Die Diva-Kundin von Luxusmarken muss 100 Prozent bekommen. Immer und mindestens.

Es gibt Gerichtsprozesse, da sollten zumindest Markenartikler zusehen, dass sie gar nicht erst passieren. Denn solche Prozesse sind öffentlich, jeder kann sich in den Saal setzen und zuhören. Womöglich gibts am Ende eine Pressemitteilung des Gerichts und die Marke kommt ins Gerede.

Und Luxusartikelhersteller sollten alles daran setzen, dass ein Fall wie dieser, den das Thüringer Oberlandesgericht bekannt gab (Aktenzeichen 1 U 389/09), gar nicht erst so weit kommt: Da hatte laut Nachrichtenagentur dpa ein Autofahrer einen Porsche Cayenne gekauft und immerhin die stolze Summe von 70 000 Euro investiert.

Was erwartet man dann? Dass sein Traumauto auch jeden Schnick und Schnack hat, von dem man eben so geträumt hat. Jeden. Und auf alle Fälle jeden, den man auch ausdrücklich bestellt hat.

Das ist für den einen die Farbe. Ein Bekannter von mir hat mal eine Ente – einen 2CV- bestellt, er dachte, in gelb – und was bei der Auslieferung vor ihm stand, war ein rotes Auto. Er war hell entsetzt, nahm den Wagen gar nicht erst an und machte auf dem Absatz kehrt. Kurze Zeit später bekam er seine gelbe Ente. Wie unglücklich wäre der Mann geworden, wenn er nicht „halt, stopp“ gesagt hätte und ein Jahrzehnt mit einem roten Auto herumgefahren wäre – und dem Gelben hinterher geweint hätte?

Wer ein Luxusprodukt bestellt, darf auch Luxus verlangen – bis ins letzte Detail

Eben. Für jemanden, der so viel Geld, 70 000 Euro, für ein Premiumfahrzeug ausgibt, für den gilt das umso mehr. Da muss jedes Detail stimmen, das er sich tagelang vorher im Internet ausgeguckt und ausgewählt hat – und wofür er so viel Geld auf den Tisch legt. In konkreten Fall hatte der Kunde der Luxusmarke als Sonderausstattung automatisch abblendbare Innen- und Aussenspiegel haben wollen – und auch bestellt. Aber nicht bekommen.

Der Porsche-Fan war offenbar so enttäuscht, dass er sein Geld zurück wollte. Denn Nachrüsten ging wohl nicht. Doch die Richter hatten für den enttäuschten Kunden kein Verständnis: Der Fahrzeugwert sei nur um weniger als ein Prozent gemindert und die Pflichtverletzung des Verkäufers „unerheblich“. Mag sein. Aber glaubt bei Porsche jemand, dass dieser Autofahrer, der statt seines Luxus-Traum-Autos nur ein Fast-Traumauto bekommt, dieses Detail vergessen und verzeihen wird? Kaum.

Wer ein Schiebedach bestellt hat und ein Auto ohne bekommt, wird jedesmal bei Sonnenschein daran erinnert werden. Wie schön es doch wäre, jetzt das Dach öffnen zu können und etwas Sonne abzubekommen? Jedesmal. Gnadenlos.

Wenn die Werbung das perfekte Produkt in der perfekten Welt zeigt

Denn: Warum kauft jemand ein Luxusprodukt? Weil jedes noch so kleine Detail eben doch sehr wichtig ist. Wer viel mehr Geld als nötig für ein Produkt ausgibt, darf dafür eben auch das erwarten, was ihm die Werbung immer suggeriert. Etwas Perfektes. Und wenn ein Hersteller solche Produkte im Baukastensystem anbietet, muss er sich eben auch drauf nageln lassen, wenn er einen Baustein vergessen hat.

Egal wie wichtig der Hersteller diese Nebensächlichkeit findet – wenn der Käufer eines Luxusprodukts auf eben dieses Detail scharf war und das auch bestellte, dann sollte eine Nobelmarke clever genug sein, sich auf ihre Diven-Kunden auch in dem Moment einzulassen. Denn derjenige wird ohnehin nicht mehr glücklich mit dem Produkt.


Wie hält man Kunden? Durch Generosität oder mit Recht-Behalten?

Wenn also so ein enttäuschter Liebhaber, sprich Kunde, das Auto lieber gar nicht will als eins ohne sein ersehntes Detail, sollte ein Premiumhersteller nicht plötzlich kleinlich werden. Gerade nach seinen starken Werbe-Leistungsversprechen.


Und er sollte alles tun, um keinen Flurschaden für die Marke anzurichten – schließlich sind solche Autonarren – man verzeihe mir hier diesen Ausdruck – untereinander äussert mitteilsam und lieben das Fachsimpeln. Und wer von seinem Freund oder in einem Forum im Netz hört, dass jemand ein wichtiges Detail trotz Bestellung nicht bekommen hat und dann auch die nächsten zehn Jahre ohne sein Traum-Detail auskommen muss – der wird sich überlegen, ob er das Schicksal teilen will. Oder lieber einen Maserati oder Ferrari oder sonstwas Schickes kauft.

Man vergleiche das Ganze mal mit einem Hermés-Produkt. Jene handgenähten Handtaschen, von denen manche Modelle Wartelisten von mehreren Jahren haben. Bei denen in jeder einzelnen ein Täschner an einer nicht sichtbaren Stelle sein persönliches Zeichen einritzt – weil er es ist, der diese Tasche zur Reparatur oder Nachbesserung zurück bekommt, wenn er nicht perfekt gearbeitet haben sollte. Angenommen solch einer Tasche würde ein kleines Schloß fehlen? Und ein Richter würde sagen: Ach, das ist doch nicht so schlimm. Sie wollten´s zwar dringend haben, aber man kann auch so etwas in die Tasche packen. Und schön ist sie auch. Nach dem Motto: Seien Sie nicht so pingelig.

Wer Luxusmarken kauft, will damit auf Nummer Sicher gehen

Dann braucht man auch nicht mehrere Tausend Euro für eine Hermés-Tasche sparen, sondern kann sich – sagen wir mal ein Longchamps-Modell kaufen, wie es zuhauf durch die Gegend getragen wird. Die sieht auch nett aus und das kann man auch etwas reinpacken, würde wohl ein Thüringer Richter sagen.

Das Gefühl ist es, was enttäuscht wird – und für dieses Gefühl zahlt der Luxusprodukt-Käufer eben ordentlich. Und er will keineswegs enttäuscht werden, da er doch auf Nummer Sicher gehen will, indem er eine Luxusmarke erwirbt.

Kennen Sie die Enttäuschung, wenn eine Speisekarte im Restaurant leider nicht korrekt formuliert war – und zum Beispiel eine Vorspeise ganz anders daherkommt, als Sie es sich vorgestellt hatten? Für einen zweistelligen Betrag? Wenn der Salat mit Fois gras eine warme, gebratene Fois gras enthält – und der Feinschmecker eine Kalte erwartet hatte? Würde es um eine Fritattensuppe gehen – ok. Aber so?


Oder wenn das Wiener Schnitzel eben doch kein Wiener Schnitzel (mit Kalbfleisch) ist, sondern in Wirklichkeit eins „Wiener Art“ (mit Schweinefleisch). Man hat sich drauf gefreut – und wird enttäuscht. Und zahlen muss man´s auch noch.

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Alle Kommentare [1]

  1. „Service-Wüste“ Deutschland trifft eben leider Gottes auf viele Bereiche immer noch zu. Recht behalten ist für viele nach wie vor wichtiger als Kunden zufrieden stellen. Wie genieße ich es, wenn ich in den USA bin und mich wirklich ohne schlechtes Gewissen als Kunde fühlen darf.