Die Social-Business-Herausforderung: „Das ist eben etwas Neues“ reicht nicht als Begründung. Ein Gastbeitrag von DoubleYuu-Gründer Willms Buhse

 

Gastautor Willms Buhse ist Vortragsredner, Buchautor und Enterprise 2.0-Experte. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens DoubleYuu in Hamburg, das auf interne Firmennetzwerke spezialisiert ist, die mit Hilfe von Webtechnologien das vernetzte Denken, das Engagement und die Partizipation des Einzelnen im Unternehmen steigern.

 

 

Willms Buhse

Wenn es Möglichkeiten gäbe, die Kommunikation innerhalb des Unternehmens so zu verbessern, dass die Mitarbeiter kreativer und produktiver arbeiten, Doppelarbeiten vermieden werden und die Leute dann auch noch zufrieden sind – würden Sie als Manager sie nicht nutzen wollen?

Klar ist: Mit der Art und Weise, wie heute in Unternehmen kommuniziert wird, liegt einiges im Argen. 150 E-Mails erhalten deutsche Arbeitnehmer beispielsweise durchschnittlich (http://www.fr-online.de/karriere/so-bewaeltigt-man-die-e-mail-flut-im-buero,1473056,11287216.html). Nach anderen Schätzungen sind es sogar 200.

Klar ist aber: Es sind jetzt schon zu viele und es werden immer mehr. Sie zu lesen und beantworten, kostet nicht nur Zeit. Wichtige Informationen werden unter Umständen auch mal übersehen – zum Beispiel, dass Team A schon längst ein Problem gelöst hat, an dem Team B sich gerade die Zähne ausbeißt.

 

Hier liegt derzeit eine der größten Herausforderungen für Manager. Sie müssen Kommunikation und Zusammenarbeit in ihrem Unternehmen neu gestalten, wenn es weiterhin reaktionsschnell und innovativ bleiben soll. Aber wie?

 

Inzwischen gibt es Möglichkeiten, ohne E-Mails auszukommen. Das gemeinsame Arbeiten an zentral gespeicherten Dokumenten oder die Verabredung per Chat statt per Mail zum Lunch sorgt für eine aufgeräumte Mail-Inbox und helfen so, produktiver, zufriedener und kreativer zu arbeiten. Das interne Vernetzen mit Hilfe von Profilen, die so sorgfältig gepflegt und mit aktuellen Meldungen ergänzt werden – ähnlich wie bei Xing oder Facebook -, ist enorm hilfreich. Damit lassen sich wichtige und nützliche Kontakte im ganzen Unternehmen finden, auch jenseits der eigenen Abteilung. Interne Blogs tragen dazu bei, Expertise über Abteilungsgrenzen hinweg auszutauschen.

 

Dass Wissen oder Anweisungen verloren gehen, wird dadurch unwahrscheinlicher. Die Nachrichten-Flut lässt sich so ebenfalls ein wenig eindämmen. Und dass der Wissensaustausch auch gut für das Geschäft ist, zeigt ein Beispiel, das ich bei CoreMedia, einem Hamburger Softwareunternehmen, bei dem ich fünf Jahre in der Geschäftsführung tätig war, verfolgt habe. Phil, einer unserer Vertriebsmitarbeiter, hatte zunächst kein Glück mit seinen Kundenpräsentation in Russland. Er sprach mit den Kunden Englisch, hatte aber Folien, auf denen auf Russisch Fakten und Vorteile unserer Software aufgeführt waren. Er schrieb nach seinen vergeblichen Versuchen, Kunde in Russland zu gewinnen, einen Beitrag im Firmenblog, in denen er berichtete, dass er die Bemühungen, den russischen Markt zu erobern, zurückfahren wolle, weil die Kundenansprache irgendwie nicht funktioniert.

Als Reaktion auf diesen Blogbeitrag meldete sich Lydia zu Wort, eine Software-Entwicklerin, die Phil nicht persönlich kannte. Lydia ist Russin und arbeitete bei uns in Hamburg für Core Media. Sie sah die Präsentationsunterlagen durch und fand mehrere Übersetzungsfehler, durch die unsere Software nicht optimal dargestellt wurde. Phil und Lydia telefonierten, den nächsten Vertriebsgespräch in Russland setzen sie gemeinsam für einen Verlag eine Pilotinstallation auf. CoreMedia bekam den Auftrag im Wert von fast 350.000 Euro.

 

Über 50 Prozent der deutschen Unternehmen haben erkannt, welches Potential der mit Hilfe von Web-Technologien beschleunigte interne Wissensaustausch hat. Unternehmen wie die Allianz https://www.allianzdeutschland.de/news/news-2012/29-02-12-allianz-wird-zum-enterprise-2-0/, Adidas, BASF, Deutsche Telekom oder Otto führen nun neue Kommunikationswerkzeuge innerhalb ihrer Firmen ein: Diese so genannten Enterprise 2.0- Technologien http://de.wikipedia.org/wiki/Enterprise_2.0 , die E-Mail ergänzen und zum Teil ersetzen, tragen dazu bei, dass Unternehmen schneller und innovativer werden. So weit, so gut, oder?

 

Sind Sie netz-affin oder netz-skeptisch?

Leider nicht, es ist keineswegs damit getan, eine etablierte Technologie für die Wissensarbeiten von heute – die E-Mail – durch ein paar noch neuere Technologien aus dem Web 2.0 zu ersetzen. Wir haben als Berater in zahlreichen Projekten die Erfahrung gemacht, dass der Wandel hin zu neuen Kommunikationsstrukturen behutsam vorgenommen werden muss, um alle Mitarbeiter mit an Bord zu bekommen. Denn dabei droht auch in den Unternehmen ein Konflikt, der auch anderswo in der Gesellschaft zu beobachten ist: Der Konflikt zwischen netz-affinen und netz-skeptischen Menschen – eine Grenze, die nicht immer, aber mitunter auch entlang der Generationengrenzen (http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/0,2828,625126,00.html) verläuft.

 

Schauen Sie sich doch einmal in Ihrem Büro um. Es wird sicherlich Menschen geben, für die Social Media kein Fremdwort, sondern Teil ihres Alltags ist. Sie twittern, bloggen und wenn es ein neues Betriebssystem oder eine neue Anwendung gibt, arbeiten sie sich in diese Softwarewelten ein – manche mit Feuereifer, mache einfach nur zielstrebig. Für sie wird die Einführung von Enterprise 2.0 keine große Umstellung werden, benutzen sie doch täglich Tools mit ähnlichen Funktionen. Viele von haben Werte wie Offenheit, Transparenz oder die Bereitschaft sich zu vernetzten und Wissen zu teilen verinnerlicht und wünschen sich diese Möglichkeiten für den Berufsalltag. Für sie sind Kurznachrichten, Chats oder Onlineprofile auch als Business-Werkzeuge etwas, das ihnen Spaß macht. Nicht alle, aber viele von ihnen haben oft weniger Scheu, auch im Unternehmen ihr Wissen zu teilen, weil sie genau das im Web jeden Tag tun und dort erleben, wie man durch positive Rückmeldungen und eine steigende Reputation von diesem Teilen auch selbst profitiert.

 

Allerdings hat nicht jeder Lust, sich diese stark an das Web 2.0, an Facebook, Twitter und Co. erinnernden neuen Kommunikationswerkzeuge, zu erschließen. Und manch einem geht die Technik-Euphorie der Netzfans auch gehörig auf die Nerven. Viele Mitarbeiter finden neue Technik keineswegs cool, sondern eher anstrengend, unsicher und empfinden sie als eine Gefährdung für Ihre Privatsphäre. Sie nutzen E-Mail und den Rest der Unternehmensanwendungen, aber sie lieben diese Tools nicht. Sie haben keine Lust, ständig neue Kommunikationskanäle auszuprobieren, ihnen reicht es verlässlich und persönlich über die etablierten Kanäle zu kommunizieren.

 

Neue Managementaufgabe

Es ist Aufgabe des Managements, für die Kommunikation im Unternehmen Werkzeuge bereitzustellen, die sowohl den Web 2.0-begeisterten als auch den netz-skeptischen Mitarbeitern gerecht werden. http://www.doubleyuu.com/analyse-zu-sharepoint-2010/. Sie müssen gerade Letzteren genau aufzeigen, welchen Nutzen die neuen Werkzeuge haben und wie sie ihnen bei der Arbeit helfen. Einfach nur darauf zu verweisen, dass Wikis modern und E-Mails altmodisch sind, hilft da nicht weiter.

 

Unsinnige Doppelarbeiten

Wer neue Werkzeuge wie einen Chat oder Mitarbeiterprofile einführt, muss also nicht nur erklären, wie man sie bedient, sondern auch dass damit Unternehmen agiler, kundenorientierter und produktiver werden, weil unter anderem Doppelarbeiten sich substantiell reduzieren lassen. Denn wieder und wieder die gleiche Arbeit aufs Neue zu erledigen, das ist weder modern noch altmodisch – sondern einfach nur unsinnig. Ob man das durch eine Mail zur richtigen Zeit, einen Blogbeitrag, eine Chatnachricht oder einen Anruf erreicht, ist dabei nebensächlich. Wichtig ist, dass beide Nutzergruppen die Werkzeuge nutzen können, denen sie vertrauen und Informationen vermittelt bekommen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Wetten, dass sich wenigstens darauf in jedem Unternehmen die Netz-Skeptiker und die Netz-Euphoriker einigen können?

 

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