Krokers RAM: Jährlich grüßt das Murmeltier – oder: SAP zwischen Marge und Investitionen

Mein Rant am Morgen: Die Börse hat SAP massiv abgestraft, weil die Walldorfer Marge zugunsten von Investitionen in die Cloud opfern – ein Vorgang, der sich mehrfach in den vergangenen Jahren genau so abgespielt hat. Und der die wahren Probleme des Softwarekonzerns überdeckt.

Sich als Journalist lange mit ein- und demselben Thema zu beschäftigen, birgt irgendwann wohlmöglich die Gefahr von Langeweile – hat aber auch einen entscheidenden Vorteil: Viele Dinge tauchen im Abstand einiger Jahre immer wieder mal in sehr ähnlicher Form auf.

So auch im Falle der Geschehnisse rund um SAP in dieser Woche: Wegen einer gesenkten Jahresprognose sowie den kassierten Mittelfristzielen rasierten Investoren die SAP-Aktie allein am Montag um ein Fünftel – mehr als 30 Milliarden Euro Marktkapitalisierung wurden in wenigen Minuten pulverisiert.

Hauptgrund für die fast panikartigen Verkäufe: SAP-Chef Christian Klein will in den kommenden zwei Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag in den Ausbau des Cloud-Geschäfts stecken – und dafür auf Marge verzichten. „Wir sind uns sicher, dass wir mit unserem Fokus auf langfristiges Wachstum besser fahren als einer Orientierung an kurzfristiger Gewinnoptimierung“, so Kleins Erläuterung.

Und allpaarjährlich grüßt das Murmeltier, muss man da wirklich sagen – denn SAP schwankt immer mal wieder zwischen steigenden Margen und größeren Investitionen für mehr Wachstum.

So wie etwa im Januar 2007, als der damalige Vorstandschef Henning Kagermann Investitionen zulasten der Rendite zwischen 300 und 400 Millionen Euro ankündigte – zum Ausbau des Geschäfts mit Mietsoftware übrigens, den Begriff „Cloud“ gab es in der IT damals noch gar nicht. Seinerzeit bestrafte die Börse die SAP-Aktie mit einem Minus von fünf Prozent.

Ähnlich später unter Klein-Vorgänger Bill McDermott: Schon Anfang 2014 lautete sein Motto „Marktanteil statt Marge“ für den Ausbau des Cloud-Geschäfts. Ebenso im Oktober 2018, also vor ziemlich genau zwei Jahren: „Starkes Cloud-Wachstum geht zu Lasten der Marge“, so die Schlagzeile damals – an der Börse quittiert mit einem Minus von drei Prozent.

Auch wenn der Kursabschlag dieses Mal aufgrund der vorherigen Schein-Immunität von SAP in der Corona-Krise ungleich höher ausgefallen ist, sind die Mechanismen doch dieselben – und zeigen letztlich nur, wie kurzfristig die Börse denkt: Denn praktisch immer ist SAP gestärkt aus solchen Investitionsphasen heraus gekommen – und konnte hernach ein gesteigertes Wachstum hinlegen.

Die wahren Probleme von SAP-Chef Christian Klein liegen dagegen woanders: SAP hat bis heute nicht einmal zehn Prozent seiner Bestandskunden auf das neue Flaggschiff S/4Hana hieven können – und der Querverkauf seiner Cloud-Lösungen in diese Zielgruppe stockt aufgrund der immer noch schlechten Integration, wie ich in meiner aktuellen WiWo-Geschichte dargelegt habe. Das wird vom einseitigen Fokus auf die Cloud überdeckt.

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