Warum Halbleiterchips so zentral für unsere Wirtschaft sind, was verursacht die aktuelle Knappheit und wie sieht die zukünftige Entwicklung aus?
Schon seit Wochen machen Meldungen von einem anhaltenden Chipmangel und die Auswirkungen insbesondere auf die Automobilindustrie die Runde: Erst Ende April meldete BMW Probleme und musste die Produktion drosseln – nach vergleichbaren Schritten von VW und Daimler.
Anfang Mai stellte der US-Autobauer Ford seine Produktion im Werk Köln für die nächsten Monaten fast komplett ein und schickte Mitarbeiter in Kurzarbeit. Damit verändert der Mangel an Computerchips die Spielregeln der Autoindustrie insgesamt, wie eine große WiWo-Geschichte kürzlich herausgearbeitet hat.
Auch im Endkundengeschäft macht sich die Chipknappheit längst bemerkbar: So müssen etwa viele Gamer noch monatelang auf die neue Playstation 5 warten müssen, weil Sony nicht über genügen Halbleiterbausteine verfügt.
All dies zeigt: Mikrochips führen die Berechnungen durch, die unsere digitale Welt am Laufen hält – von der Spielkonsole bis zum Satelliten. Somit sind sie die kleinsten und zugleich aufwändigsten Produkte, die in globalem Maßstab produziert werden.
An der Fertigung eines Chips sind bis zu 16.000 Firmen beteiligt: Das Design erfolgt überwiegend in den USA, die Fertigung in Asien. Europäische Firmen produzieren hingegen nur knapp zehn Prozent der Halbleiter weltweit.
Engpässe sind aufgrund langer Planungszyklen keine Seltenheit, doch die Corona-Pandemie hat die Probleme massiv verschärft: Durch den Boom von Home Office und Videostreaming stieg der Bedarf nach Hardware und von Rechenzentren drastisch.
Zugleich gingen etwa viele Autohersteller davon aus, dass ihre Aufträge einbrechen würden und drosselten ihre Bestellungen. Die Nachfrage zog aber schnell wieder an. Die Chip-Knappheit wird Experten zufolge noch mindestens bis 2022 anhalten: es fehlt an Fertigungskapazitäten, Bauteilen und Investitionen – die Nachfrage ist hoch wie nie.
Für Europa ist die Krise ein Weckruf, bei der Chip-Produktion souveräner und unabhängiger zu werden. Tatsächlich bietet der Chip-Markt eine große Chance für Europa, sich wieder an die Spitze einer technologischen Entwicklung zu stellen.
Denn heutige Chip-Architekturen für Smartphones oder Server eignen sich nicht für die Sensorik in der Industrie oder für die Vernetzung intelligenter Konsumgüter. Neue Internet-of-Things-(IoT)-Anwendungen erfordern eine modulare und robuste Chiparchitektur: mit eigener Rechenleistung für dezentrale Intelligenz, hoher Widerstandsfähigkeit, Langlebigkeit und minimalem Energieverbrauch.
Genau hier hat Europa einen mehrjährigen Entwicklungsvorsprung, denn eine solche Architektur namens RISC-5 ist bereits für die Massenproduktion ausgereift. Sie beruht auf einer breiten Kooperation von Firmen wie dem Dresdner IoT-Sensor-Spezialisten Sensry, der Micro-Systems-Technologie-Gruppe, dem Chipwerk von Globalfoundries in Dresden sowie dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS.
Viele weitere Zahlen & Fakten zum weltweiten Halbleitermarkt und der aktuellen Chipknappheit in der folgenden Infografik – zum Vergrößern zwei Mal anklicken:
Quelle: Next Big Thing AG
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