Die CeBIT ist nicht die SXSW – und das ist auch gut so! Oder: Wer Äpfel mit Birnen vergleicht

„Grumpy Cat“ in Texas gegen ’ne langweilige und biedere B2B-Messe in der niedersächsischen Pampa – so lautet heute offenbar die Frontlinie in der IT.

Kaum ist die CeBIT vorbei, gibt’s die üblichen Nörgeleien: Wieder mal weniger Besucher als im Vorjahr, und sowieso – die Messe sei eine Altherrenveranstaltung und bald obsolet. Der geschätzte Ex-Kollege und heutige Berater Thomas Knüwer versteigt sich sogar einmal mehr zum finalen Abgesang: Die Digitalkonferenz South by Southwest im texanischen Austin, im Szenejargon kurz SXSW genannt, sei die wahre CeBIT des 21. Jahrhunderts.

Na klar, schließlich hat Knüwer dort in der vergangene Woche gemeinsam mit rund 17.000 Gleichgesinnten über den nächsten heißen Scheiß der Internet- und Startup-Szene diskutiert, dabei das eine oder andere Selfie mit anderen deutschen Digital-Vorreitern gepostet und im örtlichen German House eine „Digitales Quartett“-Quasselrunde samt späterer Party abgehalten.

Dagegen sind 210.000 IT-Interessierte, die sich in der vergangenen Woche in der niedersächsischen Pampa getroffen haben, natürlich nur Kleinkram. Dito sind die laut CeBIT-Messechef Olaf Frese rund 25 Milliarden Euro an konkreten IT-Investitionen, die in Hannover angeschoben wurden – doch nur Peanuts.

Gewiss, auch ich habe vergangene Woche an dieser Stelle konstatiert, dass die CeBIT einen schwierigen Spagat zwischen Quantität und Qualität bewältigen muss. Aber durch die Neupositionierung als reine Business-Veranstaltung, die richtigen IT-Trendthemen und einen wichtigen Fokus auf die hiesige Startup-Szene hat der Veranstalter Deutsche Messe den richtigen Weg eingeschlagen, wie ich finde.

Mit der Meinung stehe ich nicht allein: In eine vergleichbare Richtung haben in den  vergangenen Tagen die Kollegen Gunnar Sohn und Sascha Pallenberg vom Tech-Blog „MobileGeeks“ argumentiert. Sie sehen die CeBIT ähnlich wie ich als Messe, bei der es um IT als Betriebsmittel geht. Bei der SXSW ist das Digitale dagegen eher Selbstzweck, siehe etwa „Grumpy Cat“, einer der – nun ja – Vorzeige-Stars in Austin.

Die Mehrzahl der Aussteller war mit Messe zufrieden

Doch all das kann den Kritikern nichts anhaben. Eine Ordermesse? Das sei die CeBIT doch schon seit Jahren nicht mehr! „Grumpy Cat“ gegen ’ne langweilige und biedere B2B-Messe, so lautet heute die Frontlinie. Ist ja auch klar – derlei Vergleiche von Äpfeln mit Birnen kommt eben allemal schmissiger daher, als sich einfach mal ein bisserl mit den Hintergründen zu befassen.

Und die waren dieses Mal eindeutig wie selten: Quer durch die Bank war die Mehrzahl der Aussteller, mit denen ich auf meiner nunmehr achtzehnten CeBIT gesprochen habe, mit der Messe zufrieden. Entsprechend äußerten sich IT-Größen wie IBM oder Microsoft wie auch Startups in der Code_n Halle oder anderswo. Und das wohl gemerkt auch von Protagonisten, welche die Messe in der Vergangenheit teils immer wieder kritisiert haben.

Um es klar zu sagen: Nein, die CeBIT ist nicht die SXSW – und das ist auch gut so! Oder, wie der Kollege Markus Hündgen a.k.a. „Videopunk“ in der vergangenen Woche so schön wie treffend twitterte: „Und dann kamen sie alle zurück von der #SXSW14 und es änderte sich nichts. Außer ein paar Beraterfolien.“

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Alle Kommentare [3]

  1. Sorry, aber da ist ne Menge PR-Gläubigkeit in Deinen Worten. Du glaubt wirklich, auf der Cebit würden Geschäfte gemacht? Dann hast Du als Wirtschaftsjournalist eine bemerkenswert naive Ansicht über die Abläufe in der Wirtschaft. Auf einer Messe werden vielleicht noch kleinere Deals abgeschlossen. Ansonsten aber werden sie verkündet, damit die PR-Abteilung „was zu erzählen“ hat. So kommt dann auch die Cebit auf ihre Zahlen.

    Selbst mittelgroße Geschäfte in mittelgroßen Firmen durchlaufen heute Filter wie Einkaufsabteilungen, Ausschreibungen und Corporate Governance. Das war natürlich früher anders, wie auch meine Mutter (Übersetzerin bei einem Verpackungsmaschinenunternehmen) immer berichtete. Sie fuhr noch zur Interpak und übersetzte Verkaufsverhandlungen – in den 50ern!

    Gleichzeitig nimmst Du meine privaten Bilder aus Austin als Abbild der Konferenz. Hast Du den Artikel, den Du verlinkst eigentlich gelesen? Anscheinend nicht. Denn ich sage ja explizit, dass ich die Inhalte der Konferenz nicht mehr als Podienzusammenfassung aufschreibe, da meine Leser dies nicht goutierten. Daraus zu schließen, dass die größte Digitalkonferenz der Welt (die, wenn ich das richtig sehe, auch 2014 ohne redaktionelle Begleitung der Wirtschaftswoche ablief) eine einzige Party sei – ist in Sachen Journalismus bemerkenswert.

    Genauso bemerkenswert wie der Glaube, in Austin würden keine Geschäfte angebahnt. Schon mal von Startup-Investments gehört? Oder von Dmitry Grischin? War spannend ihn in Gesprächen mit Robotics-Unternehmen zu beobachten und zu sehen, wann sein Blick aufleuchtete und wann er im „Gespräch schnell beenden“-Modus war. Schlechter Schauspieler, der Mann.

    Auf der Cebit präsentieren sich noch einige der übrig gebliebenen Großen. Viele von ihnen sind unter erheblichem Preisdruck und haben Probleme, neue Märkte zu erreichen. Beispiel SAP: Wie oft wollten die schon den Mittelstand erobern? Wie oft ist es gescheitert.

    Ich weiß nicht, ob IBM auf der Cebit sein aus meiner Sicht zukunftsweisendstes Projekt präsentierte: das Watson-Ökosystem. Ich weiß nicht, ob ein Watson-Verantwortlicher in Hannover war. Was ich weiß: Auf der SXSW war Watson sehr präsent und auf dem Podium sprach Steve Watson – der zuständige VP.

  2. Danke für Deinen Kommentar. Meine Erwiderung: Natürlich ist das von mir zugespitzt – aber mit Zuspitzung kennst Du Dich ja auch aus 😉 Daher ja:

    – Klar wird auf der SXSW nicht nur gefeiert. Und gewiss gibt’s da spannende und überaus weiterbringende Podien/Diskussionen etc. Würde da übrigens gerne mal hin, wenn es meine Zeit zuließe.

    – Und klar sind die Entscheidungsprozesse in Unternehmen heute andere als in den 50ern. Und PR-Verlautbarungen sitze ich gewiss auch nicht auf. Aber wie Sascha Pallenberg in seinen Facebook-Kommentaren bereits schrieb: Völlig ohne Geschäft kämen gerade viele asiatische Hersteller nicht auf die CeBIT. Das kann man schlicht nicht wegdiskussieren oder leugnen. Ansonsten befindet sich die Messe in einem Veränderungsprozess, der gewiss noch nicht abgeschlossen ist, dessen Richtung aber meines Erachtens stimmt. Überflüssig ist die CeBIT trotz mancher Probleme – die ich ja auch nicht leugne – jedenfalls nicht.

    Will sagen: Beide Messen kann man gewiss kritisieren, dennoch haben beide ihre Daseinsberechtigung. Wollte aber eben gerade diese jährlich wiederkehrenden – und teils hinkenden – Vergleiche zwischen beiden aufspießen.

  3. Lieber Thomas Knuewer,

    ich moechte auch hier mein Angebot noch einmal erneuern. Wir gehen zur CeBIT 2015 zusammen durch die Hallen und hauen eine Milliarde in die Auftragsbuecher der Aussteller vor Ort und lassen uns dabei fotografieren wie wir die Vertraege unterschreiben?

    Deal?

    P.S. Der Sponsor fuer den nicht unerheblichen Geldbetrag muesste aber gefunden werden.