Ängstliche Präsentisten

Sind Sie Helden oder haben Sie einfach Angst? Diejenigen, die sich trotz Erkrankung in die Firma schleppen. 42 Prozent aller Arbeitnehmer sind in den vergangenen zwölf Monaten zweimal oder öfter trotz Krankheit zur Arbeit gegangen, hat die Bertelsmann Stiftung jetzt erforscht. www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-F2C10950-EB8B28FF/bst/hs.xsl/nachrichten_97657.htm Und dass es mehr Singles als Paare oder Familienmitglieder waren. Womöglich weil Singles sich zuhause alleine mopsen vor Langeweile?Die Umfrage benennt als Motiv dieser Menschen, die so hart gegen sich selbst sind, vor allem das Pflichtgefühl. Weil sie wissen und fürchten, dass sonst die Arbeit liegen bleibt.
Und schwupps gibt es auch schon einen Ausdruck für diese Pflichtbewussten, der schon selbst wie ein eigenes Krankheitstbild klingt: Präsentismus heisst das Phänomen und Präsentisten nennen die Wissenschaftler diese Leute, die so hart im Nehmen sind und so unerbittlich gegen sich selbst.
Oder ist dies nur der Schein, der trügt? Sind die Krank-Arbeiter tatsächlich nur derart ängstlich, dass sie sich nur nicht trauen, sich zuhause auszukurieren und der Arbeit fern zu bleiben?
Es gibt einen Hinweis dafür: Und zwar dass Selbständige – diejenigen, die keinen Chef fürchten müssen und auch sicher vor Entlassung sind – nur in 52 Prozent der Fälle krank zur Arbeit gehen. Bei den Arbeitnehmern sind es mit immerhin 74 Prozent signifikant mehr, zeigt die Bertelsmann-Stiftung-Untersuchung.
Und noch ein Indiz gibt für diese Angst-These: 65 Prozent der Befragten berichteten über positive Erfahrungen. Und dass sie auf Hilfe und Unterstützung bei Kollegen sowie auf Verständnis bei Vorgesetzten hoffen konnten. Diejenigen, die mit besonderer Arbeitsfreude gesegnet sind und sich über ein gutes Betriebsklima freuen können, bleiben im Krankheitsfall umso eher auch zuhause.
Ein Ergebnis der Studie: Die Präsentismus-Kosten liegen für die Unternehmen höher als die Kosten, die infolge von Krankmeldungen anfallen. Der versteckte Rat der Bertelsmann-Stiftung lautet: Ambitionierte Chefs sollten für ein gutes Betriebsklima und angenehme Atmosphäre sorgen, damit Kranke sich auch trauen, krank zu sein. Und so ihrer Firma Kosten sparen helfen.

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Alle Kommentare [1]

  1. Was ich nicht verstehe, ist wieso Journalisten Zeug von solchen Möchtegern-Nebenregierungen wie die Bertelsmann Stiftung (oder die INSM) überhaupt berücksichtigen. Oder wenigstens hinterfragen, welchen finsteren Zweck die diesmal verfolgen.

    In medizinischen Quellen liest sich das übrigens anders:
    https://de.hartmann.info/krankschreibung_nach_einer_varizenoperation.php

    Wie die Autoren der Studie betonen, war schon von anderen chirurgischen Operationen bekannt, dass die Rekonvaleszenz von Selbstständigen und höher qualifizierten Angestellten kürzer ist als die von Arbeitern. Doch bestünden nicht nur zwischen verschiedenen Berufsgruppen Unterschiede. Entscheidend sei auch, ob der Patient im Falle einer Krankschreibung seinen Lohn weiter erhalte.