Monat leben sollen.

    Und zahlreiche Frauen und andere nichts von der Rentenerhöhung haben.
    Die Rentenerhöhung wird auf den Grundsicherungsbetrag angerechnet.
    Fast hätten die Städte noch ein Geschäft damit gemacht, durch sinkende Grundsicherungsauszahlungen zulasten der Rentenerhöhung.
    Bei jeder Rentenerhöhung der Vergangenheit wurden daduch Kosten an dieser Stelle gesenkt. Diesmal wurde gnädigerweise der Grundsicherungsbeitrag um 8 Euro angehoben. Das entspricht in Zahlen: Eine kleine Rente ab > 300 Euro bei einer Renterhöhung von 2,4 % = ca. 7,50 Euro + gesunkene Krankenversicherungsbeiträge ca. 1 Euro macht schon 8,50 Euro. Der Grundsicherungsbetrag ist um 8 Euro auf 359 Euro angehoben worden.

    Also Renten ab 300 Euro profitieren nicht von der Rentenerhöhung, falls diese Frauen oder Männer Grundsicherung erhalten. (Viel weniger Rente geht schon fast nicht)

  2. Frauen in Personalabteilungen stellen Frauen ein. Sie wirken immer mit.

    Als ich im Jahre 2005 auf einem Mobbingseminar mit medialer Begleitung war und 3-4 Mobbingopfer alles Frauen „echte Mobbingofer“ da waren, sowie Personalfrauen erklärten sie, – die Personalabteilungsfrauen -, sich lächelnd untereinander: Würdest Du so jemanden einstellen?

    Es war sonnenklar: Die Personaler interessiert es nicht. So jemand stellen sie nicht ein.

    Die vielgepriesene mediale Begleitung interessiert es auch nicht.

    Die Frauen gehen ohne jegliche Hilfe vom kostenpflichtigen Seminar wieder nach Hause.

    Was wurde bis heute getan? Nichts für diese Frauen.

    Doch das „Frauen Business Geschäftsfeld“ Mediation wird weiterhin gefördert. Diesen Frauen ist geholfen.

    Die anderen stehen weiterhin auf der Strasse.