Aus der Reihe „Kaputt gespart“. Dieses Mal: Krankenhäuser

Wieder so ein Beispiel aus der Reihe „Kaputt gespart“: Die Hygiene in etlichen Krankenhäusern ist alarmierend, teilte EU-Gesundheitskommissar John Dalli jetzt der Öffentlichkeit mit. Jedes Jahr würden in der EU rund 37 000 Menschen an Krankenhausinfektionen sterben, 4,1 Millionen Patienten infizierten sich durch Krankenhauskeime.

Eine der Hauptursachen: Die Personaldecke ist zu dünn. Das bedeutet vermutlich: Zu wenige Putzteufel müssen zu viel sauber machen, also werden eben die Ecken rund geputzt – oder eben mal gar nicht. Eigene Krankenhausangestellte wurden entlassen und externe Dienstleister – der Billigste gewinnt, nicht etwa der Beste – richten´s für weniger Geld. Nebenbei bemerkt: Wie anders sollte auch zu erklären sein, dass Menschen in deutschen Krankenhaustoiletten sterben und dort tagelang nicht mal gefunden werden? Spricht das etwa für die vorgeschriebene tägliche Säuberung?

http://www.wiwo.de/blogs/management/2009/03/15/unentdeckte-leichen-in-kliniken-immer-weniger-leute-schaffen-die-arbeit-immer-besser-pustekuchen/

Und schwupps, was fällt den Politikern und Lobbyisten in Deutschland ein, um diesen Missstand zu beheben? Spontan würde man als Laie an mehr Mitarbeiter denken. Aber das tun nur Laien.

Oder weiter: Kein Outsourcen mehr von einer der wichtigsten Basics – der Sauberkeit – an Fremdfirmen, um die Verantwortung abzuschieben und praktischerweise auch gleich Geld zu sparen.

Nebenbei gefragt: Bekommen auch Krankenhausmanager Prämien für Einsparungen, egal woher sie kommen? Und egal wie kurzsichtig sie sind und egal wie existenzgefährdend auf lange Sicht?

Outsorcing mag biller sein, aber auch riskanter

Was noch im Argen liegt: Krankenhäuser setzen offenbar selbst für Tätigkeiten wie das Essen-Bringen und -Abräumen auf Fremdfirmen und die wiederum auf ungelernte Zeitarbeitskräfte ohne nötige Grundqualifikation. Und denen Hygieneregeln unbekannt sind.

Und was fällt den Politikern ein? Ein „standardisiertes Melderegister zu Krankenhausinfektionen“, sprich ein Zahlenwerk – so als ob das an sich schon auch nur eine einzige Infektion verhindern könnte. Echt zielführend. Was soll man mit dem Zahlenwerk, wenn trotzdem kein einziger Putzteufel mehr da ist? Oder die vorhandenen Putzteufel nicht mehr Zeit pro Zimmer bekommen?

Erst am Schluß kommt eine produktive Idee – die eigentlich von den Niederländern stammt, die nämlich dieses Krankenhauskeime-Problem – dem Vernehmen nach – nicht haben: Sie untersuchen die Patienten auf multiresistente Keime, noch bevor sie überhaupt in die Klinik dürfen.

Es wäre ein Weltwunder: Gelungene Qualitätsoffensiven ohne Geld und mit weniger Leuten

Auch Pflegepersonal wurde nach massenhaften Entlassungen den vergangenen Jahre überall eingespart: 50 000 in den vergangenen 15 Jahren. Die Folge: Die Verbliebenen müssen immer mehr Arbeitspensum schaffen und haben oft schlicht keine Zeit mehr für Hygienemassnahmen.

Georg Baum, Chef der deutschen Krankenhausgesellschaft urteilte denn auch in der „Welt“: „Den Krankenhäusern geht es ein wenig wie der Deutschen Bahn – sie wurden in den letzten 15 Jahren ausgequetscht, und sollen eine Qualitätsoffensive starten, ohne mehr Geld ausgeben zu können.“ Und er weist darauf hin, dass weitere Einsparungen in Milliardenhöhe bevor stehen – obwohl Bereiche wie die Pflege längst ausgereizt seien. Und wenn das selbst ein Lobbyist zugibt…wer möchte da noch in eine Klinik gehen. Das Dumme ist nur, man hat meist keine Wahl und ist erst recht nicht gerade wehrfähig, wenn er dort liegt.

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