Neuwagenkäufer müssen sich erst mal als würdig erweisen

Dass Unternehmen die Kundenanfragen per Mail, die sie selbst über ihre Homepages forcieren, nicht ernst nehmen, ist bekannt. Aber dass sich selbst die Autohersteller, die es nun eigentlich sehr nötig haben, noch so eine stolze Haltung leisten, ist schwer verwunderlich: Da hat die Managementberatung Bearing Point zusammen mit dem IT-Dienstleister Multi-M/IT die Probe aufs Exempel gemacht und 19 internationale Autohersteller 2 500 mal via Kontaktformular auf deren Homepage angefragt: Nach Informationsmaterial oder gar Probefahrten. Das Ergebnis ist blamabel. 42 Prozent der Anfragen für eine Probefahrt blieben völlig unbeantwortet (zumindest in den folgenden 14 Tagen und danach ist´s eigentlich auch egal), 48 Prozent bekamen immerhin nach sieben Tagen eine Antwort. Dabei schnitten die deutschen Hersteller – auf Platz Zwei nach Großbritannien – noch ein klein wenig besser ab als der europäische Durchschnitt: Nur 47 Prozent von ihnen brauchten bis zu vier Tagen für eine Antwort für eine Probefahrt-Anfrage. Ob dies eine Folge von Kostensparmaßnahmen ist und alle möglichen Antwortgeber schon eingespart sind vom Unternehmensberater lässt sich nicht sagen. Vielleicht ist es auch schlichte Arroganz – die wiederum unverständlich ist.

Die Studie passt jedenfalls ins Bild, genauer gesagt zum subjektiv gefärbten Partytratsch. Der zwar nicht empirisch belegt ist – aber umso mehr im Zuhörergedächtnis bleibt: Zwei Neuwagenkäufer-in-spe aus NRW mussten Samstagsvormittags und bereits in der dicksten Krise erleben, nicht mal bei persönlichem Erscheinen in Autohäusern ein und desselben Premiumherstellers bedient zu werden. Im einen Fall verließ das verärgerte Ehepaar im Raum Köln nach knapp 20 Minuten den Salon – und orderte per Fax bei einem anderen Vertragshändler derselben Marke 100 Kilometer weiter. Im zweiten Fall, einer Familie, ließ man sich in der Landeshauptstadt nach einer guten Viertelstunde doch noch zu den wartenden Interessenten herab – glänzte aber dafür mit Unwissen in den Details. Und mit generellem Desinteresse am Kunden und seinen Bedürfnissen sowieso. Auch dieser Kunde machte Nägel mit Köpfen und orderten dieselbe Marke – aber eben auch woanders und per Fax. Und nicht mal bei einem Anbieter, der irgendwie im Internet auffiele, sondern ganz konventionell. Eben interessiert an Neugeschäft und nicht mal zu Kampfpreisen.

Um welchen Premiumhersteller es in beiden Fällen ging? Kein Deutscher, soviel sei verraten. In beiden Fällen derselbe – und der hatte auch da schon keineswegs Wartelisten.

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Alle Kommentare [2]

  1. Entweder Ignoranz oder einfach Unfähigkeit. Wieso sollte es bei großen Firmen anders sein als bei vielen kleinen: Die Webagentur hat in schönen Hochglanzpräsentationen neue Kanäle der Kommunikation mit dem Kunden aufgezeigt, nur fühlt sich hinterher niemand mehr so recht zuständig für die Mails, die da auf wundersame Weise eintrudeln. Man hat ja schließlich schon genug Arbeit und ein Druck auf die „Entf“ Taste löst das Problem schnell und sauber.

  2. Genau das kann ich mit eigenen Erfahrungen bestätigen, unfreundliche, unwissende Verkäufer, die es nicht nötig haben, sich zu kümmern. Ich habe daher einen jungen Gebrauchten gekauft, weil ich die pompösen Hallen der Premium-Hersteller nicht mehr sehen kann.