Ein Teller Falafel-Bowl mit Boyden-Headhunter Ulrich Schumann: „Anweisungen übern Zaun werfen, weniger anstrengend, als für eine gute Umgebung zu sorgen“

 

In den vergangenen Wochen hörte ich gleich von drei Leuten von menschlichen Reaktionen im Job, die mich aufhorchen ließen. Die erste kam von einer Headhunterin, die berichtete, dass sie einen Kandidaten abserviert hatte. Nie wieder will sie mit diesem Manager Kontakt haben, geschweige denn, ihn nochmal irgendwohin vermitteln. Was der Mann getan hatte, was sie so aufbrachte? Getan hatte er eigentlich nicht ihr etwas, sondern seiner langjährigen Assistentin. Diese Frau hatte er über viele Jahre gleich bei zwei Wechseln mitgenommen, sie war ihm immer treu ergeben und loyal. Doch kaum war die Frau mal mehrere Wochen lang krank, feuerte er sie. Das fand die Personalberaterin so unanständig, dass sie selbst Konsequenzen zog.

 

Wenn einer gehen muss – und alle anderen freiwillig nachziehen

Der zweite Fall dagegen spielte in der Gastronomie, ein Barkeeper erzählte ihn mir. Zu einer Hotelkette gehörte eine größere Bar mit elf Angestellten. Die Eigentümer legten sich mit dem Barchef an, behandelte ihn mies – so jedenfalls kam es bei dessen Kollegen an – und feuerte ihn. Und dann passierte, was sie nie erwartet hatten. Ehe sie sich versahen, ging es ratzfatz und die Bar hatte keine einzigen Mitarbeiter mehr: Alle zehn Kollegen, die es in der Bar gab, reichten prompt ihre Kündigung ein. Dabei auch derjenige, der es mir erzählte. Aus Mißbilligung gegenüber schlechtem Benehmen, mangelndem Anstand und um den Barchef zu rächen, irgendwie. Aus Kollegialität, Loyalität, jedenfalls Aufrichtigkeit.

 

Ulrich Schumann (Foto: C.Tödtmann)

 

Mit dem Dritten sitze ich in der Kneipe Beethoven in Düsseldorf: Ulrich Schumann, Headhunter und Managing Partner bei Boyden International. Spezialisiert ist der studierte Psychologe auf Digitalthemen und er gehört zu denen, die es in das WirtschaftsWoche-Personalberater-Ranking schafften. Bestellt hat sich der Rheinländer eine Bowl mit Falafel und erzählt von einem Bewusstseinswandel. Jetzt, wo er älter und schon viele Jahre Partner sei, lehne er Auftraggeber ab, wenn er sie nicht mag. Störgefühle so ähnlich wie bei den anderen Fällen. Das Irre sei, sagt er, dass die Ablehnung bei den Top-Managern den gegenteiligen Effekt habe. Und die müssten dann erst lernen, dass „Nein nein heißt“.

 

Dünkel zum Beispiel sei ihm heute zuwider. Ihm ist bewusst, dass die Karrierebesessenen die Headhunter als nützliche Vehikel ansehen, solange sie etwas von ihnen wollen. Da ergeht es denen wie Journalisten auch oft. Schumann erzählt weiter: Lieber fährt er heute öfter mal eine halbe Stunde eher zu Klienten, um mit dem netten Mann am Empfang oder der Assistentin des Managers, den er besucht, zu quatschen und einen Kaffee zu trinken. „Bei denen kann ich mir sicher sein, sie meinen es auch so. Die sind ehrlich und ohne Hintergedanken“, grinst Schumann.

 

Falafel-Bowl im „Beethoven“ in Düsseldorf (Foto: C.Tödtmann)

 

Feuern ist einfacher als für gutes Klima in der Firma zu sorgen

Aber er hält Managern auch etwas zugute: Er sehe immer häufiger, dass sie sich Mühe geben, eine gute Umgebung zu schaffen. Aber das ist viel anstrengender, als 6.000 Mitarbeiter einer Großbank zu feuern.

 

Schumann vergleicht die Führungssituation mit einem Sportverein. Haben die Leute Leidenschaft, stellt sich langfristig mehr Erfolg ein. Dahin zu kommen, setzt voraus, langfristig wertschätzend und transparent mit seinen Leuten umzugehen. Das kostet aber Zeit und ist viel anstrengender, als eine Anweisung über den Zaun zu werfen. Schade, dass das so sein muss, oder?

 

 

 

 

 

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