Wie harmonisch lief der Ausstieg von SAP-Cloud-Chef Dalgaard wirklich?

Noch wenige Wochen vor seinem Ausstieg hat sich SAP-Vorstand Lars Dalgaard intern negativ über den Zustand des Cloud-Geschäfts geäußert.

Als der Walldorfer Softwarekonzern SAP Ende vorvergangener Woche überraschend verkündete, dass der für das Cloud-Geschäft verantwortliche Vorstand Lars Dalgaard das Unternehmen zum 1. Juni verlassen werde, war die Sprachregelung eindeutig: „Wir danken Lars für seine Energie und Leidenschaft, die er ins Unternehmen gebracht hat“, so SAP-Co-Vorstandschef Jim Hagemann Snabe in einer eilig einberufenen Telefonkonferenz.

Mehr noch: Dalgaard, der – wie Ende letzter Woche bekannt wurde – als Partner zur Risikokapitalgesellschaft Andreessen Horowitz wechselt, bleibe dem Unternehmen weiterhin als Berater in Sachen Cloud erhalten. „Darüber bin ich sehr glücklich“, versicherte der andere SAP-Chef Bill McDermott bei derselben Telefonkonferenz.

Doch Dalgaard, der als Chef des Ende 2011 übernommenen Cloud-Anbieters SuccessFactors zu SAP kam, hat sich intern offenbar längst nicht so harmonisch verabschiedet wie offiziell verkündet. Noch Anfang April schilderte er in einer internen E-Mail, die der WirtschaftsWoche vorliegt, den Zustand des Cloud-Geschäfts von SAP in drastischen Worten: „Unsere Pipeline ist Mist […], unsere Verlust-Rate ist Mist, unsere Penetrations-Rate bei SAP-Kunden ist Mist – sie liegt irgendwo bei 10%“.

In den vergangenen Monaten ist Dalgaard intern nur noch durch derartige E-Mails aufgefallen. „Er hat wie ein Irrlicht aus der Ferne reingeblökt, war aber auf Kundenveranstaltungen oder Messen nie präsent“, heißt es aus Konzernkreisen. Deshalb seien viele SAPler auch froh über Dalgaards Abgang.

Dalgaard hat seit dem Kauf von SuccessFactors eine steile Karriere bei SAP hingelegt – zuletzt war er Vorstandsmitglied und für alle Cloud-Aktivitäten des Konzerns verantwortlich. Zwischenzeitlich galt er intern gar als ein neuer Ziehsohn von SAP-Übervater und -Aufsichtsratschef Hasso Plattner. Doch schon im Mai 2012 hat Dalgaard die Cloud-Strategie der Walldorfer in einer internen E-Mail in drastischen Worten verrissen.

Auf Anfrage will SAP die neuerliche E-Mail von Dalgaard nicht kommentieren, bestreitet aber Probleme im Cloud-Geschäft: „Das Gegenteil ist der Fall. Wir sind das schnellst wachsende Cloud-Unternehmen“, heißt es aus Walldorf. So seien die Umsätze allein im ersten Quartal 2013 um 380 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen.



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