„Power-Point-Präsentationen sind betreutes Lesen“ (Gastbeitrag)

Power-Point-Präsentationen sind nur ermüdende Dokumentationen – Gastbeitrag von Reinhard F. Leiter, Führungskräfte-Coach beim Personaldienstleister Selecteam 

Jeden Tag produzieren weltweit Hunderttausende von Mitarbeitern schätzungsweise 500 Millionen Präsentationen. Mal um die Entwicklung von Projekten und Geschäften darzustellen, mal den Nutzen eines Produkts oder Services oder um Prozesse zu zeigen. Den meisten Power-Point-Präsentationen sind ihre Geburtswehen deutlich anzumerken, unter denen sie entstanden sind: Unter Zeitdruck, uninspiriert und aus bereits vorhandenen, oft veralteten Foliensätzen zusammenkopiert, unstrukturiert und ohne klare Botschaft entpuppen sie sich als Alptraum für Zuhörer. Und das Schlimme daran ist, dass die Urheber der Präsentation davon überzeugt sind, dass ihre Präsentation der neueste Stand der Technik und professionell ist.

Reinhard Leiter von Selecteam

Betreutes Lesen – kein spannender Vortrag

Dabei: Fast immer sind sie nur reine Dokumentationen, deren Nutzen gleich Null ist. Die Präsentationen – mehr betreutes Lesen als spannender Vortrag – sorgen nur für Langeweile. Statt aufmerksam zuzuhören, schaltet der Zuhörer ab und geht in einen Dämmerzustand über, aus dem er erst mit dem Schlusswort des Redners wird. Ohne klare Botschaft, ohne spannende Story und Dramaturgie verpuffen die meisten Präsentationen wirkungslos.

 

 

Ineffiziente Power-Point-Präsentationen stoppen Transformationsprozesse 

Gerade im angebrochenen Digitalzeitalter durchleben Unternehmen die größten Transformationsprozesse aller Zeiten. Und das Medium dieser Prozesse ist die Kommunikation. Eine lebendige, die Zuhörer überzeugende Präsentation, kann die erforderlichen Veränderungen im Unternehmen erfolgreich implementieren. Eine ineffiziente Präsentation kann erforderliche Veränderungsprozesse behindern oder sogar ganz verhindern.

Kommunikation wird so zum Erfolgsfaktor im Digitalzeitalter. Oft münden auch die Innovationen, die mit Unterstützung von Unternehmensberatern über Monate oder Jahre erarbeitet wurden, in ermüdenden Power-Point-Dokumentationen. Und zu allem Überfluss müssen dann oft tausende von Mitarbeitern diese Präsentationen über sich ergehen lassen. Die Charts werden in aller Regel einfach nur vorgelesen. Die Power-Point-Präsentation wird zum betreuten Lesen.

 

Zuhörer können maximal zehn Minuten folgen

Grundprinzipien wie dass die Zuhörer dem Vortragenden nur maximal zehn Minuten folgen können, werden völlig vernachlässigt. Denn dann benötigen sie entweder eine Pause oder einen neuen Impuls – wie ein Kurzvideo beispielsweise. Zudem ist es unmöglich, gleichzeitig zuzuhören und Folien abzulesen.

Bei jeder Präsentation geht es letztendlich nicht darum, was der Redner dem Zuhörer vermitteln will, sondern darum, was der Zuhörer tatsächlich mit nach Hause nimmt. Wenn der Zuhörer versteht, was er hört, und wenn er sich auch später noch daran erinnert und das Gehörte seine Art zu denken und zu handeln verändert, dann war die Präsentation ein voller Erfolg.

Statt mit konkreten Beispielen und Bildern zu arbeiten, verstecken sich viele Redner aber hinter abstrakten Wortungetümen. Oder unbestimmten Begriffen wie Gerechtigkeit oder optimale Kundenbindung.

 

Was Redner besser machen könnten

Würden sie dagegen konkrete Beispiele aus der Praxis verwenden, würden sie das Ziel transparent machen und die Zuhörer alles leichter behalten. Ein Formel-1-Auto, ein Fahrrad, ein Apfel sind dagegen Dinge, die mit den Sinnen wahrnehmbar sind, sie sind konkret.

Vertrauen – ein wesentlicher Baustein für die Akzeptanz der Botschaft – gewinnt der Redner, wenn er die Botschaft in einen bekannten Zusammenhang stellt. Etwa durch unerwartete, überraschende Bilder und Beispiele.

Entscheidend sind auch die Gefühle, die der Redner auslöst. Nichts bleibt nachhaltiger in Erinnerung und animiert zum Handeln als eine emotional fesselnde Geschichte. Nur was emotional verankert ist, bleibt im Gedächtnis hängen. Deshalb muss auch der Nutzen, die Benefits, für die Teilnehmer konkret herausgearbeitet werden. Einfachheit beinhaltet dabei die Fähigkeit, das Unnötige wegzulassen, so dass das Notwendige für sich alleine spricht.

 

Nur sieben Prozent des Gehörten bleiben hängen

Weil sie zu sehr mit dem Inhalt ihrer Präsentation beschäftigt sind, übersehen viele Redner ein wesentliches Detail. Nur sieben Prozent des Inhalts einer Präsentation bleiben beim Zuhörer im Gedächtnis. Dagegen werden 55 Prozent der Botschaft über die Körpersprache und 38 Prozent über die Stimme vermittelt. Die Körpersprache, die Art zu stehen, sich zu bewegen, zu atmen und zu artikulieren, hat entscheidenden Einfluss auf den Erfolg einer Präsentation.

 

Ein konkretes Beispiel: John F. Kennedy

Bei seiner Augurationsrede 1961 verkündete der Ex-US-Präsident John F. Kennedy, dass ein Amerikaner in einer Dekade auf dem Mond landen wird: diese Idee bleib haften. Diese Vision vom neuen, jungen Präsidenten motivierte und begeisterte Millionen Amerikaner. Die Botschaft erreichte sie auch emotional. Die Amerikaner befanden sich im Kalten Krieg. Die Russen hatten schon vor Jahren die Sputnik- Rakete ins All geschossen. Sie waren also den Amerikanern voraus. Das demütigte „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Für die Wirtschaft bedeutete das: Träume verkaufen, nicht Produkte. Diese Idee war auch unerwartet. Sie erzielte Aufmerksamkeit, denn sie kam völlig überraschend. Und der Weg zum Mond ist ein langer Weg. Die konkrete Entfernung von der Erde zum Mond beträgt 384.000 km. Das entspricht der achtfachen Erdumrundung. Jeder konnte sich bildlich vorstellen, welches weltweite Interesse und welche Anerkennung dieses Vorhaben bei Erfolg auslösen würde.

Die Zuhörer wollen nämlich nicht nur Fakten und Produkte hören. Sie wollen Stories, mit denen sie sich identifizieren können. Und ihre Aufmerksamkeitsspanne ist knapp, wie erwähnt. Die Vortragszeit darf maximal zwölf Minuten betragen. Drei Kernthemen sind daher genug, drei bis fünf Folien mit je maximal sechs Wörtern reichen. Was zählt, ist die Kraft der Vorstellung von der Zukunft und die Fähigkeit, sie überzeugend zu kommunizieren.

Über den Autor: Reinhard F. Leiter ist Führungskräfte-Coach bei Selecteam und Experte für Organisationslehre und Personal, er war zuvor bei Bayer Group und Allianz

 

 

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*