Warum Twitter sich die Abschottung gegenüber Drittanbietern erlauben kann

Erst Instagram, dann Tumblr: In den vergangenen Wochen hat Twitter mehreren Diensten den Zugriff versperrt. Aktuelle Daten zeigen, dass sich der Microblogging-Dienst diese Politik durchaus leisten kann.

In der vergangenen Woche ist bekannt geworden, dass Twitter von einem Tag auf den anderen den Nutzern der Blogplattform Tumblr die Möglichkeit entzogen hat, ihre bei Twitter aktive Bekannte auch auf Tumblr zu finden. Erst Ende Juli hatte der 140-Zeichen-Dienst in einem vergleichbaren Manöver die User des Fotodienstes Instagram ausgesperrt.

Hintergrund der selbstgewählten Isolation von Twitter: In einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ hatte Unternehmenschef Dick Costolo erklärt, er wolle künftig Drittanbietern den Zugriff auf die eigenen Daten verwehren – insbesondere dann, wenn diese die Nutzer von Twitter fernhielten (etwa wenn es nur um Freundessuche auf Fremdplattformen geht). Mitte August hat Twitter die neuen Einschränkungen der so genannten API – mit jener Schnittstelle regelt ein Diensteanbieter den Fremdzugriff auf die eigenen Daten – in einem Blogeintrag verkündet.

Harsche Kritik in der Internet-Szene

In der Folge hat es in der Internet-Szene Kritik an der wachsenden Abschottung gehagelt. „Twitter wird das neue AOL“, hat etwa Nico Lumma, Social-Media-Experte und Manager bei der niederländischen Beteiligungsgesellschaft Digital Pioneers in Hamburg, Ende Juli eine Analyse reißerisch betitelt. Bereits Anfang Juli 2011, also vor etwas mehr als einem Jahr, befand Lumma, Twitter sei „konzeptionell am Ende“.

Möglicherweise ist die Position von Twitter inmitten seines eigenen Ökosystems schlicht so dominant, dass sich das Unternehmen eine gewisse Arroganz gegenüber seinen Partnern leisten kann. Das jedenfalls legen Daten des amerikanischen Marktforschungshauses Sysomos aus der vergangenen Woche nahe. Die Marktforscher haben analysiert, auf welchem Wege Twitter genutzt wird.

Das Ergebnis: Fast drei Viertel aller Zugriffe, 71 Prozent, laufen über offizielle – das heißt unternehmenseigenen Apps. Darunter fällt die Webseite Twitter.com mit mehr als 23 Prozent, sowie die diversen Mobil-Apps für iPhone, Android oder Blackberry. Weniger als jeder dritte Zugriff erfolgt dagegen per Fremd-Apps; nach diversen Dritt-Clients fürs Twittern ist Facebook mit weniger als ein Prozent die erste Fremd-Plattform. Die Abschottung gegenüber Tumblr oder Instagram dürfte für Twitter daher kaum eine Rolle spielen – vom Imageverlust einmal abgesehen.

Quelle: Sysomos

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Alle Kommentare [2]

  1. Herr Kroker, der Grafik ist deutlich zu entnehmen, dass Ubersocial die führende Fremdplatform ist und nicht Facebook.

  2. @Michael Dieterle: Vielleicht habe ich mich da nicht ganz klar ausgedrückt: Ich meinte mit „Fremdplattform“ eine Dritt-Webseite (in Abgrenzung zu einer App). Ubersocial ist dagegen „nur“ ein mobiler Twitter-Client (für Blackberry) von einem Fremdanbieter – sprich eine Konkurrenz zur unternehmens-eigenen App „Twitter for Blackberry“. Die erste „richtige“ Fremdwebseite ist daher Facebook.