Internes SAP-Interview mit Hasso Plattner: „Ein Technologieunternehmen ohne Innovation ist zum Scheitern verurteilt“

Hasso Plattner, der Unruhepol: In einer internen Diskussionsrunde gibt der Aufsichtsratschef ein paar spannende Details aus den 40 Jahren Unternehmensgeschichte der SAP preis.

Mit Journalisten redet SAP-Mitgründer und -Chefkontrolleur bekanntermaßen nicht so gerne. Umso lieber stellt er sich dagegen den Fragen seiner Mitarbeiter, sei es Anfang des Jahres auf einer inzwischen berühmt-berüchtigten Mitarbeiterversammlung in Palo Alto: Dort hat er geradezu eine Brandrede gehalten, um SAP im Jahr ihres vierzigsten Jubiläums fit zu machen für die neue Ära schlanker Internet-basierter Software. Gleichzeitig hat er seinerzeit eindringlich vor der Vermögenssteuer gewarnt – unter anderem aus Angst, der Softwarekonzern aus Walldorf könne dann in chinesische Hand fallen.

Weniger drastische Worte sind bei dem jüngsten Zusammentreffen von Plattner und einigen ausgewählten SAPler gefallen. Anlässlich der vierzigsten Unternehmensjubiläums hat sich der 68-Jährige einer Diskussion mit SAP-Mitarbeitern an vier Standorten gestellt, die via Telekonferenz zusammen geschaltet wurden. Veröffentlicht wurde das Interview, das der WirtschaftsWoche vorliegt, Ende Juni in einem nur über das Intranet abrufbaren SAP-Blog. Darin beschreibt Plattner einige interessante Details aus den vier Dekaden Firmengeschichte der SAP.

In den Gespräch zeigt sich Plattner, wenn auch nicht als Raubauz, so doch von seiner gewohnt selbstbewussten Seite. Auf die Frage, ob er jemals das Gefühl gehabt habe, dass SAP auch scheitern könnte, antwortet er lapidar: „Ich hatte keinen Augenblick lang Bedenken, all die Jahre nicht. Wenn es nicht geklappt hätte, hätte ich woanders wieder angefangen.“

Von seinen Entwicklern fordert Plattner mehr Kundennähe, um zu vermeiden, dass SAP – wie in der Vergangenheit immer mal wieder geschehen – an den Anforderungen der Unternehmen vorbei entwickelt. „Ein Entwickler muss neugierig sein. Er sollte die Menschen treffen, die später seine Software nutzen werden“, so Plattner. Als leuchtendes Beispiel nennt er keinen geringeren als sich selbst. Schließlich habe er in den ersten Jahren ständig beim Kunden gesessen, weil SAP da noch nicht über eigenen Computer verfügt habe.

„Wir müssen größer denken“

Angesprochen auf die IT-Trends der nächsten Dekade, erwartet Plattner vor allem eine enorme Geschwindigkeitszunahme bei Hard- und Software. „Was gut für mich ist, denn ich habe keine Geduld, länger als drei Sekunden auf etwas zu warten“, sagt der SAP-Aufsichtsratsboss, dessen Wutanfälle aus Ungeduld im Unternehmen geradezu legendär sind.

Als wichtigste Zukunftshürde für das von ihm mitgegründete Unternehmen sieht der 68-Jährige das Thema Kreativität. „Wir müssen größer denken. Es reicht nicht, die Software nur immer weiter zu verbessern. Man muss auch mal rumspinnen.“ Erst jüngst habe SAP vor der Herausforderung gestanden, Bestehendes weiterzuentwickeln und gleichzeitig Neues zu machen. „Wir mussten zurück in die Innovationsspur. Ein Technologieunternehmen, das keine Innovation hervorbringt, ist zum Scheitern verurteilt“, so Plattner. Durch selbstentwickelte Produkte wie die Hochleistungsdatenbank Hana sei SAP endlich wieder etwas Tolles gelungen.

Den kompletten Text des Plattner-Interviews gibt’s als Tumblr-Kopie hier.

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Alle Kommentare [1]

  1. Hasso Plattner hat recht. Jedes Technologieunternehmen muss zu jeder Zeit 5 bis 10 Jahre im voraus denken und handeln. Innovationen in neue und zukunftsweisende Anwendungen entstehen aus einer Kombination von technologischem Verständnis, Kenntnis künftiger Infrastrukturen und vor allem tiefgreifendes Domainwissen. Wer nicht weiss wie Kunden in der Zukunft ticken und was diese in einigen Jahren benötigen, der wird keine Innovation hervor bringen. Dazu bedarf es Mut, verdammt viel Fachwissen, ein super Team und innovative Kreativität.

    Eine der falschesten Vorstellungen über Innovation bei hochfunktionalen B2B-Anwendungen ist der Glaube an Kurzfristigkeit. Man ist nur dann schnell und sehr gut, wenn man früh genügend anfängt intensiv nachzudenken, klare Vorstellungen von dem entwickelt was kommen wird und dann unglaublich fleissig und nachhaltig die erarbeiteten und zugeflogenen Visionen umsetzt.

    SAP ist der bedeutenste IT-Konzern Europas und der einzige IT-Konzern von unserem Kontinent, der in der Weltliga der IT Gesellschaften mit hält. Der Suite-Charakter der SAP-Lösungen, die Integration von betriebswirtschaftlich fundierten Anwendungen und die Nähe am Kunden haben diesen Konzern so starkt gemacht.

    Nach der RZ Lösung R2 und der Client-Server-Lösung R3 steht in diesem Jahrzehnt m.E. eindeutig die Zeit für hoch integrierte B2B Suite-Lösungen aus der Cloud an. Ob dafür die vage Bekenntnis zu Business by Design die richtige Strategie ist? Für mich ist dies kurzfistig angesichts sprudelnder Gewinne verständlich, allerdings dennoch der bekannte Kardinalfehler etablierter Konzerne. Hasso Plattner ist wahrscheinlich der Einzige, der den Konzern aus dieser Ecke heraus führen kann.

    Damit SAP nicht ganz so zögerlich sich dem Cloud-ERP-Suite-Marktsegment zuwendet und vor der disruptiven Kraft mehr Angst hat als Chancen sieht, werden wir die beste Medizin verordnen: guter Wettbewerb.
    Mit der Scopevisio entwickeln wir eine technologisch wohl überlegte, dem künftigen Kundennutzen angepasste und mit betriebswirtschaftlichen Wissen vollgestopfte ERP & CRM (und künftig auch) & SCM Pure-Cloud-Suite. Die reine B2B-Lösung ist noch lange nicht fertig, aber intensiv und nachhaltig am entstehen. Diese Cloud-Business-Suite der Scopevisio wird ausschliesslich im SaaS-Geschäftsmodell on Demand bereitgestellt und nahe an einem „Pay per Use“ Preismodell heran gefürt.
    Wir sind verdammt gut, arbeiten hart und denken 5-10 Jahre im voraus. Unser Ziel ist es den Unternehmen des 21ten Jahrhunderts zu zeigen (und nebenher auch unserem „grossen Bruder SAP“) wie alt bewährtes zusammen mit vielen Innovationen in einer Cloud-Unternehmenssoftware vereint werden kann. Unsere Lösung bieten wir derzeit noch ausschliesslich kleinen und mittelständischen Unternehmen an, werden die Lösung aber binnen weniger Jahre so skalieren, dass diese auch internationalen Konzernen angeboten werden kann. Auch wenn wir noch viele Jahre keine wirkliche Gefahr für diesen starken Weltkonzern SAP sein werden, Disruption fängt klein und verborgen an.

    Wenn Sie die Zukunft wachsen sehen möchten, so lade ich Sie ein zu beobachten, was bei uns geschieht: https://www.scopevisio.com/business.

    Jörg Haas
    Gründer Scopevisio AG
    PS.: Solche langen Kommentare liest wahrscheinlich niemand. Daher werden wir der SAP wahrscheinlich noch lange verborgen bleiben.