Realitätsferne Top-Manager?

Ist Realitätsferne ein Einstellungskriterium für Top-Manager? Oder ist es eher die Gleichgültigkeit gegenüber den Vorgängen im eigenen Hause? Oder ist diese Form der Ignoranz sogar notwendig, um sich mit den großen Zielen nicht ablenken zu lassen von den Quisquilien des Alltags?

Einmal mehr ergibt eine Untersuchung – dieses Mal aus dem Hause Rochus Mummert – , wie sehr die Wahrnehmung der Unternehmenslenker und die ihrer Mittelmanager und dem Rest der Belegschaft auseinander gehen.

 

Verquere Top-Manager-Deutungen

By the way: Offiziell würde das auch keiner bestätigen. Deshalb sind derlei bad news auch nur über den Umweg anonymer Umfragen herauszubekommen. Und selbst dann geben auch eindeutige Umfragen noch mancherlei Spielraum für verquere Top-Manager-Deutungen:

Machen beispielsweise Mitarbeiter bei einer Firmenumfrage nicht mit, so deuten manche Manger das als totale Zufriedenheit – ansonsten würden die Leute ja teilnehmen, so die lapidare Antwort. Dass dagegen diese schweigende Zahl von Leuten in Wirklichkeit die allerfrustriertesten sind und allein deshalb nicht mitmachen, weil „sich noch nie nach einer Umfrage etwas zum Besseren ewendet hat“ und allein das Ausfüllen schon „reine Zeitverschwendung“ sei. Noch Fragen?

 

Alles super – findet aber leider nur der Chef

Doch zurück zur Rochus-Mummert-Untersuchung: Danach glauben 100 Prozent aller befragten Vorstände und Geschäftsführer, dass ihr Unternehmen die Innovationsfähigkeit von allen Mitabeitern fordere. Komisch nur, dass lediglich 42 Prozent der leitenden Angestellten und 33 Prozent der Mitarbeiter derselben Ansicht sind.

Hinzukommt:  Ihre  eigene Rolle schätzen die Top-Manager fragwürdig ein: Nur 13  Prozent der befragten Vorstände und Geschäftsführer glauben von sich,  sie seien in puncto Innovationsfähigkeit auch Vorbilder, so die Rochus-Mummert-Studie. „Die übrigen 87 Prozent verlassen sich offenbar lieber darauf, dass ihre  Mitarbeiter gute Ideen haben und diese auch kommunizieren. Wer  Innovationsfähigkeit fordert und dabei selbst kein Vorbild ist, wird  für das Unternehmen zum Bremsklotz“, urteilt Hans Schlipat, Managing Partner bei Rochus Mummert. www.rochusmummert.com

Wie verwerflich diese Ignoranz des Top-Managements ist, zeigt sich vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse. Denn zwischen dem Unternehmenserfolg und einem innovationsfreundlichen Klima, zu dem alle etwas beitragen, besteht nach der Rochus-Mummert-Studie ein klarer Zusammenhang: „Je  geringer das Firmenwachstum nach Einschätzung der Befragten ist, umso  seltener verlangt die Unternehmensspitze Innovationsfähigkeit von  allen Mitarbeitern. Bei Unternehmen mit weit  überdurchschnittlichem  Wachstum verhält es sich genau umgekehrt: Fast 80 Prozent von ihnen  fordern sämtliche Mitarbeiter vom Top-Management bis zum Angestellten auf, sich kreativ mit neuen Ideen einzubringen.“

 

Flaschenhals: Mittel-Manager

Wichtig ist dann aber auch noch, dass die Mittel-Manager nicht zum Flaschenhals werden und innovative Mitarbeiterideen ausbremsen, in der Schublade verschwinden lassen oder einfach die Leute entmutigen – aus welchen Motiven auch immer. Sei es aus Neid, Eifersucht oder Angst um die eigene Position.  Wer als Top-Manager dieses Verhalten verhindern will, baut ein Belohnungssystem auf, wonach Mittel-Manager belohnt werden für Mitarbeiter-Ideen, die sie weiter befördern und nach oben durchlassen.

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