Die Quittung für die Kostenspar-Helden

Wo über zehn Jahre lang landauf landab in allen Unternehmen nur Kosten reduziert, Leute entlassen und Belegschaften reduziert werden, kann die Qualität von Produkten und Dienstleistungen einfach nicht gehalten werden. Und schon gar nicht steigen. Das ist eine Art Naturgesetz – auch wenn die Unternehmensberater für viel Geld seit Jahren erfolgreich versuchen, das Gegenteil weiszumachen. Gerade heute meldete die Nachrichtenagentur Reuters aus einem Interview des Deutsche-Bahn-Chefs Rüdiger Grube in der „Bild am Sonntag“: Die Zulieferer der deutschen Bahn liefern miese Technik, prangert Grube seine Vertragspartner an. Diejenigen, die die Bahn selbst ausgesucht hat. Und wo sie bei der Auswahl womöglich oft eher dem Billigsten statt dem Besten den Zuschlag gegeben hat.

In solch einer Position gegenüber der Öffentlichkeit den Enttäuschten und Unschuldigen zu geben, ist mehr als frech. Auch die Bahn dürfte ihren Managern für ihre Einsparungen besondere Prämien gezahlt haben – statt besonders weitsichtiges, aber eben teureres Verhalten zu belohnen, das auf Qualität zielt. Im Klartext: So hat das Top-Management das Sparen um jeden Preis im System fest verankert, Umgehen ist gar nicht möglich.

Wer nicht bedenkt, dass auch seine Vertragspartner leben können müssen und brachial die Daumenschrauben ansetzt, braucht sich nicht wundern, wenn diese die Qualität ihrer Produkte absenken. Die Rechnung ist doch ganz einfach: Wer einen Blechring bezahlt, bekommt kein Weissgold geliefert. Und der darf sich dann auch nicht darüber beschweren.

Oder noch anders aufgezäumt: Wer schlechte Ware für gutes Geld bekommt – und das laut Gube bei 90 Regionalzügen, die nun alle mangels Zulassung vom Eisenbahnbundesamt herumstehen – , mahnt die vereinbarte Qualität an. Wird die dann immer noch nicht geliefert, kommt man raus aus dem Vertrag, kann Schadenersatz verlangen undsoweiter. Was die Anwälte so draufhaben. Jedenfalls sollte es rasch gehen, um den Schaden zubegrenzen.

Über die Details kann man nur spekulieren. Warum es nicht so abläuft, sondern stattdessen öffentlich Anklage gegen ungenannte Schädiger erhoben wird. Und wenn es denn stimmen sollte, dass die Bahn so ganz unschuldig an dem Dilemma sein sollte: Warum benennt sie die Zulieferer nicht,  die sich so negativ verhalten? Richtig, weil die Bahn eben nicht unschuldig daran sein dürfte.

Ein Automobilzulieferer, der zu sehr im Preis gedrückt wurde, taucht die Teile dann eben nicht mehr dreimal in drei verschiedene Galvanikbäder, sondern legte zwei Teile nur einmal in ein- und dasselbe Galvanikbad. so sparte er wiederum dann Kosten. Doch diese Teile rosten dann nach zwölf M;onaten im Einsatz auf der Straße – an einem Premiumwagen. Auch da tobte der Autobauer erst mal, obwohl er das Ausweichverhalten selbst provoziert hatte. Merke: Wer nicht im Auge hat, dass seine Vertragspartner auch noch am Leben bleiben können, dem werden sie nach und nach ausgehen – oder eben mit der sinkenden Entlohnung auch die Qualität absenken. Das betrifft nicht nur Rüdiger Grube, sondern alle die Kostenspar-Helden.

Ganz abgesehen davon, dass es nicht gerade eine kluge Selbstdarstellung in der Öffentlichkeitsarbeit ist, die Schuld abzuschieben – auf wirtschaftlich schwächere Vertragspartner, denen die Bahn keineswegs ausgeliefert sein dürfte. Im Gegenteil.

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