Fünf Kariere-Tipps für Frauen und nicht nur in Technik-Jobs von Patricia DuChene, der Chefin des US-Softwareunternehmens Wrike aus Kalifornien für die Region Europa-, Naher Osten und Afrika (Gastbeitrag).

Patricia Du Chene (Foto: Wrike)
63 Prozent der Frauen in Tech-Berufen glauben, wegen ihres Geschlechts im Job benachteiligt zu werden, zeigt der “Ivanti Women in Tech Survey Report 2018“ (Quelle: Ivanti:https://www.ivanti.de/blog/the-challenges-of-being-a-woman-in-technology).
Wie das geschieht? Ihre Vorschläge werden abgelehnt, sie werden ständig unterbrochen in Meetings und vor allem gibt es zu wenige weibliche Vorbilder. Im anglo-amerikanischen Raum gründen Frauen deshalb immer häufiger Solidaritätsnetzwerke, um ihre Einflussmöglichkeiten zu stärken und sich gegenseitig zu helfen, individuelle und gemeinsame berufliche Ziele zu erreichen.
Im Software-Unternehmen Wrike hat DuChene die Gruppe WoW – Women of Wrike – gegründet, damit Frauen voneinander zu lernen und sich gegenseitig unterstützen. Die WoW diskutieren berufliche Herausforderungen, wie das Hochstapler-Syndrom oder Elternzeit und steht gemeinsam für Veränderungen ein, die sie bei ihrem Unternehmen sehen möchten.
Patricia DuChene, WoW-Gründungsmitglied und Geschäftsführerin von Wrike in Europa, dem Nahen Osten und Afrika, hat für Frauen, die ihre Karriere in der Tech-Branche vorantreiben wollen, deshalb fünf Tipps:
1) Machen Sie sich klar, was Sie wollen und stellen Sie sich auch so dar
Eine berühmte Statistik von Hewlett Packard (Quelle: Forbes Magazin: https://www.forbes.com/sites/womensmedia/2014/04/28/act-now-to-shrink-the-confidence-gap/#4fbbb43a5c41) belegt, dass sich Männer auch dann um eine Stelle bewerben, wenn sie nur 60 Prozent der geforderten Qualifikationen mitbringen. Frauen bewerben sich nur, wenn sie 100 Prozent erfüllen. Deshalb verpassen sie oft Chancen auf Jobs, die sie eigentlich wollen. Schon allein das Wissen, dass sich nicht alle an die gängigen Konventionen halten, kann einen Vorteil bedeuten.
Ich rate daher: Frauen, werdet euch darüber klar, was ihr wirklich wollt und stellt euch anderen gegenüber auch so dar. Wenn wir einen Job wirklich wollen, müssen wir nicht warten, bis wir uns hundertprozentig dafür qualifiziert haben. Vielmehr sollten wir uns in die erste Reihe stellen und sagen: “Nimm mich, ich kann es.” Frauen, die sich icht trauen, sollten sich jemanden suchen, der sie konsequent unterstützt, anfeuert und sagt: „Du bist großartig und das sind die Gründe, warum du großartig bist“. Das muss niemand aus dem Arbeitsumfeld sein. Diese Rolle können sehr gut auch Ehepartner, Geschwister oder gute Freunde übernehmen.
2) Streichen Sie das Wort „Bescheidenheit“ aus Ihrem beruflichen Vokabular
Nehmen Sie Megan Rapinoe, die Kapitänin der US-Frauen-Fußballnationalmannschaft. Sie ist sehr selbstbewusst und sagt, was sie denkt. Sie bekommt dadurch oft sehr viel Gegenwind in den Medien. Denn die Erwartungshaltung gegenüber Sportlerinnen ist immer noch: sie müssen bescheiden und selbstlos sein.
Viele männliche Sportler sind das nicht und es wird als okay empfunden. Frauen in der Tech-Branche oder anderen Berufen, die weniger typisch für sie sind, müssen lernen, ihre Bescheidenheit abzulegen. Wenn wir eine Beförderung bekommen, sollten wir sie nicht herunterspielen und verschweigen. Wir sollten stolz darauf sein und sagen: „Ja, ich wurde befördert, weil ich einen tollen Job mache.” Positiver Nebeneffekt: Wenn Sie Ihren Kolleginnen davon erzählen, motivieren Sie diese, ebenfalls die nächste Beförderung anzugehen.
3) Bewerten Sie Rückschläge richtig
Für jeden – nicht nur für Frauen – ist es einfacher, sich nach einem Rückschlag zurückzuziehen und ihn mit sich selbst auszumachen. Denken Sie an den Spruch: “Wo gearbeitet wird, passieren Fehler”. Im Vertrieb wäre es beispielsweise ein Rückschlag, einen Deal zu verlieren. Doch man kann auch nicht alle Deals gewinnen. Das würde bedeuten, man war nicht bereit, ein Risiko einzugehen oder hat sich die Ziele nicht hoch genug gesteckt. Dabei lernen und wachsen wir an hohen Zielen und Verbindlichkeiten. Stets auf Nummer sicher zu gehen, führt zu Stagnation und damit zum Ende jeder ambitionierten Karriere.
4) Seien Sie auf unbewusste Vorurteile und Stereotypen der Kollegen gefasst
Unbewusste Vorurteile – Psychologen nennen es “unconscious bias” – beeinflussen täglich jede unserer Entscheidungen am Arbeitsplatz. Oft sind wir Frauen selbst Teil solcher beeinflusster Entscheidungsprozesse. Auch bei meinem Arbeitgeber Wrike musste ich einige Male das Feedback nach Vorstellungsgesprächen mit weiblichen Kandidaten in Frage stellen. Ich habe die Kollegen, die das Gespräch führten, gefragt, wie genau sie zu dem Schluss gekommen sind, dass die Bewerberin nicht für die Position geeignet ist. Mitunter hörte ich dann die Antwort: „Das habe ich so im Gefühl“. Gerade solche Bauchentscheidungen müssen wir unbedingt hinterfragen und uns ehrlich eingestehen, wenn ein Vorurteil – unbewusst – den Ausschlag gegeben hat. Das trifft auf weibliche Personaler natürlich genauso wie auf männliche zu. Im privaten Umfeld mag das tolerierbar sein. Im Berufsleben müssen wir aber daran arbeiten, den “unconscious bias” auszuhebeln. In meinen Augen ist das aktuell eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben.
5) Versuchen Sie, andere Frauen positiv zu beeinflussen und Vorbild zu sein
Frauen, die eine Karriere in der Tech-Branche gemacht haben, haben Vorbildcharakter. Sie sollten ihren Einfluss dazu nutzen, andere zu stärken und zu fördern. Als sich mir die Gelegenheit bot, das Büro Europa/Naher Osten/Afrika für Wrike als Geschäftsführerin zu eröffnen, ergriff ich sie ohne zu zögern. Mit dem stetigen Wachstum des Teams und meines Einflusses wurde mir klar, dass viele Leute ihre Entscheidungen von mir abhängig machen – als sei ich eine Art Influencer bei Wrike. Diesen Einfluss wollte ich nach besten Kräften nutzen. Um mehr Möglichkeiten für Frauen zu schaffen, gründete ich mit einigen gleichgesinnten Frauen die „WoW“, Women of Wrike. Es ist wichtig, entsprechende Formate zu schaffen, in denen Frauen unbefangen wachsen und lernen, wie sie ihre Karriere vorantreiben können. Wir Frauen müssen oft viel mehr tun und mehr Zeit investieren, um beruflich an den gleichen Punkt zu gelangen wie ein Mann. Jede Frau, die hier etwas bewegen kann, sollte diese Chance nicht nur für sich selbst, sondern auch aus Solidarität nutzen. Es ist eine Herausforderung für die Hälfte der Menschheit, nicht allein für ein einzelnes Unternehmen oder die Tech-Branche.

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