Krokers RAM: Neue Social-Media-App Clubhouse – ein Hype wie seinerzeit bei Google+

Mein Rant am Morgen: Digitalberater und Marketiers propagieren die neue Audio-App Clubhouse als den nächsten heißen Scheiß. Dabei tummeln sich dort derzeit vor allem die üblichen Verdächtigen der Social-Media-Szene. Daher ist fraglich, ob der Dienst wirklich für die breite Masse der Nutzer taugt.

Seit knapp zwei Wochen hat Deutschlands Social-Media-Szene einen neues Aufregerthema: Die Audio-App Clubhouse, auf der Nutzer mit wenigen Bildschirmtapsern eigene Audio-Diskussionen in eigenen Sessionen – sogenannten Clubräumen erstellen können.

Wie in anderen sozialen Netzwerken können Clubhouse-Nutzern anderen Mitgliedern folgen und erhalten Benachrichtigungen über neu gestartete Clubräume oder Hinweise auf für den Tag terminierte Diskussionsrunden.

Der Veranstalter einer Diskussion kann beliebige Zuhörer zum Panel hinzuschalten – dadurch tummelt sich auf Clubhouse innerhalb weniger Tage eine bunte und durchaus illustre Schar von Teilnehmern, darunter FDP-Chef Christian Lindner, Start-up-Investor Frank Thelen oder Digital-Berater Nico Lumma, um nur einige zu nennen.

Neben datenschutzrechtlichen Bedenken, da Clubhouse von seinen Mitgliedern auch den Zugriff auch auf solche Kontakte verlangt, die nicht Nutzer der App sind, hat der Dienst aber auch noch ein weiteres Problem: Viele aus der Szene sehen Clubhouse bereits als den nächste heiße Scheiß..

Zumindest gemessen an Postings auf Twitter und manchen Blogbeiträgen ist der Hype bereits so groß, dass langfristige Beobachter wie mich ein regelrechtes Déjà-vu ereilt: Denn im Grunde ähnelt der Hype um Clubhouse dem Marketinggetöse kurz nach dem Start von Google+, dem Gegenentwurf zu Facebook aus dem Hause Google, im Juli 2011 – also vor knapp zehn Jahren.

Auch damals erhielten in den ersten Wochen nur ausgewählte Nutzer mit einem „Invite“ Zugang zu dem neuen Dienst – genau wie jetzt bei Clubhouse. Auch damals sorgte jene Exklusivität vor allem dafür, dass sich in dem Dienst vor allem digital- und marketing-affine Nutzer tummelten – ähnlich wie derzeit bei Clubhouse. Unter der Überschrift „Wider den Hype um Google+“ schrieb ich Mitte Juli 2011, also gut zwei Wochen nach dem Start des Dienstes:

»Bei Google+, das aktuell noch in einer Testphase läuft, bei der nicht jeder mitmachen darf, tummeln sich einstweilen nur die üblichen Verdächtigen der digitalen Bohème aus Journalisten, PR-Leuten, Beratern und Marketiers. Sie wollen entweder nur früh dabei sein, wenn die nächste hippe Sau durchs virtuelle Kleinbloggersdorf getrieben wird. Oder sie wittern ein lukratives Geschäft mit „the next big thing“, dem nächsten großen Ding im Internet – indem sie Unternehmen, die vielleicht gerade mal auf Facebook gelandet sind, hernach gleich noch eine weitere Social-Media-Beratung aufschwatzen können.«

Sehr viel anders ist es heute bei Clubhouse auch nicht. Gewiss, dass man mit wenig Aufwand mit Lindner, Thelen & Co. debattieren kann, hat durchaus Charme. Gleichwohl frage ich mich, welche Nutzer mit „normalen“ Jobs außerhalb der Digitalszene sich dort dauerhaft tummeln sollen – allein aus Zeit- und Effizienzgründen. Das scheint mir zumindest sehr fragwürdig.

Damit sage ich nicht, dass Clubhouse ein ähnliche Ende wie Google+ droht – Google hat den einstigen Hoffnungsträger im April 2019 nach Jahren des Niedergangs beerdigt. Aber ich werbe für mehr Besonnenheit und Rationalität.

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Alle Kommentare [2]

  1. Streichen Sie das *heißen* vor dem Scheiß, dann passt es! 🙂

    Digitale Nabelschau! Das lustige ist, das diese Menschen denken, dass sie besonders „divers“ sind. Das Gegenteil ist oft der Fall in der digitalen Filterblase. Niemand braucht noch mehr Apps, Podcasts und Tools. Das Ganze kommt jetzt sicher noch auf Android und dann wird irgendwie versucht cash zu machen – wie immer im Valley. Wenn es nicht klapp, sind halt 100 Mio. VC verbrannt. Das Geld hätte man besser in Umweltprojekte gesteckt.

    Hoffentlich machen die Kneipen bald wieder auf – das vermissen die Menschen!

    Aber was weiß ich schon!
    VG 🙂