WEF Davos 2020 – Exklusiv (3): CNN-Moderator Richard Quests Resüme (Gastbeitrag)

„Davos war dieses Jahr anders „- Richard Quest, CNN-Anchorman, zieht Bilanz nach dem Weltwirtschaftsgipfel 2020

Richard Quest in Davos 2020 (Foto: CNN International)

 

Es ist in Mode, Davos zu verlassen und sich zu fragen, ob es die Reise wert war. In diesem Jahr bin ich jedoch davon überzeugt, dass es sich ganz sicher gelohnt hat. Mir sind jedenfalls einige bedeutende Unterschiede aufgefallen.

 

Zunächst einmal gibt es keine dringenden Wirtschaftskrisen, die darauf warten, bewältigt zu werden. Die Wirtschaft wächst (langsam). Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Die Inflation liegt weit unter den Zielvorgaben, und die Zentralbanken haben die Zinssätze systematisch gesenkt (49 Zentralbanken haben 71 Zinssenkungen vorgenommen).

 

Die wirtschaftlichen Probleme sind technisch, geradezu nuanciert – und umfassen etwa die Auswirkungen negativer Zinssätze und die damit verbundenen Risiken auf der Suche nach höheren Renditen. Sie verstehen, worauf ich hinauswill: Nichts, worüber sich der vernünftige Mann oder Frau in Davos Sorgen machen müsste.

 

Das eröffnete den Raum für das Problem des Klimawandels. Wir reisten inmitten großer Ankündigungen an – zuerst von Blackrock, wo eine Veräußerung der Aktien von Kohleunternehmen verkündet wurde. Und dann das Versprechen von Microsoft, kohlenstoffneutral zu werden (und das schon bald). Öffentlichkeitswirksame Zusagen für das wichtigste unter den zentralen Themen.

 

Eine Kraft des Guten

Was mir jedoch beim diesjährigen WEF insbesondere auffiel, waren die Unterschiede hinsichtlich der Teilnehmer und die Art und Weise, wie sie miteinander interagierten. Auf der einen Seite mischten sich etwa Risikokapitalgeber und Private Equity-Investoren unter die Tech-CEOs (die wiederum auf der Suche nach Finanzierungen waren). Auf der anderen Seite beschäftigten sich die gesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten mit der Diversität, digitalen Privatsphäre, Ungleichheit, Entwicklungsländern und natürlich der Umwelt.

 

Auf den ersten Blick könnte man meinen, die beiden Gruppen wären wie Öl und Wasser. Das habe ich zumindest immer gedacht. Ich habe mich jedoch geirrt. Zusammen haben sie viele Gemeinsamkeiten gefunden. Tech-Experten und Investoren sind sehr an der digitalen Privatsphäre und der Stärkung der Ärmsten in der Welt interessiert (und gewinnen unterwegs nebenbei Marktanteile). Die gesellschaftlichen Führungspersonen lieben die Technologie und haben erkannt, dass sie – richtig reguliert – eine Kraft des Guten sein kann. Ihr Zusammentreffen wurde zusätzlich dadurch erleichtert, dass die meisten von ihnen unter 40 Jahre alt sind und daher eine völlig andere Auffassung von Inklusion haben als die ältere Generation.

 

Showdown in Davos

Die beiden Hauptprotagonisten in Davos könnten vom Alter und von der Philosophie her kaum weiter auseinander liegen. Mit einer Kombination aus Jet, Hubschrauber und Limousine reiste Präsident Trump am Dienstag beim WEF an, flankiert von einer großen Delegation. Seine Botschaft an die Delegierten lautete im Wesentlichen, dass alles in Ordnung sei und wir diese ganze Umweltsache schon hinbekommen würden – man solle nicht so trostlos sein. Greta Thunberg kam mit dem Zug an und warf Davos aufgegebene Versprechen, Schweigen und – am schlimmsten von allen – leere Rhetorik vor.

Während Trump angesichts des laufenden Amtsenthebungsverfahrens in Washington seine Basis und Wahlbotschaften im Hinterkopf hatte, verfolgte Thunberg keine derart komplexe Agenda und kümmerte sich nicht um Parteipolitik. Das war die unwiderstehliche Kraft, die auf das unbewegliche Objekt traf. Es schien tatsächlich so, als würden die Funken überspringen – aber stattdessen trat das WEF insgesamt fast schon harmonisch auf.

 

Das WEF im Wandel?

Es war zudem spannend zu beobachten, dass Unternehmen zunehmend ihre eigenen Panels an der Promenade abhielten, sprich: ernsthafte Diskussionen über soziale, technologische und ökologische Themen – was in der Tat eine Bereicherung für die Agenda des WEF war.

Davos 2020 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem sich etwas verändert hat. Wir können nicht wirklich sagen, was es genau war oder ob es andauern wird; es fühlte sich einfach anders an.

Für eine 50-jährige Organisation, die regelmäßig als elitär kritisiert wird und deren Leitfigur Klaus Schwab über 80 Jahre alt ist, wird es keine sonderlich leichte Aufgabe sein, einen solchen Wandel zu vollziehen. Wir dürfen also gespannt sein, ob er gelingt.

 

 

 

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