Warum Bonuszahlungen nicht wirken und wie sich das Dilemma der Arbeitswelt trotzdem lösen lässt

Die Managementautoren Volker Kitz und Manuel Tusch („Psycho? Logisch!“) analysieren, warum Gehaltserhöhungen nicht wirken – und wie man Mitarbeiter trotzdem mit Geld motivieren kann. Ein Gastbeitrag.

 

Dass Ihre Mitarbeiter nicht genug Lob für die eigene Arbeit bekommen können, sich aber noch nie jemand bei Ihnen für sein Gehalt bedankt hat – das wundert Sie schon gar nicht mehr. Aber dass Frau Raffer nach der mühsam durchgeboxten Gehaltserhöhung kein bisschen freudiger und engagierter arbeitet, das ist dann doch frech. Psychologisch betrachtet aber kein Wunder: Schuld ist der „Korrumpierungseffekt“. Damit beschreiben wir die Beobachtung, dass äußere Anreize eine innere Motivation schwächen oder gar zerstören können.

Als Motivation bezeichnen wir grundsätzlich den Antrieb, Ziele zu verfolgen und bestimmte Dinge zu tun. Grundsätzlich unterscheiden wir dabei zwischen sogenannter „intrinsischer“ und „extrinsischer“ Motivation.

Die intrinsische Motivation kommt aus uns selbst heraus: Wir tun etwas, einfach weil wir es gern tun, es interessant oder sinnvoll finden. Das ist natürlich der Idealzustand, sowohl für uns selbst als auch für andere. Wir gehen dabei ganz in unserem Tun auf – und jeder, der von unserer Tätigkeit profitiert, hat großes Glück!

Die extrinsische Motivation hingegen kommt von außen: Wir tun etwas, das wir von uns aus eigentlich nicht tun würden. Wir tun es entweder, um dafür belohnt oder um nicht bestraft zu werden.

Intrinsische und extrinsische Motivationen können grundsätzlich nebeneinander wirken – jemand kann natürlich und zum Glück auch gern zur Arbeit gehen, obwohl er dafür Geld bekommt. Doch je höher der Anteil der intrinsischen Motivation ist, desto besser fahren alle Beteiligten damit. Und vor allem: Desto wahrscheinlicher ist es, dass wir die betreffende Sache auch weiterhin tun, wenn die äußere Belohnung einmal wegfallen sollte.

 

Der Korrumpierungseffekt

Hier kommt nun der Korrumpierungseffekt ins Spiel: Bekommen wir für etwas, das wir bisher freiwillig und gern getan haben, plötzlich eine Belohnung, so bewertet unser Gehirn diese Tätigkeit auf einmal neu. Es sagt sich: „Sooo toll kann ich diese Tätigkeit ja auch wieder nicht finden, wenn ich sie gegen eine Belohnung mache.“

Wie kommt es zu diesem Prozess? Kaum sind wir auf der Welt, wird uns eingetrichtert: Belohnungen gibt es für die Dinge, die wir nicht gern tun, die unangenehm sind! Wir dürfen fernsehen, wenn wir unser Zimmer aufgeräumt haben; wir dürfen draußen spielen gehen, wenn wir den seltsam schmeckenden Spinat heruntergewürgt haben; und wenn unsere Hausaufgaben fertig sind, gibt es ein Eis oder ein Stück Schokolade. Das geht so weiter und gipfelt darin, dass viele ihr späteres Gehalt ganz offen als „Schmerzensgeld“ oder „Schweigegeld“ bezeichnen. Für angenehme Dinge, wie zum Beispiel das Fernsehen selbst oder fürs Computerspielen oder Internetsurfen, wurden wir hingegen nie belohnt. Die Verbindung zwischen „Belohnung“ und „unangenehmer Tätigkeit“ ist damit fest in unserem Bewusstsein verwurzelt.

 

Warum Belohnung die Freude an der Sache nimmt

Weil das so ist, „korrumpiert“ eine äußere Belohnung unsere eigene Bewertung einer Situation: Wir verlieren plötzlich die Freude an der Sache. Im Laufe der Zeit konzentrieren wir uns immer stärker darauf, die Belohnung zu bekommen, als darauf, dass wir Freude an der Tätigkeit haben. Die Folge: Fällt die Belohnung irgendwann einmal weg, so stellen wir die Tätigkeit ein. Gibt man in einem Experiment zum Beispiel Kindern ein Mathematik-Lernspiel, so beschäftigen sich die Kinder damit am Anfang stark, weil es ihnen Spaß macht. Dann belohnt man sie einige Tage lang dafür, dass sie sich mit dem Lernspiel beschäftigen. Am Ende stellt man die Belohnung wieder ein und schaut, wie sehr sich die Kinder dann noch für das Mathematik-Lernspiel interessieren. Das Ergebnis: Ihr Engagement geht im Vergleich zum Anfang drastisch zurück.

Die Arbeitswelt kämpft seit jeher mit diesem Dilemma: Zielvereinbarungen, Bonuszahlungen und Gehaltserhöhungen sollen äußere Anreize für Leistung setzen. Das ist verrückt, wenn wir uns in Erinnerung rufen, dass ein rein intrinsisch motivierter Arbeitnehmer seine Arbeit am besten macht! Andererseits: Sollen gerade diese Menschen, die dem Arbeitgeber am meisten bringen, am wenigsten Geld bekommen? Das erschiene ungerecht. Dieses Dilemma ist bis heute nicht gelöst. Und so lange organisiert sich die Arbeitswelt vorsichtshalber weiterhin nach dem System des äußeren Anreizes.

 

Die Lösung: Überraschende Extrazahlungen – und Lob

Wollen Sie den Effekt austricksen und mit Geld wirklich motivieren, dann schütten Sie eine Extrazahlung unangekündigt aus: Wenn der Mitarbeiter gerade nicht damit rechnet, Sie es aber für richtig halten. Noch wirksamer und billiger ist übrigens ein überraschendes Lob: Es beflügelt den Mitarbeiter wie eine Droge. Und wird doch so selten genutzt.

 

 

Diese Effekte der Alltagspsychologie beschreibt der Bestseller von Kitz &  Tusch: „Psycho? Logisch! Nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie“, Heyne Verlag, 8,99 Euro, http://www.amazon.de/Psycho-Logisch-N%C3%BCtzliche-Erkenntnisse-Alltagspsychologie/dp/3453601793/ref=as_li_ss_cw?&linkCode=waf&tag=drkidrtu-21

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