Business Behaviour/Classic: Sätze die einen zur Raserei bringen – und warum Bagatell-Entschuldigungen gar nicht gehen

Business Behaviour

Stellen Sie sich nicht so an!

Direkte Aufforderungen im Alltag – zudem noch unter erwachsenen Menschen – haben es in sich. Weder sind sie nett gemeint, noch kommen sie beim Gegenüber als Nettigkeit an. Business-Behaviour-Expertin Gabriele Schlegel meint: All diese Aufforderungen sind in Wirklichkeit Übergriffe.

 
Von Gabriele Schlegel, Dozentin für Business Behaviour an der FH Bonn-Rhein-Sieg, und Claudia Tödtmann (zuerst erschienen im HB, dann in „Business Behaviour“, Redline Verlag)

 

Beim Karneval am Rhein mag es ja noch klappen, wenn gesungen wird: „Drink doch eene mit, stell dich net su an!“ Dass der so Angesprochene tatsächlich das tut, was der andere von ihm will. Weil es ja auch im Grunde nett gemeint ist, wenn jemand zum Mittrinken eingeladen wird. Doch diese direkten Aufforderungen im Alltag – zudem noch unter erwachsenen Menschen – haben es in sich. Weder sind sie nett gemeint, noch kommen sie beim Gegenüber als Nettigkeit an.

 

„Machen Sie mal halb lang!“

Zum Beispiel: „Regen Sie sich nicht so auf!“ oder „Seien Sie nicht so empfindlich wie eine Mimose!“ oder noch besser: „Machen Sie aus einer Mücke doch keinen Elefanten!“ Auch gut ist „Machen Sie mal halb lang!“ All diese Aufforderungen sind in Wirklichkeit Übergriffe. Denn wie jemand etwas empfindet, ist immer noch seine Sache. Und wie er reagiert, spätestens mit dem 18. Geburtstag auch.

 

Ich habe übrigens noch nie erlebt, dass solch ein maßregelnder Satz je einen anderen Menschen tatsächlich beeinflusst hat: Wer auf 180 ist und quer unter der Decke hängt, beruhigt sich nicht durch solch einen Satz schlagartig. Wer verletzt ist, den tröstet so eine Flapsigkeit erst recht nicht. Und wer sich anhören muss, dass er sich nicht so anstellen soll, wird dies wohl kaum als konstruktiven Vorschlag erleben. Im Gegenteil: Wo vorher keine Fronten sind, entstehen durch diese Sätze erst Fronten.

 

„Sie müssen doch wissen…“

Auf gleicher Ebene liegt diese Floskel mit dem riesigen Zeigefinger: „Sie als Arzt müssen doch wissen …“ sagte kürzlich ein Banker bei einem Kundengespräch zu meinem Augenarzt. Nein, müssen tut er es schon gar nicht. Mit welchem Recht erhebt sich ein jemand – hier obendrein noch in seiner Rolle als Dienstleister – so über einen anderen? Solch ein Affront ist unhöflich, beinhaltet Kritik, und am allerschlimmsten ist es, wenn zum Beispiel noch die Ehefrau des Arztes dabei ist – also vor Zeugen. Wenn der so Angegangene auch noch quasi öffentlich herabgewürdigt wird.

 

Hier kann man nur noch kontern, ganz offen: „Gibt es einen Grund für diese Unhöflichkeit?“ oder „Entschuldigung, habe ich etwas getan, was Sie so ärgerlich macht?“ Stoppt dieses Bespiegeln den anderen immer noch nicht, und erfolgt sogar noch die Antwort „Nehmen Sie das doch nicht gleich so persönlich“, beschleicht Sie zu Recht das Gefühl, nicht im richtigen Kontext zu sein. Wurden nicht Sie selbst gerade unhöflich angesprochen?

 

„Sie kennen mich doch, ich meine das nicht böse“

Inakzeptabel sind Bagatellentschuldigungen „Ich habe mir aber gar nichts dabei gedacht“ oder „Sie kennen mich doch, ich meine das nicht böse“. Da halte ich es mit dem Spruch „Natürlich kann jeder sagen, was er denkt, wenn er denn vorher bedenkt, was er sagt.“

 

Zuerst erschienen 06.02.2006 im „Handelsblatt“, veröffentlicht in „Business Behaviour“, Redline Verlag  

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