Rückenwind für Microsoft und Nokia – durch den Google-Motorola-Deal?

Die Google-Übernahme des Handy-Herstellers Motorola könnte zusätzliche Bewegung in den Smartphone-Markt bringen: Andere Android-Lizenznehmer fürchten zu 1b-Partnern degradiert zu werden.

Am heutigen Dienstag kommt das Ende Oktober vorgestellte erste Nokia-Smartphone mit dem mobilen Windows-Betriebssystem in Deutschland auf den Markt – Resultat eines Kraftakts der Partner Nokia und Microsoft, die beide im Handy-Geschäft weit hinter Apple mit seinem iPhone sowie einer ganzen Armada von Geräten auf Basis von Google Android zurückgefallenen sind. In den aktuellen Markzahlen ist das Gespann der beiden Gebeutelten jedenfalls weit abgeschlagen – laut Berechnungen des US-Marktforschers Asymco kam Windows Phone im zweiten Quartal gerade mal auf einen Marktanteil von 1,3 Prozent – ein absolutes Allzeittief.

Möglicherweise erhalten Microsoft und Nokia bei ihrem Wunsch, Windows Phone neben Apples Plattorm iOS und Android als drittes Ökosystem im Mobilfunk zu etablieren, jetzt Rückenwind aus einer unerwarteten Richtung. Als Google im August den Kauf des amerikanischen Handy-Herstellers Motorola ankündigt, gilt das Hauptaugenmerk dem Patentportfolio von Motorola: Immerhin befindet sich Google seit geraumer Zeit in diversen Patentklagen rund um sein Smartphone-Betriebssystem Android.

Gleichzeitig schwingt sich Google durch den Schritt auch zum Gerätehersteller auf – zu einem kleinen zwar, aber dennoch einem nicht unbedeutenden Anbieter von Android-Smartphones. Damit macht Google seinen eigenen Hardware-Partnern künftig Konkurrenz. Welche Power die beiden auf die Straße bringen können, macht das Anfang Oktober angekündigte Motorola Razr deutlich, mit einer Breite von nur 7,1 Millimeter laut Hersteller das dünnste Smartphone der Welt.

Smartphone Nokia Lumia 800 (Quelle: Nokia)

In der Nokia-Zentrale in Espoo Nähe Helsinki soll im August jedenfalls ein merklicher Stoßseufzer zu vernehmen gewesen sein. Denn die Finnen hatten lange Zeit selber zwischen Android und Windows Phone abgewägt, sich dann aber letztlich für Microsoft entschieden. „Da haben wir aber Glück gehabt“, berichten Unternehmenskreise aus dem Umfeld von Nokia-Konzernboss Stephen Elop. „Alle anderen Android-Hersteller jenseits von Motorola sind doch jetzt nur noch 1b-Partner.“

Bei Google ist man sich der Gefahr dieser Anmutung offenbar bewusst. Erst in der vergangenen Woche hat Google-Chairman Eric Schmidt in Südkorea dementiert, man plane irgendeine Bevorzugung von Motorola nach Vollendung der Akquisition. Wenige Tage darauf hat Schmidt in Taiwan den Android-Partnern zudem Unterstützung bei möglichen Rechtsstreitigkeiten zugesichert. Als Beispiel nannte er dabei den Rechtsstreit zwischen dem taiwanesischen Hersteller HTC und Apple.

Derlei Beteuerungen scheinen freilich längst nicht jeden Partner zu überzeugen. Der koreanische Hersteller Samsung, erst jüngst zum weltgrößten Smartphone-Hersteller aufgestiegen und bisher wichtigster Android-Lizenznehmer, hat Ende August ein weitgehend unbeachtetes Abkommen mit Microsoft geschlossen. Dabei geht es zum einen über Lizenzgebühren für Android-Patente, die in den Händen des Konzerns aus Redmond liegen. Zum anderen verfügt die Partnerschaft auch über Marketing- und Technologie-Komponenten zwischen beiden Konzernen, wie ein hochrangiger Microsoft-Manager berichtet, der ungenannt bleiben will.

Schon heute fertigen die Koreaner im kleineren Stil auch Smartphones auf Basis von Windows Phone. Glaubt man den Aussagen aus Redmond, soll diese Partnerschaft künftig deutlich ausgebaut werden. „Das Vertragswerk mit Samsung ist jedenfalls nicht wesentlich dünner als das mit Nokia“, sagt ein Microsoft-Manager. Für die neue Nähe zwischen beiden Konzernen spricht auch eine interessante Personalie aus der Vorwoche: So ist jüngst der Samsung-Manager Gavin Kim jetzt als Marketing-Manager ins Windows-Phone-Team von Microsoft gewechselt.

Quelle: Appcelerator/IDC

Auf einem anderen wichtigen Terrain haben die Bemühungen von Microsoft und Nokia in Sachen Windows Phone mehr als ein Jahr nach dem Start des neuen mobilen Betriebssystems jetzt erste Früchte getragen. Laut einer Studie des Softwareanbieter Appcelerators und des Marktforschungshauses IDC hat das Interesse der Entwickler-Gemeinschaft an der Microsoft-Plattform im vierten Quartal zugelegt: Demnach rangiert Windows Phone mit einem Entwickler-Interesse von 38 Prozent auf dem dritten Platz hinter iOS und Android, aber immerhin bereits deutlich vor Blackberry, die von 28 auf 21 Prozent vielen. Die Mehrheit der Microsoft-Interessierten wartet demnach vor allem auf das neue Nokia Smartphone Lumia 800, immerhin 28 Prozent. Man darf also gespannt sein, ob das Interesse an Windows Phone mit dem heutigen Marktstart tatsächlich zulegen kann – im Kundenzuspruch wie auch bei den App-Entwicklern.

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Alle Kommentare [1]

  1. Ich freue mich. Nach meinen Versuchen mit iOS und Android bin ich nun mit meinem Windows Phone extrem zufrieden und ich hoffe, dass es sich als drittes Betriebssystem etabliert. Konkurrenz ist immer gut für uns Kunden und WP7 ist wirklich gut gemacht.