WirtschaftsWoche-Topkanzleien: Die renommiertesten Anwälte für Medizinrecht
Mal geht es um Krankenhauskeime, mal um Kunstfehler: Medizinrecht ist ebenso brisant wie komplex. Ein exklusives Ranking zeigt die besten Anwälte. (zuerst erschienen in der WirtschaftsWoche Februar 2019)
Weil er sich so empörte, kam Thomas Schlegel vor 25 Jahren zum Medizinrecht. Dem Rechtsreferendar aus Wiesbaden wollte es nicht einleuchten, dass Kindern, die durch eine Samenspende entstanden sind, der Name ihres Erzeugers nicht preisgegeben werden muss. Damals hatten die Richter am Bundesgerichtshof gerade das Grundsatzurteil gefällt: Künstlich gezeugte Kinder haben kein Recht auf die Kenntnis der eigenen Abstammung, erzählt Schlegel. Anders als in den Vereinigten Staaten, wo diese Kinder durchaus den Namen ihrer biologischen Väter, der Samenspender erfahren.
Über dieses wegweisende Urteil sollte Schlegel eine Arbeit schreiben. Das war die Vorgabe seines späteren Doktorvater, dem Frankfurter Professor Hans Erich Troje. Schlegel hatte sich das Thema nicht ausgesucht, aber es wurde die Weichenstellung für seine Karriere. Er promovierte im Abstammungsrecht und stellte den Rechtsvergleich zwischen den USA und Deutschland an.
In seinen ersten sechs Berufsjahren baute er das Internetportal Medizinrecht.de, deren Geschäftsführer er noch heute ist, so nebenbei. Schlegel: Doch „das reichte mir dann nicht mehr und ich wollte mehr bewirken können“ und gründete vor 18 Jahren die Medizinrecht-Kanzlei Schlegel Hohmann & Partner.

Thomas Schlegel (Foto: Schlegel, Hohmann und Partner)
Diese Frankfurter Sozietät gehört zu den Adressen, die sich qualifiziert haben für das exklusive Ranking der WirtschaftsWoche-Topkanzleien Medizinrecht.
Die Auswahlmethode: Recherche, Peer-Group-Befragung, Jury-Runde
Wie diese Liste entsteht: Im ersten Schritt durchkämmte das Handelsblatt Research Institut die Datenbanken und Archive nach Anwälten, die sich in diesem Feld hervorgetan haben und kam auf 418 Medizin-Juristen in 100 Kanzleien. Diese Peer-Group wurde aufgefordert, jeweils die fünf führenden Kollegen zu benennen. Die daraus entstandene Liste wurde vier Juroren aus Wissenschaft und Industrie vorgelegt: Johannes Woelk, Arzthaftpflichtexperte beim Versicherer Ergo, Stephan Bensalah, Anwalt bei Roland ProzessFinanz, Christian Katzenmeier, Professor am Institut für Medizinrecht von den Uni Köln sowie Joachim Schunder, Niederlassungsleiter beim Verlag C.H.Beck. Am Ende dieses Procederes standen die beiden Tabellen mit 30 empfohlenen Kanzleien und 38 Anwälten für die Behandler-Seite – für Ärzte, Kliniken, Pharmaindustrie – und 52 Kanzleien mit 67 Anwälten für Patienten.
Krankenhauskeime, Kunstfehler, Pharmarecht oder Praxisverkäufe
Medizinrecht-Anwälte befassen sich mit einer breiten Palette von Fällen: Da geht es um Pharmarecht, Zulassungsrecht für Ärzte, Praxisverkäufe oder Schadenersatzforderungen wegen Krankenhauskeimen, aber vor allem Kunstfehlervorwürfe und Arzthaftungsrecht. Angesichts der Demographie, der immer älter werdenden Bevölkerung ist die Medizin ein Wachstumsfeld, entsprechend steigt auch die Zahl der Streitfälle. So gab es in 2018 in Deutschland insgesamt 1 717 Fachanwälte für Medizinrecht, im Vorjahr 1 648.
Vor Gericht dauert es im Schnitt mindestens fünf jahre
Klagen vor Gericht sind mühsam, teuer und langwierig. Im Schnitt dauert ein Prozess wegen Arztfehlern mindestens fünf Jahre und meist werden gleich mehrere Gutachten angefertigt, beobachtet Stephan Bensalah vom Prozessfinanzierer Roland. Allein die Klärung, was Arztfehler und was bereits ein Vorschaden war, ist schwierig. Je unklarer die Beweislage, umso eher endet es mit einem Vergleich. Nur in jedem dritten Fall gewinnen Patienten den Prozess, so Bensalah. Wenn die Streitigkeiten überhaupt vors Gericht gehen. Viele werden außergerichtlich beigelegt, zumal weder Kliniken noch Ärzte in den Medien mit Anschuldigungen von Patienten oder deren Angehörigen landen wollen.
Johnson & Johnson – Tochter DePuy: Über 100 Klagen wegen fehlerhafter Metallhüften alleine in Freiburg
So wie der Medizinproduktehersteller DePuy, die Tochter des US-Konzerns Johnson & Johnson. Allein beim Freiburger Landgericht sind über 100 Klagen von Patienten anhängig, denen seine mangelhafte Metallhüften eingesetzt wurden. Das Risiko: Schwermetallvergiftungen durch Abrieb, weil sie Kobalt und Chrom absondern. Entzündungen und Knochenverlust sind weitere Folgen. Der Vorwurf: Das Unternehmen wusste von dem Produktfehler seit dem Jahre 2006 durch Ärztehinweise aus aller Welt – und verkaufte trotzdem die Hüftgelenke weiterhin.
Nach acht Jahren 25 000 Euro Schmerzensgeld
Im vergangenen Oktober erst gab es die ersten zwei Urteile zugunsten von Patienten: 25 000 Euro Schmerzensgeld nach einer zermürbenden Prozessdauer von acht Jahren. Und genau diese Prozedur ist der Grund, warum auch Anwalt Schlegel auf Vergleiche setzt. Zumal kein deutsches Gericht die Unternehmen zu so hohe Summen verurteilt wie amerikanische Jurys. In Dallas bekamen fünf DePuys-Geschädigte zusammen die stattliche Summe von 500 Millionen Dollar zugesprochen.
WirtschaftsWoche-Topkanzleien Medizinrecht 2019
Die besten Kanzleien und Anwälte… | |
…für Ärzte, Kliniken und Versicherer | …für Patienten |
KanzleiWiWo | Kanzlei/Anwalt |
Armedis/Tilman Clausen, Ajang Tadayon | Bürgle/Michaela Bürgle |
Bergmann und Partner/Max Middendorf | Döscher, Drosdek & Partner/ Nadja Döscher-Schmalfuß |
Buchmüller-Reiss/Evelyn Buchmüller-Reiss | Dollinger/Christoph Kleinherne |
Buiting & Teßmer/Jens Buiting | Dubitscher/Sven Dubitscher |
Busse & Miessen/Ingo Pflugmacher | Gaidzik/Peter Gaidzik1 |
Causa Concilio/Christian Gerdts | Gromann Strathoff & Partner/Kim Gromann |
Covington & Burling/Adem Koyuncu | Hassel/Jana Hassel |
D+B/Thomas Bohle, Martin Stellpflug | Hassert Selbitz/ Esther Hassert, Andreas Selbitz |
Dierks + Company/Christian Dierks | Heynemann/Jörg Heynemann |
Ehlers, Ehlers & Partner/Alexander Ehlers | Holl/Thomas Holl |
Enzweiler & Koch/Rainer Enzweiler | Karoline Seibt/Karoline Seibt |
Fenger/Hermann Fenger | Klaus Fischer/Klaus Fischer |
Frehse Mack Vogelsang/Michael Frehse | Köppke/Thomas Köppke |
Geiger Nitz + Partner/Gerhard Nitz | Konradt/Britta Konradt |
Halbe/Bernd Halbe, Sven Rothfuß | Krahnert Krahl + Partner/Sebastian Krahnert |
Heberer & Kollegen/Peter Hüttl | Kremer & Koll/Christoph Kremer |
Halm & Collegen/Frank Wenzel | Laux/Joachim Laux |
Hammer & Partner/Rudolf Gläser | Makiol Lüken & Kollegen/ Hans-Joachim Makiol, Christian Lüken |
Heimes & Müller/Sven Lichtschlag-Traut | Matthias Teichner/Matthias Teichner |
HFBP/Oliver Bechtler | Melzer Penteridis Kampe/Nikolaos Penteridis |
Jan Schröder/Jan Schröder | Putz Sessel Steldinger/Wolfgang Putz, Alexander Sessel, Beate Steldinger |
Johannsen/Arno Schubach | Quirmbach & Partner/Malte Oehlschläger, Irem Scholz, Jan Tübben |
Jorzig/Alexandra Jorzig, Frank Sarangi | Roland Uphoff/Roland Uphoff |
Kern/Jörn Mildner | Schultze-Zeu Manthei & Kollegen/ Christoph Manthei, Ruth Schultze-Zeu |
KMH/Claudia Mareck | Sebastian Cramer/Sebastian Cramer |
Kozianka & Weidner/Christian Karle | Ulf Medicke/Ulf Medicke |
Krempel/Stephan Krempel | Uwe Brocks/Uwe Brocks |
Kunz/Carsten Fuchs | von Trotha/Alexander Rüdiger |
Lenze & Partner/Günter Lenze | Waibl, Soukup & Partner/Manuel Soukup, Katharina Waibl |
Lindenmeir/Matthias Lindenmeir | Ziegler & Kollegen/Hans-Berndt Ziegler |
McDermott Will & Emery/Karolin Hiller1, Stephan Rau |
Alphabetisch geordnet; 1Peter Gaidzik wird für beide Seiten empfohlen. Quelle: HRI/WirtschaftsWoche 2019 |
Michels pmks/Kerrin Schillhorn | |
Möller & Partner/Andreas Meschke, Karl-Heinz Möller, Gerrit Tigges |
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Plagemann/Fritz Keilbar, Götz Keilbar, Ole Ziegler | |
Preißler Ohlmann & Partner/Reinhold Preißler | |
Quaas & Partner/Michael Quaas | |
Raible & Fritzen/Peter Raible | |
Ratajczak & Partner/Helge Hölzer, Nico Gottwald | |
Ratzel/Martin Greiff, Rudolf Ratzel | |
Raue/Stephanie Wiesner | |
Rehborn/Michael Ossege, Martin Rehborn | |
Schlegel Hohmann & Partner/Thomas Schlegel | |
Schmidt, von der Osten & Huber/Stefan Bäune, Franz-Josef Dahm, Roland Flasbarth |
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Schulz-Hillenbrand/Rita Schulz-Hillenbrand | |
Seufert Rechtsanwälte/Petra Maier, Hans-Jörg Kreyes | |
Stiemerling/Michael Ostrowski | |
Sträter/Burkhard Sträter | |
Tacke Krafft/Götz Tacke | |
Ulsenheimer Friederich/Sebastian Almer, Stephanie Wiege | |
Walter/Ute Walter | |
Wigge/Peter Wigge | |
1ab März, zuvor Hengeler; Quelle: HRI/WirtschaftsWoche 2019 |
Die Juroren für die WiWo-Topkanzleien 2019:

Johannes Katzenmeier (Foto: Uni Köln)

Stephan Bensalah (Foto: Roland ProzessFinanz)

Johannes Woelk (Foto: Ergo)

Achim Schunder, Verlag C.H. Beck

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