Arbeitsrechts-Experte Mattis Aszmons von Osborne Clarke hat Handlungsempfehlungen für Unternehmen zusammen getragen (Gastbeitrag).

Mattis Aszmons (Foto: Osborne Clarke)
- Mindestinhalte für neue Arbeitsverträge: Der bisher im Nachweisgesetz enthaltene Katalog der Mindestinhalte von Arbeitsverträgen wurde erweitert. Neu ist vor allem die Pflicht zur ausdrücklichen Angabe von Details zu Gehaltsbestandteilen wie getrennte Nennung von Zuschlägen, Sachbezügen und so weiter, des Enddatums bei Befristungen und Details zur Arbeitszeit wie Ruhepausen und -zeiten. 99,9 Prozent aller Unternehmen in Deutschland müssen neue Arbeitsvertragsmuster erarbeiten.
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. - Nachweispflichten bei Alt-Verträgen: Bereits laufende Verträge müssen nicht angepasst werden. Mitarbeitende mit laufenden Verträgen können aber verlangen, innerhalb von sieben Tagen eine Niederschrift mit den wesentlichen Angaben zu bekommen. In Verbindung mit der Weigerung des Gesetzgebers, eine andere Form als die Schriftform zuzulassen, könnte dies Personalverantwortliche zumindest in großen Unternehmen an die Grenzen des Machbaren führen.
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. - Besonderheit – Übersicht über Kündigungsschutzprozess: Arbeitsverträge müssen künftig eine Übersicht über das Verfahren bei Kündigungen sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage enthalten. Eine Missachtung führt zwar nicht zur Unwirksamkeit etwaiger Kündigungen, ist aber eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit. Unternehmen haben die Wahl, sich kurz und übersichtlich zu fassen und gegebenenfalls die Vorgaben des Gesetzes nicht einzuhalten – oder ausführlich zu werden und seitenweise Eventualitäten in ihre Übersicht aufzunehmen.
Die wichtigsten To Dos:
- Erster Schritt wird eine Bestandsaufnahme sein: Vertragsmuster und (zumindest exemplarisch) Alt-Verträge sollten auf Lücken analysiert und damit Handlungsbedarfe identifiziert werden. Zudem müssen auch bestehende Onboarding-Prozesse angepasst werden.
. - Musterverträge überarbeiten: Musterverträge müssen die Mindestangaben enthalten und sollten entsprechend angepasst werden. Vor allem die Angaben zum Verfahren rund um die Kündigung dürften komplex werden. Hier wird eine überlegte Vertragsgestaltung gefragt sein, um nicht die Übersichtlichkeit zu verlieren.
. - Info-Schreiben für Alt-Verträge vorbereiten (sog. „Niederschrift“): Um die zu erwartenden Anfragen von schon aktiven Mitarbeitenden rechtzeitig beantworten zu können, empfiehlt es sich, bereits Muster für die Info-Schreiben in der Schublade zu haben.
Das neue Nachweisgesetz
Die neuen Vorschriften werden Unternehmen an ihre Grenzen bringen. Künftig müssen sich nicht nur Mitarbeiter und Personaler durch ein noch dichteres Dickicht von Arbeitsvertragsklauseln wühlen. Die Weigerung des Gesetzgebers, einen digitalen Umgang mit Personal-Dokumenten zuzulassen, bedeutet auch einen kaum zu prognostizierenden Mehraufwand mit Ausdrucken und Unterzeichnen von Arbeitsverträgen und Niederschriften nach dem Nachweisgesetz.
Die große Frage: Was können Unternehmen tun?
Sich vorbereiten und zwar möglichst zeitnah und überlegt in diesen Schritten:
- Bestandsaufnahme: Vertragsmuster und (zumindest exemplarisch) Alt-Verträge sollten auf Lücken analysiert und Handlungsbedarf identifiziert werden. Zudem müssen auch bestehende Onboarding-Prozesse angepasst werden: „Keine Aufnahme der Tätigkeit ohne Aushändigung der wesentlichen Bedingungen!“ Allerdings ist damit nicht automatisch das Ende von DocuSign und anderen elektronischen Signaturen eingeleitet. Unternehmen können auch weiterhin Arbeitsverträge schnell digital abschließen beispielsweise um Kandidaten nicht zu verlieren. Sie müssen dann lediglich dafür sorgen, dass bis zum Beginn der Tätigkeit eine schriftliche Zusammenfassung mit Originalunterschrift nachgeschoben wird.
- Musterverträge überarbeiten: Musterverträge müssen die Mindestangaben enthalten und angepasst werden. Vor allem die Angaben zum Verfahren rund um die Kündigung.
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- Info-Schreiben für Alt-Verträge vorbereiten, sogenannte „Niederschrift“: Um die zu erwartenden Anfragen von schon aktiven Mitarbeitern rechtzeitig beantworten zu können, sollten Personalabteilungen bereits Muster für die Info-Schreiben in der Schublade zu haben.
- Rechtliche Unklarheiten klären: Selbst wenn Unternehmen alles umsetzen, was gefordert wird, bleiben für sie rechtliche Risiken. Der Grund: Zum einen ist das Gesetz und dessen Begründung stellenweise zu vage. Zum Beispiel: Was ist denn nun alles anzuführen, um Mitarbeiter über „das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses […] einzuhaltende Verfahren“ zu informieren? Wahrscheinlich werden das erst die Arbeitsgerichte beantworten – irgendwann. Die Alternative: Ausufernde Ausführungen nach dem Motto „Viel hilft viel“. Dumm nur, dass das nicht mehr Transparenz im Sinne von mehr Verständlichkeit für die Mitarbeiter bringt.
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Was die Folgen unwirksamer Klauseln sindWeitere Fragen, die das neue Gesetz aufwirft – aber nicht beantwortet: Müssen Unternehmen auf eine mögliche Unwirksamkeit bestimmter Klauseln im Kontext der wesentlichen Bedingungen hinweisen und damit eine Art Rechtsberatung light in die Dokumente einfließen lassen? Denn in Arbeitsverträgen stehen oft unwirksamen Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, wie lange Arbeitnehmer angeblich Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend machen dürfen.
- Arbeitsabläufe in der Personalabteilung: Schließlich müssen sie die Prozesse zu Veränderungen der wesentlichen Bedingungen im laufenden Arbeitsverhältnis ändern. Denn: Änderungen der Bedingungen müssen an dem Tag, an dem sie wirksam sind, schriftlich ausgehändigt werden. Jedes Bonusschreiben, jede Anpassung von Bedingungen, die nicht aus dem Gesetz, Tarifverträgen oder aus Betriebsvereinbarungen kommt, muss der Arbeitgeber mit Originalunterschrift unterzeichnen.
Mein Rat: Unternehmen sollten möglichst viele Handlungsvollmachten für Prozesse in der Personalabteilung ausstellen, um die Zahl der Unterschriften künftig leisten zu können.
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