Internationaler Vergleich der Glasfaser-Anschlüsse in Haushalten: Deutschland überspringt erstmals die 1-Prozent-Schwelle – und ist weit abgeschlagen.
Dass Deutschland bei der Internet-Infrastruktur im internationalen Vergleich weit zurück hängt, habe ich immer mal wieder hier im Blog behandelt: Vor einem Jahr etwa zeigte eine Vergleichsstudie, dass Deutschland bei schnellen Web-Zugängen auf Rang 31 zurückgefallen und der Abstand zum Spitzenreiter sich in weniger als zwei Jahren mehr als verdoppelt hat.
Noch dramatischer der hiesige Rückstand beim Thema Glasfaser-Anschlüsse direkt in die Haushalte, der mit Abstand schnellsten Internet-Technologie: Eine wenig schmeichelhafte Auszeichnung erhielt Deutschland auf einer Konferenz der Industrieorganisation FTTH Council („Fibre-to-the-Home“) Ende der vergangenen Woche in Luxemburg.
Demnach ist Deutschland gemeinsam mit Kroatien und Polen zum ersten Mal in das globale Ranking der FTTH aufgestiegen – indem die hiesige Versorgung mit Glasfaseranschlüssen erstmals die 1-Prozent-Schwelle überquert hat. Damit rangiert das Glasfaser-Entwicklungsland Deutschland auf demselben Niveau wie etwa Jordanien (Grafik zum Vergrößern anklicken):
Quelle: FTTH Council (PDF)
Zum Vergleich: Bei Spitzenreiter Südkorea sind insgesamt mehr als 72 Prozent aller Häuser (FTTH) und Gebäude (FTTB) direkt ans Glasfasernetz angeschlossen. Das FTTH Council will als Industrieorganisation die Verbreitung von Glasfaseranschlüssen vorantreiben und misst regelmäßig die entsprechenden Marktdaten.
Auch in Europa ist Deutschland weit abgeschlagen: Demnach stieg die Zahl der aktiven Glasfaser-Abonnenten in Europa in den ersten neun Monaten 2015 um 19 Prozent auf fast 36 Millionen. Die Gesamtzahl der europäischen Glasfaser-Anschlüsse kletterte um 17 Prozent auf 127 Millionen. In Deutschland gibt es laut Bundesnetzagentur dagegen gerade mal zwei Millionen FTTH-Anschlüsse, von denen nur ein Fünftel aktiv sind.
An der Spitze in Europa liegen die nordeuropäische Staaten – allen voran die baltischen Länder Litauen und Lettland mit einer Haushalts-Pentrationsrate von jeweils mehr als 36 Prozent sowie Schweden mit gut 35 Prozent Glasfaser-Anschlüssen (Grafik zum Vergrößern anklicken):
Quelle: FTTH Council (PDF)
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Vielleicht ist es interessant für die Leser zu wissen, wie es dazu gekommen ist, dass Südkorea bei Breitbandinternetanschlüssen weltweit den vorderen Platz einnimmt.
Mitten in der Asienkrise 1997-99 beschloss der damalige südkoreanische Präsident Kim Dae-jung mit viel Mut in Internettechnologie zu investieren. Es wurde nicht gejammert (wie vielfach in diesem Lande), sondern gehandelt. Solche mutigen Impulse findet man in Deutschland bei den verantwortlichen Politikern aber kaum – schade.
Danke – interessante Details. Ja, derart mutig ist mal hierzulande nicht, leider.
in Deutschland verschwinden die Fördergelder in die üblichen Kanäle
Kanäle die keinerlei Interesse an einem echten Ausbau haben, aber sich perfekt verkaufen
Wer immer das Gleiche wählt braucht sich nicht wundern
Es ist ja schön und gut, wenn man Deutschland in Bezug auf Glasfasertechnologie als Entwicklungsland bezeichnet. Man vergisst dabei aber auch gerne mal, dass wir ein recht gutes Kupfernetz haben und viele Haushalte auch über das Kabelnetz angeschlossen sind.
Glasfaser ist sicherlich schön, aber am Ende zählt doch eher die effektive Anbindung in Mega- oder Gigabit. Daher finde ich die obige Betrachtungsweise sehr einseitig. In Bezug auf die durchschnittliche Internetgeschwindigkeit pro Anschluss (1. Quartal 2017) ist Deutschland mit 15,3 Mbit im Vergleich zu Süd Korea mit 28,6 Mbit gar nicht so schlecht aufgestellt. Auf gut Deutsch: Glasfaser alleine macht es nicht.
Trotz allem ist Glasfaser natürlich eine Zukunftstechnologie und der Ausbau sollte langfristig nicht verschlafen werden, denn die Kupferleitungen sind relativ ausgereizt.