30 Prozent tote Twitter-Konten – verdoppelt seit 2012; Retweets steigen, Replies sinken, RTs mau

Eine wissenschaftliche Untersuchung von fast 40 Milliarden Tweets seit Anfang 2006 deckt einige Schwächen des US-Kurznachrichtendienstes auf.

Immer mal wieder gab’s jüngst kritische Berichte über rückläufige Wachstumszahlen und schwächelnde Nutzung des amerikanischen Kurznachrichtendienstes Twitter; zuletzt Mitte März in meiner Analyse hier im Blog.

Die Studentin Yabing Liu und der Assistenz-Professor Alan Mislove von der Northeastern University in Boston sowie die Studentin Chloe Kliman-Silver von der Brown University in Providence/Rhode Island haben jetzt eine wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel „The Tweets They are a-Changin’: Evolution of Twitter Users and Behavior“ veröffentlicht.

Darin haben die drei Computerwissenschaftler die Entwicklung des Nutzerverhaltens bei Twitter über mehrere Jahre untersucht. Insgesamt haben die Forscher dafür rund 37 Milliarden Tweets analysiert, die zwischen März 2006 und Ende 2013 verschickt wurden.

Die für Twitter wichtigste – und mutmaßlich auch ernüchternste Erkenntnis: In den letzten Jahren ist die Zahl der toten Konten rapide angestiegen. So sind nunmehr gut 30 Prozent aller Accounts inaktiv – das heißt, sie werden seit einem Jahr nicht mehr genutzt. Das ist glatt eine Verdopplung gegenüber Anfang 2012:

 Quelle: The Atlantic

Anders ausgedrückt: Dem Kurznachrichtendienst fällt es in zunehmendem Maße schwer, seine Nutzer dauerhaft bei der Stange zu halten. Schon früher gab es immer wieder Kritik an der Unübersichtlichkeit und Komplexität des Dienstes. Offenbar gilt das heute für viele User noch stärker.

Bei der Art der Tweets zeigt sich, das Replies – also direkte Antworten via @Nutzer – seit dem Höhepunkt im Jahr 2011 leicht rückläufig sind. Dagegen steigen Retweets kontinuierlich an und haben Replies Ende 2013 erstmals überholt. Und klassische Retweets im Stile „RT @Nutzer“ sind praktisch tot:

Quelle: The Atlantic

Dies bedeutet: Die Nutzer verwenden Twitter seltener als früher zur direkten 1:1-Kommunikation. Stattdessen verbreiten sie lieber Sprüche oder Links per Retweet-Knopf, also ohne eigene Worte oder Gedanken beizufügen.

Immerhin, die durchschnittliche Zahl der Tweets pro User im Monat ist seit einiger Zeit halbwegs stabil. So zwitschern aktive Nutzer im Schnitt rund 20 Kurznachrichten pro Monat in die Welt:

Quelle: The Atlantic

Das kommt mir eigentlich was wenig vor, schließlich komme ich selber auf dieselbe Zahl am Tag. Andererseits scheint mir auch dies ein weiteres Indiz dafür zu sein, dass nur ein sehr kleiner Teil der Twitter-Nutzer aktiv ist, während ein großer Teil nur passiv mit liest – oder schlicht gar nichts macht – was die Zahlen entsprechend drückt.

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Alle Kommentare [1]

  1. Hallo Herr Kroker,

    ich danke Ihnen für den Hinweis auf die Twitter-Studie.

    Was können Beweggründe sein sich auf Twitter anzumelden und dann inaktiv zu bleiben? Vor allem in dieser Zahlengröße. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Wie denken Sie darüber?

    Beste Grüße, Ralph Scholze