„Davos muss soziale Ungleichheit thematisieren“, widerspricht CNN-Kultmoderator Richard Quest (Gastbeitrag) IV.

Davos muss soziale Ungleichheit thematisieren“ – Richard Quest, Anchorman von CNN International, widerspricht der Wirtschaftsredakteuerin Nina dos Santos, ebenfalls von CNN mit ihrem Beitrag im Management-Blog (Gastbeitrag Richard Quest, CNN International): https://blog.wiwo.de/management/2014/01/22/ausgerechnet-davos-will-soziale-ungleichheit-thematisieren-fragt-cnn-korrespondentin-nina-dos-santos-gastbeitrag/

Richard Quest versus Nina dos Santos

Richard Quest versus Nina dos Santos (Foto: CNN International)

Der US-Bankräuber Willie Sutton soll einst auf die Frage, wieso er Banken ausraube, ganz trocken geantwortet haben: „Weil da das Geld liegt“. Das Gleiche könnte man auch über Davos und die Frage der Ungleichheit sagen.

In Davos sind genau die richtige Adressaten

Vielleicht kann Nina es nur schwer akzeptieren, doch es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass es genau die Gäste sind, die am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnehmen, die etwas verändern können. Ganz ehrlich: Keine Demo und kein Protestmarsch der Welt machen auch nur den kleinsten Unterschied, wenn diejenigen, die die Regeln aufstellen, nicht durch gute Argumente überzeugt werden und beschließen, etwas zu unternehmen.

Und wenn es darum geht, die einflussreichen Leute dieser Welt zur selben Zeit am selben Ort zusammenzubringen, ist Davos genau richtig.

„Der Wohlstand muss der Menschheit dienen, statt sie zu beherrschen“

In Davos tagen während des WEF Staats- und Regierungschefs wie der britische Premierminister David Cameron, Japans Regierungschef Shinzo Abe, der australische Regierungschef Tony Abbott und die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff. Das sind die Menschen, die tatsächlich etwas bewirken können. Es gibt einen Grund, wieso Papst Franziskus seinen Kurienkardinal nach Davos schickt. Das Oberhaupt der katholischen Kirche bescherte uns das Zitat des Tages, als er mahnte, dass „der Wohlstand der Menschheit dienen müsse, statt sie zu beherrschen“.

Dabei handelte es sich keinesfalls um eine weltfremde Botschaft. Der Papst weiß: Wenn er einen Wechsel zu mehr Gerechtigkeit und Gleichheit erreichen will, muss er diejenigen, die die Macht haben, ins Boot holen, anstatt über die herrschende Ungerechtigkeit auf der Welt zu lamentieren und zu hoffen, dass ihm irgendjemand zuhört.

Es geht hier um Realität und nicht um Fantasie …

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Richard Quest beim WEF 2014 in Davos

Richard Quest beim WEF 2014 in Davos (Foto: CNN International)

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Spitzenleute aus der Wirtschaft wie Muhtar Kent von Coco-Cola, Carlos Ghosn von Renault-Nissan, Bob Dudley von BP und Aliko Dangote, der reichste Mann Afrikas, sind ebenfalls beim Gipfel in Davos. Diese vier Männer alleine beschäftigen weltweit hunderttausende Menschen.

Ihre Unternehmen bestimmen Arbeitsbedingungen und das Lohnniveau ganzer Industriezweige, häufig auch das von Geringverdienern. Wo sie hinlenken, werden andere Firmen folgen – dieser Effekt wird sich multiplizieren und kann Resultate liefern, die gar nicht mehr nur in Verbindung mit dem eigentlichen Unternehmen stehen.

Zudem sind regierungsunabhängige Gruppen wie die ‚Internationale Arbeitsorganisation‘ (ILO) und Nichtregierungsorganisationen wie „Oxfam International“ vertreten, die diese Punkte hart vorantreiben. So erregte die aktuelle Oxfam-Veröffentlichung, dass die 85 reichsten Menschen der Welt so viel besitzen wie die Hälfte der Weltbevölkerung, riesiges Aufsehen. Die Geschäftsführerin Winnie Byanyima erzählte mir, dass Oxfam nach Davos gekommen sei, um vor den ‚gefährlichen‘ Konsequenzen zu warnen, sollte es nicht gelingen, den Kreislauf aus Macht- und Vermögensprivilegen zu durchbrechen.

Nina, nachdem beim Forum in Davos alle wichtigen Leuten zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind, ist das die perfekte Gelegenheit, diese Themen anzusprechen.

Das Risiko der Ignoranz besteht sowieso immer

Natürlich besteht das Risiko, dass Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzenvertreter der Wirtschaft die Aufrufe nach größerer Gerechtigkeit ignorieren. Wenn sie das tun, dann verschließen sie aber auch die Augen vor den Warnungen, die Gruppen wie das WEF selbst veröffentlichen.

Im letzten ‚Global Risk Report‘, den das WEF jährlich erstellt, heißt es, dass die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich inzwischen zur größten Gefahr für die weltweite Stabilität geworden sei. „Besonders besorgniserregend sind die Einkommensunterschiede. Die Weltwirtschaftskrise und ihre Auswirkungen auf die Mittelklasse in den wirtschaftsstarken Staaten bereiten Sorge“, so das WEF.

Aus Selbstintersse am Absatz ihrer Produkte muss soziale Ungleichheit ein Thema auf der Agenda sein

Wenn man bedenkt, dass die meisten Unternehmen in den entwickelten Ländern auf die Mittelklasse angewiesen sind, um ihre Waren und Dienstleistungen in der Wertschöpfungskette zu verkaufen, handelt es sich bei den Firmen nur um brutales, aufgeklärtes Selbstinteresse, das Thema soziale Ungleichheit auf die eigene Agenda zu setzen. Die Rechnung ist eigentlich ganz simpel und reine Volkswirtschaftslehre: Globale Stabilität ist gleich globales Wachstum ist gleich Gewinn.

Also Nina, nenne mir bitte einen besseren Ort, an dem man sich beraten und besprechen kann – und zudem all jene davor warnen, dass sie eine Menge aufs Spiel setzen, wenn sie das Risiko eingehen und so fortfahren wie bislang.

Oder möchtest du vielleicht draußen in der Kälte stehen und mit dir selbst reden? Ich glaube, ich würde es vorziehen, mit den Leuten zu sprechen, die tatsächlich etwas verändern können.

Der Beitrag von Nina dos Santos im Management-Blog:

https://blog.wiwo.de/management/2014/01/22/ausgerechnet-davos-will-soziale-ungleichheit-thematisieren-fragt-cnn-korrespondentin-nina-dos-santos-gastbeitrag/

(Foto: CNN International)

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