An welchen Kommunikationsfehlern Top-Manager-Karieren scheitern – Gastbeitrag von Christoph Schwab

Warum scheitern Spitzenkräfte der deutschen Wirtschaft so oft kommunikativ – am Mikrofon? Ob ADAC-Skandal, VW Dieselgate, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Edeka, DFB-Chef zum Sommermärchen oder normale Auftritte von Geschäftsführern und Vorständen bei Gesellschafter- und Jahreshauptversammlungen. Gastautor und Kommunikationsexperte Christoph Schwab – seine Referenzkunden sind BASF, Google oder Aesculap – analysiert die Beispiele des Scheiterns und wie Top-Manager den richtigen Ton zur richtigen Zeit am umkämpften „Point of communication“ finden. Und was Spitzencoaches bewirken können. Oder eben nicht.

 

Schwab

Christoph Schwab

 

Unvorbereitet? Ängstlich? Oder unreflektiert?

 

Immer wieder reiben wir uns verwundert Augen und Ohren, wenn Wirtschaftsführer, Sportler und auch Politiker in ein Mikrofon sprechen. Oder einen Text in namhaften Medien veröffentlichen. Sind sie nicht vorbereitet? Haben sie Angst? Wissen sie gar nicht, was sie da tun? Schätzen sie die Außenwirkung so gar nicht ein? Offenbar nicht.

Viele Spitzenkräfte haben eben nicht ihre Spitzencoaches. Die werden dringend benötigt, um blitzschnell gefährliche Situationen  für den Sender und sein Unternehmen zu sichern und zu meistern. Ob ADAC-Skandal, VW Dieselgate, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Edeka, DFB-Chef zum Sommermärchen oder normale Auftritte von Geschäftsführern und Vorständen bei Gesellschafter- und Jahreshauptversammlungen.

 

Stets gewappnet sein müssen für jedes Statement, jeden Angriff

Alle müssten eigentlich ihre Aussagen, ihre Einstellung und Präsenz ständig mit ihrem Sparringspartner auf Augenhöhe reflektieren, um für jedes Statement und jeden Angriff gewappnet zu sein. Zu groß sind die unterschiedlichen vielfältigen Anforderungen in den Medien des globalen Dorfes Welt.

Ich nenne es: Einzigartigkeitsentwicklung. Dahinter steckt ein Coach auf Augenhöhe. Absolut. Er muss erkennen, wo die  Stärken seines Sparringspartners sind, er muss vollumfänglich das Vertrauen seines CEO genießen, der ihn nachts anrufen kann, um sich blitzschnell auf Situationen vorzubereiten. Er muss als Coach seinen Sparringspartner Leader ´lesen´ können und der richtet sich auch immer wieder nach dessen Empfehlungen.

Er weiß immer, woran er in kritischen Situationen ist, er weiß, wann  er was wie sagen kann und wann er ´schweigt´ oder abwartet. Seit über 30 Jahren mache ich zu 80 Prozent des Tages nichts anderes als mich mit der Sendefähigkeit von Spitzenkräften in der „Tyrannei der komplexen Umstände“ auseinanderzusetzen.

 

Der Leader und sein Coach: Drei Voraussetzungen müssen stimmen

Was passiert in diesen Prozessen wirklich? Drei unabdingbare Voraussetzungen für die gemeinsame Zusammenarbeit:

  1. Der Leader lernt Vertrauen – das wichtigste – und erlangt dadurch Sicherheit. Leader und Coach bilden eine „gelebte Einheit“. In einem Erfahrungspotenzial, was grundsätzlich immer Behaviour, Alter und Erfahrung beider entspricht. Oder dem Leader voraus ist

Siehe Boris Becker. Seit er den Weltranglistenersten Novak Djokovic coacht, hat dieser zehn Top-Turniere nacheinander gewonnen. Warum wohl?.

2. Der Leader ist kritisch reflexionswürdig und lässt sich so auf Orientierung ein. Ist dies nicht gegeben, kann es immer wieder zu medialen Unfällen kommen. Spitzencoach und Leader sollten sich sofort trennen. Zum Beispiel: Der Mittelfinger von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in der „Süddeutschen Zeitung“ vor drei Jahren wurde bar der Empfehlung zugelassen.

3. Leader und Spitzencoach bauen gemeinsam ein Sende,- und Wahrnehmungsportal, was sich immer an das Stärken- und Schwächenprofil des Leaders wendet und immer sämtliche Kommunikationsgaranten in Kommunikation 4.0 beachtet.

Sieben Tage die Woche. 364 Tage im Jahr. Dafür habe ich das Szenario Moment Management® entwickelt. Jeder Leader hat den kommunikativen Notfallkoffer unterm Bett. Ausschließlich seiner Einzigartigkeit angepasst.

 

Kommunikations-Gau: Top-Manager können Karrieren verspielen oder bestätigen

Viele Leader, CEOS, CFOS, GF und andere Führungskräfte sind leider betriebsblind in ihren Jobs und nicht auf mediale  Herausforderungen und Ereignis-Tsunamis eingerichtet. Oder von ihren Kommunikationschefs nicht ausreichend beraten. Woher sollen diese es auch wissen? Es sind meist reine Erfüllungsgehilfen im Unternehmen. Sie haben alle ihre wichtigen Funktionen, können aber Spitzensparring niemals ersetzen.

Ein Top-Manager kann in Sekunden bei einem kommunikativen Gau seine gesamte Karriere verspielen oder eben eindrucksvoll bestätigen.

Zum Beispiel:

VW-Chef Matthias Müller

•         VW-CEO  Matthias Müller hat sich in einem ersten Interview in den USA um Kopf und Kragen geredet und dem Unternehmen einen Milliarden-Schaden zugefügt. Ein zusätzliches Interview auf Englisch mit einem Rundfunksender bestätigt dies.

Vorgehensweise: Man hätte ihn komplett anders aufstellen müssen.

Die dringend erforderliche USA-Erfahrung fehlte offenbar. Reaktion auf amerikanische Verhältnisse wurde völlig außer Acht gelassen. Die Story einer sachlichen  Darstellung muss der einer emotionalen Verstehensebene weichen. Das hat Müller aber nicht gemacht. Ohne Vorwarnung plapperte er einfach auf englisch los, verstieß gegen die No-Go´s. Dabei: Er hätte sich durch entsprechende Sparring-Situationen und Coaching auf die betroffenen Ebenen international einstellen können, wenn er gefragt hätte: wie erreiche ich unterschiedliche Metaebenen? Wie verlasse ich die Ich-Projektion meiner Porsche-Vergangenheit und versuche alle Betroffenen wirklich zu verstehen und Lösungen zu finden, die greifen und ökonomisch für alle Seiten vertretbar sind? Das kann und muss man dann auch nachts üben.

 

Lufthansa-CEO Carsten Spohr

•          Lufthansa-CEO Carsten Spohr. Beindruckend gecoacht wurde er beim tragischen Unglück der Germanwings Maschine. Positive Beispiele in Ausdruck, Gestik, Mimik, Betroffenheit, Verständnis und Aufmerksamkeitsebene für alle Betroffenen. Ein demütiger, verständnisvoller Angang an dieses schwere Unglück. Hier haben die Coaches wirklich extrem gut gearbeitet, im methodischen Angang, an den gesendeten Lösungen und an den Ergebnissen. Die Vorbereitungen eines Fluges sind  immer exakt durchterminiert, vorbereitet und hoch professionell ausgerollt.

 

Ex-ADAC-Chef Peter Meyer

•        ADAC-Chef Peter Meyer nach Aufdeckung ADAC-Skandal. Peter Meyer trat mit einem Manuskript vor die Presse, was er nicht kannte. Durch sein Rezeptions- und Vortragsverhalten wurde das sofort jedem klar. Er hatte sich nicht wirklich um die Tragweite des Falls gekümmert. Er starb quasi vor dem Mikrofon den Leugnungstod.

Wie Meyer argumentativ hätte vorgehen müssen, um sich selbst als Versteher und Kümmerer der Vorgänge zu positionieren und nicht – wie er es getan hat – als einzige Begründung die Schuld von sich zu weisen: Die Sende-Kette hätte sein müssen Betroffenheit – Aufmerksamkeit – Bewusstheit für die Vorgänge – Lösungsweg – Verantwortungsübernahme.

 

Vorzeigebeispiel Barak Obama

•        US-Präsident Barak Obama. Ein hoch intelligenter Kandidat, der sofort erkannte, dass es bei einer Spitzenposition nur mit einem Spitzencoach funktionieren kann. Politikberater David Axelrod ist der Mann gewesen, mit dem Obama von Anfang an nach den oben genannten Kriterien gearbeitet hat. David Axelrod hat die Stärken und Schwächen seines Coachees exakt herausgearbeitet und mit ihm gemeinsam immer wieder wie ein Spitzensportler geübt, trainiert und sich stetig weiter entwickelt. Sicherlich hatte Obama ein Grundtalent, doch das zu erkennen und zu fördern und sich gegenseitig in ein anderes Kommunikationsniveau zu entwickeln, ist ganz großes Kino.

Ein YouTube-Video von Obamas Auftritt in Berlin (https://www.youtube.com/watch?v=OAhb06Z8N1c) bei seinem ersten Besuch zeigt es: Obama ist heute in seiner Introduktion, seiner Ausstrahlung, seiner Präsenz und Sendefähigkeit einer der besten Redner der Welt. Grundsätzlich haben beide es geschafft, sein  Behaviour-Potenzial strukturiert zu bauen und seine Empathiefähigkeit in Botschaften zu vergolden. Wenn Obama 150 000 Berliner anspricht, dann mit einer Präsenz, einer emotionalen Überzeugtheit seiner Worte und einer Kommunikationsfähigkeit, die wirklich einzigartig ist. Das kann man lernen, wenn man es in Spitzenpositionen will.

 

Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins

•        Marcus da Gloria Martins, Polizeisprecher der Münchener Polizei. Er reagiert im Chaos der Attentate genau richtig. Nutzt die gesamte Bandbreite der Kommunikation: Er sendet auf Twitter und Facebook Nachrichten – unter anderem auch auf Türkisch -, gibt Interviews auf Englisch, um die Bevölkerung anzusprechen und zu beruhigen. Seine souveräne und zugleich lockere Art machen ihn zu einem Vorbild gelungener Krisenkommunikation. Statt umständlichen Erklärungen oder hölzern formulierten Phrasen – klare Ansagen, Worte der Anteilnahme und des Dankes. Keine Angst auch vor den spekulativsten Fragen der Presse. Er ist sicher in seinem Job und reagiert auf den Moment, holt die Menschen dort ab, wo sie stehen.

 

Die tägliche Informations-Lawine

Sind diese oben beschriebenen Voraussetzungen nicht annähernd gegeben, sollten Top-Manager und Coach keine Zusammenarbeit beginnen. Führungskräfte müssen unbedingt aufmerksam und bewusst den schnellen Informations- und Interaktionsmarkt im Auge haben. Für viele ist daher ein Sparring auf Augenhöhe mit einem Spitzencoach unabdingbar. Vor 80 Jahren erreichten einen normalen Menschen so viele Informationen in seinem gesamten Leben wie heute eine Spitzenkraft an einem Tag.

 

 

 

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Alle Kommentare [2]

  1. Danke für diese hervorragende Analyse!

    Ihre Ausführungenmhaben mich erinnert an die Ratgeber von Fürsten – gelegentlich auch Hofnarren, „graue Eminenzen“. Vielleicht trägt auch der Faktor „Eitelkeit“ bei manchen Top Entscheidern zur Beratungsresistenz bei…
    Beste Grüße aus Koblenz
    Michael Steffens

  2. Die erste Sache die Manager, oder Menschen in Spitzenpositionen lernen müssen ist, State Control. State Control bedeutet, über seine Gefühle Herr zu sein, sich gewisse interne Dialoge bei Interviews nicht anmerken zu lassen und einfach präsent zu sein.

    Das klingt auf den ersten Blick viel einfacher, als es in der Realität ist. Das muss trainiert werden.

    Auf was ich eingehen möchte ist, dass der Fokus primär auf den Prozess gerichtet werden sollte. Besonders das Erlangen des Vertrauens, so wie Sie es nennen sollte hier im Vordergrund stehen. State Choice und das Wissen um die eigene Flexibilität sind wichtige Merkmale eines Leaders.