10 Jahre Triathlon. Warum ich den Sport beende. Und drei Tipps für alle Anfänger.

Ein Rennen habe ich vermutlich zuletzt Mitte/Ende der 70er Jahre auf 100 Meter Rücken bei Vereinsmeisterschaften gewonnen. Seitdem Mittelfeld bis letzter Platz, das war alles, was drin war, deswegen ist es auch nur folgerichtig, dass ich mit dem Jubiläumstext ein paar Tage zu spät dran bin. Am 17. Juli 2011 startete ich bei meinem ersten Triathlon, der Olympischen Distanz in Hamburg. Ich werde nicht müde zu erzählen, dass ich auf der Rückfahrt im Zug in Höhe der Elbbrücken für mich entschloss, herauszufinden, ob ich eine Langdistanz schaffen kann. Es schien mir unvorstellbar.

Nun ist es sicher nicht unangemessen, zurückzublicken, inne zu halten und auch zu überlegen, wann ich mit dem Sport aufhöre. Die runden Daten lösen diese Reflektionen in Menschen aus.

TIPP 1: Kaufen Sie nie neue Kleidung nach dem Saisonhöhepunkt

Viel wichtiger aber ist es, nochmal zu vergegenwärtigen, was ich erlebt habe, was ich mir mit dem Sport geschenkt habe an Abenteuern, Begegnungen und Erkenntnissen.

In der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 2011 habe ich sehr schlecht geschlafen. Ich träumte von kaltem dunklem Wasser, in das ich springen müsse. Und ganz so viel anders kam es dann auch nicht. Die Alster wird um die kuschelige 18 Grad gehabt haben und ich beim Start auf dem Steg am Jungfernstieg einer der ganz wenigen, die dachten, das ging auch in Badehose. Ging es dann ja auch. Mit einer im Prinzip indiskutablen Zeit von 31 Minuten bin ich zunächst losgekrault und dann die Hälfte der Strecke Brust geschwommen. Ich wollte mir das alles erstmal anschauen und war nun soooo viel langsam auch nicht als die anderen Schwimmer in Sichtweite. Auf meinem alten Alurennrad ging es dann hoch die doch erstaunlich hügelige Reeperbahn. Die 10 Kilometer Alsterrunde stand unter dem Motto „Hauptsache ankommen“. Was mit einer Laufzeit von 59 Minuten und einer Gesamtzeit von 3:07.48 auch gelang.

Ich bin an gleicher Stelle 2013 unter 2:30 geblieben, ich bin im gleichen Jahr in einem Stadtlauf mit 39:38 unter den magischen 40 Minuten auf 10 Kilometer geblieben, 2015 konnte ich meine Marathonbestzeit mit 3:14.XX erzielen. Damit sind wohl meine in Kennzahlen zu erfassenden Erfolge umrissen, als Bestzeit in einer Langdistanz steht eine 11:23. Ich bin 63 Kilometer gelaufen mit Thomas, ich bin 100 Kilometer gelaufen mit Jens. Ich bin 100×100 Meter (also 10 Kilometer) mit Claudia und Sina geschwommen.

Kennziffern helfen meiner Umgebung, einzusortieren, was ich da mehr oder minder erreicht habe. Es gibt jedoch keine einzige Zahl, die beschreiben könnte, was man als Athlet gemeinsam mit seiner Familie und seinen Freunden durchlebt, durchleidet, bejubelt, bezweifelt, bekämpft, überwindet. Es sind jedoch genau diese Dinge, die den Sport für Hobbyathleten attraktiv machen und ihn dazu bringen, sich immer wieder dem Training zu stellen.

Nur im allerbesten Falle bilden nötiger Trainingsaufwand, Verpflichtungen in Beruf und Familie und der durch Bewegung mögliche geistige Ausgleich ein perfektes Dreieck. Mal haben Athleten das Gefühl, das Training leide, dann der Beruf, dann die Freunde, dann die Familie. Dann kommen Verletzungen, Erkrankungen, Motivationsprobleme dazu. Das ganz normale Leben halt.

TIPP 2: Lernen Sie auch ohne Toilettenpapier das Unumgängliche zu meistern

Da braucht es einschneidende Erlebnisse, die entweder für immer oder immer wieder klar machen, dass es neben Urkunden, Medaillen oder gar Pokalen unvergleichliche Erfahrungen zu gewinnen gibt, die – da lehne ich mich mal aus dem Fenster – das Leben nicht verändern, aber neue Fähigkeiten und Kräfte in einem wecken. Diese helfen im besten Falle vieles an normalen Herausforderungen im Leben zu meistern, was einem sonst vielleicht schwerer fiele wegzustecken.

Henne oder Ei – kommen stabile Athleten weiter im Sport, weil sie sind, wie sie sind oder werden sie erfolgreich, weil der Sport sie dazu macht? Wir werden es hier nicht klären können.

Es gibt klar erkenntlichen Teamsport und vermeintlichen Einzelsport. Und so sehr Triathleten im Wettkampf alleine sind und dies im Radsplit sogar mit Mindestabständen geregelt ist – ohne Team, ohne Mannschaft geht es kaum. Außer man bevorzugt Einsamkeit noch mehr als der Una-Bomber. Wer tut das schon?

Deswegen nochmals auch an dieser Stelle Dank an meine wichtigste Teampartnerin, meine Frau, die sich in Hamburg über den Zaun hinweg mit mir unterhalten hat, als ich in Redelaune vom Schwimmen kam und aufs Rad steigen wollte. Sie war dabei als ich in Hannover ins Ziel kam – und konnte mir in einem Ironman in Maastricht auch die Medaille umhängen. Wir haben als Gemeinschaft all das erlebt und ich bin nicht sicher, wer mehr gelitten hat und erschöpfter war angesichts der Strapazen, die die Begleitpersonen mitmachen. Mitfiebern, Essen vergessen, ewig stehen, warten, sorgenvoll sein – es zehrt an den Nerven.

Und dank an Marcel und Xavi – Menschen, denen ich für ihre unersetzliche Hilfe beim Norseman und Hispaman für ewig dankbar sein werde.

Müsste ich einen Artikel zu den motivierenden Aspekten dieses Sports schreiben und was es einem fürs Leben bringt, dann wäre sicher an vorderster Stelle zu nennen, dass man lernt, Probleme zu lösen. Es gibt praktisch keinen einzigen Wettbewerb, der perfekt läuft, bei dem nichts schief geht. Defekte, Schmerzen, vergessene Ausrüstungsgegenstände. Mein erster Marathon begann damit, dass ich mit der Erfahrung von Jedermann-Radrennen dachte, mein Startblock mit hohem Buchstaben würde deutlich später starten als das Rennen. Im Radrennen starten die Blöcke zeitversetzt. Ich hatte beim Startschuss noch die Jacke an und fragte einen Passanten, ob das schon das Rennen sei. Ja. Mehr als meine Jacke abgeben und loslaufen blieb nicht. Angekommen bin ich trotzdem. In 4:01, wenn ich mich recht entsinne.

TIPP 3: Versuchen Sie Spaß, nicht Erfolg zu haben

Und so sehr es Team-Sport ist – ich weiß, dass alles, was ich erreicht habe, ich erreicht habe, weil ich mich bemüht habe. Da gibt es keinen Dusel-Treffer in der 90. Minute. Pech, ja, das kann passieren. Aber niemand gewinnt durch Zufall einen Marathon oder Triathlon.

10 Jahre begleitet mich das Thema nun also durchs Leben und ich kann inzwischen wohl sagen, dass ich dabei bleibe und das als mein Hobby betrachte. Die Frage stellt sich sicher jeder, der tausende an Euro in Equipment, Anmeldungen und Reisen investiert.

Ich habe Ecken der Welt gesehen, in die ich so vermutlich nicht gereist wäre und die mich mit ihrer Schönheit fasziniert haben, ich habe Menschen getroffen, die mein Leben bereichert haben und die ich sonst nie getroffen hätte. Stellvertretend hier für die vielen Sportler sei der @triathlondog genannt, der ziemlich genau zeitgleich mit dem allen begonnen hat und den ich 2015 fotografieren durfte, wie er in Klagenfurt seinen Startplatz für Hawaii, Kona bekam. Ich habe über Social Media sogar eine ganze Traube an Menschen um mich herum, mit denen ich meine Erlebnisse und sie ihre mit mir teilen.

Aber irgendwann ist sicher Schluss. Entweder es wird eine sehr langwierige Verletzung sein oder mir geht doch die Lust aus. Ersteres wäre blöd, zweites könnte ich gut mit leben. Stand heute: Nicht abzusehen. Ich werde sicher fast die 60 erreichen, bis ich mir diesen Wunsch erfüllen kann, in Hawaii beim Triathlon dabei zu sein. Das ist noch immer möglich. Auch nachdem die Regeln für das Legacy-Programm verschärft wurden – man muss nicht nur eine Anzahl an Rennen absolvieren, sondern diese auch über einen gewissen Zeitraum von mehreren Jahren. Bis ich meine 12 Ironman-Langdistanzen zusammen habe, bin ich auch da locker dabei. 8 stehen schon da, vermutlich kommt im September die 9. dazu – ich muss mich da irgendwie ins Ziel robben.

Und eigentlich möchte ich nochmal beim Norseman starten und gebe auch da nicht auf. Celtman (2022) und Swissman will ich mindestens auch noch machen und sehr wahrscheinlich locken mich noch mehr von diesen xtris mit ihrer packenden Kombi aus absurden Anstrengungen, wunderschöner Landschaft und außergewöhnlichem Spirit.

Ich denke, den Blog zu „20 Jahre Triathlon“ – den werde ich dann mit 62 Jahren vermutlich noch schreiben.

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Alle Kommentare [1]

  1. Es gibt 2 Blogs, die ich aus Angst und Egoismus für mich privat komplett archiviere, weil ich befürchte, dass sie einfach mal offline gehen (Das Netz ist im Gegensatz zu ner Uni-Bibliothek sehr vergesslich!). Deiner ist einer davon. Danke für die vielen Geschichten, Sprüche und Horizonterweiterungen bis hierher. Du beschreibst hier vieles, da denke ich “Ja, so wöllte ich das auch mal machen.”

    Inhaltlicher Kommentar: Wenn man mit Umfeld den Quatsch beginnt, geht es nicht ohne, ansonsten hat man bald kein Umfeld mehr (oder hatte eigentlich nie eins).