Wenn keiner den Chef versteht – und vom Erfolg von Chefs, die verstanden werden

In etlichen Unternehmen jagd eine Reorganisation die nächste. Die teueren Pläne der einen Unternehmensberatung lösen die der nächsten ab – dabei sind die jeweiligen Ratschläge oft nur das Gegenteil der Ratschläge des vorherigen Beraters: a, dann b, dann wieder a. Und zwischendurch werden bewährte Usancen wieder hervorgeholt, die ohne Sinn und Verstand ad acta gelegt wurden – und umgekehrt. So kann sich ein Unternehmen ganz prima mit sich selbst beschäftigen, jahrelang und ohne einen Blick auf den Markt oder eine Frage an die Kunden zu richten. Management-Guru Reinhard Sprenger meint, dass es Unternehmen gibt, die sich fünf Jahre nur mit sich selbst befassen können – ehe sie merken, dass draussen schon längst kein einziger Kunde mehr für sie ist.

Zu diesem Bild passt fatalerweise das Ergebnis einer Studie von Damovo Deutschland und Cisco Systems („Handelsblatt Trend Change Management“): „Deutsche Chefs erreichen ihre Mitarbeiter nicht mehr“, heisst es da.  Denn 61 Prozent der deutschen Führungskräfte glauben, dass sie den Mitarbeitern notwendige Veränderungen im Unternehmen gut vermitteln.

Nur: Leider sind deren Belegschaften ganz anderer Meinung. Nur 37 Prozent der Mitarbeiter fühlen sich über die Neuausrichtung ihrer Arbeitgeber ausreichend informiert. Schade auch.

Zumal derzeit – so die Studie – 82 Prozent der Firmen erhebliche Veränderungen wie Kostenkürzungen durchleben. Denn vor allem bei „unpopulären Sparmaßnahmen gilt es, die Mitarbeiter nicht nur ausreichend zu informieren, sondern sie auch einzubeziehen“, so die Studie. Und das funktioniere mit unpersönlichen Kommunikationsmitteln wie Mails, Intranet oder Mitarbeiterzeitung eben nicht.

Beispiele in der Vergangenheit wie der Laborausrüster Sartorius in Göttingen oder Spezialchemiehersteller Sachtleben in Duisburg zeigten schon eindrucksvoll, dass es sich lohnen kann, die Mitarbeiter von vornherein mit ins Boot zu holen und ihnen alle karten – ausnahmslos – auf den Tisch zu legen. Und dazu gehörten alle Fakten über Auftragsbestände, Umsätze undsoweiter. Beide Firmen schrieben einst rote Zahlen und schafften es, mit totaler Transparenz gegenüber ihren eigenen Leuten, ihr Schiff auf Kurs zu bringen und wieder in die Gewinnzone zu steuern.

Denn: Schließlich wird von denselben Mitarbeitern auch im Alltag verlangt, dass  sie als mündige  Bürger zurecht kommen. Dazu passt es schlecht, wenn sie im Job wie Dummchen behandelt werden – ganz abgesehen davon, dass sich doch eigentlich jeder Unternehmer mitdenkende und loyale Arbeitnehmer wünscht. Zu Recht.

Auch Ulvi Aydin, Geschäftsführer der Porzellanmanufaktur Goebel, die sich derzeit aus der Insolvenz hoch kämpft, traute sich kürzlich auf diesen Weg: Bei Aydin gibt es heute „feste Zeiten, in denen ich meine Mitarbeiter mit relevanten Informationen versorge und nur für ihre Fragen zur Verfügung stehe“, erzählt er. Und nun interessieren sich „alle dafür, wie hoch die Umsätze in den einzelnen Ländern sind, wo es Probleme mit faulen Kunden gibt, welche Erfolge wir erzielt haben“, berichtet er weiter. Auch untereinander interessieren sich jetzt die Abteilungen viel mehr füreinander, beobachtet der Manager. Und dass die Belegschaft diese Strategie der Transparenz zusammenschweisst.

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Alle Kommentare [2]

  1. Liebe Frau tödtmann,
    Sie beweisen mit Ihren Themen immer bestes Gespür. ein wahrlich ganz großes Thema. ich hätte noch 1-2 gute cheftipps für sie, aber leider überwiegend ja die Sphinx-Beispiele…Der Chef – das rätselhafte Wesen…

    lg, ai

  2. Liebe Frau Tödtmann,
    das sind genau die Probleme in den meisten großen, deutschen Unternehmen. Herr Aydin bringt die Vorteile einer emotionalen Kommunikation auf den Punkt.
    Viele Grüße Carl Mühlner, Geschäftsführer Damovo Deutschland und Schweiz