Die Arbeitswelt heute macht immer mehr Menschen krank: Elf Prozent aller Fehltage von gesetzlich versicherten Arbeitnehmern sind verursacht durch psychische Erkrankungen. Konkret: Zu viel Stress im Job, schlechte Bezahlung und wenig Anerkennung machen die Mitarbeiter krank, ergibt eine Analyse der Bundespsychotherapeutenkammer. Entsprechend hoch sind die Behandlungskosten: Sie schlagen mit vier Milliarden Euro Euro jährlich zu Buche. Wer depressiv ist, so die Kammer, fehlt 35 bis 50 Tage im Jahr. Meist sind Frauen betroffen. Männer greifen dagegen eher zu Alkohol oder flüchten sich in eine andere Sucht.
Im Detail: Zu viel Stress im Job, schlechte Bezahlung und wenig Lob machen nach einer Analyse der Bundespsychotherapeutenkammer immer mehr Menschen in Deutschland psychisch krank. Bereits elf Prozent
aller Fehltage gingen auf das Konto der steigenden psychischen Belastung in der modernen Arbeitswelt, teilte die Vereinigung mit. Damit habe sich die Zahl solcher Krankschreibungen seit Mitte der 90-er Jahre fast verdoppelt. Für ihre Analyse hatte die Kammer Daten großer gesetzlicher Krankenkassen ausgewertet. Die Behandlungskosten für depressive Störungen lägen inzwischen bei mehr als vier Milliarden Euro im Jahr.
Als eine Ursache für die langen Fehlzeiten sehen die Psychotherapeuten wachsende Anforderungen im Job. Besonders oftig führe eine Vielzahl verantwortlicher Aufgaben unter Zeitdruck, aber mit geringem Einfluss auf die Arbeit zu psychischer Belastung. Beschwerden häuften sich, wenn dazu noch schlechter Lohn, wenig Anerkennung für die Arbeit, kaum persönliche Wertschätzung und minimale Aufstiegschancen kämen. Solche Belastungen bringe vor allem der Dienstleistungssektor inklusive Pflegejobs mit sich.
Psychische Leiden könnten aber auch Menschen treffen, die in ihrem Job mit vielen unkalkulierbaren und negativen Erlebnissen zu tun haben. Als Beispiel nannte Richter eine Telefonistin, die sich im Minutentakt mit unzufriedenen Kunden auseinandersetzt. Nicht weniger belastend für die Seele ist es der Analyse nach, gar keinen Job zu haben – oder ständig um den Arbeitsplatz fürchten zu müssen.
Ein entscheidender Faktor für ein Erkrankungsrisiko bleibe bei allen Jobs, welchen Stellenwert ein Mensch der Arbeit in seinem Leben einräume, betonte Richter. Arbeitnehmer, die in ihrer Partnerschaft oder einem Hobby große Erfüllung fänden, litten seltener unter Psycho-Stress, selbst wenn sie eine wenig geliebte Arbeit verrichten. Und je mehr die Schere zwischen aufopferndem Einsatz für den Job und einem angemessenen Gehalt klafft, umso schlimmer. Ebenso wichtig wie das Gehalt sind daneben die Wertschätzung des einzelnen sowie seine Aufstiegschancen und die Sicherheit des Arbeitsplatzes.