In guten wie in schlechten Zeiten: Wollen Sie diese Firma heiraten?

In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen die Herzen ihrer Arbeitnehmer verloren – durch Massenentlassungen, Weihnachtsgeldkürzungen oder -streichungen, durch ständies Verschlechtern der Arbeitsbedingungen und das alles mit kaltem Lächeln. Begleitet mit Kommentaren in der Öffentlichkeit wie „Wir haben mehrere hundert Leute entlassen (in Klammern: das tut dem Börsenkurs gut, denn der geht sofort hoch) – aber dafür liefern wir unseren Kunden jetzt mehr noch mehr  Qualität.“ Und jeder Mitarbeiter wusste, das geht a) auf seine Knochen mit Arbeitsverdichtung undsoweiter und b) die Qualität kann gar nicht steigen, sondern muss leiden.

Vertrauen verloren, die Faust in der Tasche ballen

Das waren die Momente, in denen die Unternehmen das Vertrauen ihrer – verbliebenen – Leute einbüßten. Diejenigen, die immer mehr Kollegen vermissten und wussten, als nächstes kann man ganz schnell selbst dran sein und zum Streichposten werden. Ganz egal, wieviel man selbst als Mitarbeiter jahrelang investiert hat in die Firma, sich eingesetzt hat, unbezahlte Überstunden geleistet hat undsoweiter. Denn plötzlich zählt in den Unternehmen nicht mehr der Credit, den ein Mitarbeiter über Jahre sich verdient hat – nichts aus der Vergangenheit zählte mehr. Das Wort „verdienter“ Mitarbeiter und die wertvolle Uhr zum Dienstjubiläum verschwanden. Ersatzlos. Und die Belegschaften ballten die Faust in der Tasche – siehe diverse Studien, die in diesem Blog erwähnt wurden zur Loyalität von Mitarbeitern europaweit –  und schworen sich, wegzuwechseln, sobald sich die Chance bietet. Und sie warteten auf den Zahltag.

Der Wind dreht sich jetzt langsam

Nun kommen die ersten lautstarken Meldungen von Verbänden und Unternehmen über den – selbst verschuldeten – Facharbeitermangel in den Betrieben und über die ersten Auswirkungen der Demographie. Die Mitarbeiter sehen einen Streif am Horizont – nach vielen Jahren Angst um die Existenz und mit dem Damokles-Schwert über sich.

Den Mitarbeitern Respekt zollen

Und just in diesem Moment kommen einige wenige Unternehmen, die schon wieder richtig gute Zahlen schreiben und lassen Mitarbeiter von sich aus vom Positivtrend profitieren. Siemens etwa zahlt nun eine einmalige Zusatzprämie je Mitarbeiter von bis zu 1000 Euro. Und die nächste Lohnerhöhung soll auch eher kommen als geplant. Siemens-Chef Peter Löscher findet plötzlich Worte, die die Mitarbeiter vermutlich jahrelang vermisst und herbeigesehnt haben:  „Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebührt mein tiefster Respekt und Dank für diese Leistung in der schwierigen Zeit.“  Insgesamt will der Konzern den Mitarbeitern weltweit rund 310 Millionen Euro auszahlen. Auch der Betriebsrat applaudiert öffentlich.

Ein sehr cleverer Schachzug im rechten Moment. Damit investiert Löscher in die firmeneigene Zukunft. Er versucht, die Herzen zurück zu erobern. Und damit sie weniger empfänglich werden für Abwerbe-Angebote der Konkurrenz. Google zahlt auch 1000 Euro pro Mitarbeiter und nennt sie „beste Mitarbeiter der Welt“.

Zahltag

Nach dem 11.September gab es eine Firma in New York, die viele Mitarbeiter bei dem Unglück verloren hatte und dann ganz schnell dringend Leute brauchte, um das Unternehmen am Leben zu halten, um es zu retten. Was machte der Chef? Er richtete einen Appell an frühere Mitarbeiter und beschwor sie. Und was passierte? Etliche hatten immer noch so gute Gefühle dem Unternehmen gegenüber, dass sie tatsächlich zurückkamen und halfen. Ob die Massenentlasser der vergangenen Jahre auch so viel Loyalität erwiesen bekämen? Zumindestens diejenigen, die taggleich ordentliche Gewinne und hunderte Entlassungen bekannt machen, wohl eher nicht.

Auch Google will seinen Leute je 1000 Euro Prämie zahlen und obendrein eine Lohnerhöhung von 10 Prozent – „für die besten Mitarbeiter der Welt“:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-Mitarbeiter-bekommen-10-Prozent-mehr-Gehalt-1133751.html

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