Krokers RAM: Der Journalismus ist der Bergbau des 21. Jahrhunderts

Mein Rant am Morgen: Innerhalb von acht Jahren schrumpfte der Anteil von gedruckten Zeitungen am Werbekuchen von 27 Prozent auf nur noch 7 Prozent. Und in den vergangenen 20 Jahren verloren in den USA mehr als die Hälfte aller Journalisten ihren Job. Der Bedeutungsverlust der Medien ist dramatisch.

Die Auswirkungen der digitalen Transformation auf den Journalismus habe ich schon desöfteren hier im Blog näher beleuchtet. Schließlich sind Verlage und Medien direkt nach der Musikindustrie jene Branche, die von der Digitalisierung und den sich verändernden Geschäftsmodellen mit als erste und mit am stärksten betroffen sind.

Wie stark die Medienindustrie bereits in Mitleidenschaft gezogen wurde, zeigt sich nicht zuletzt in der in dieser Woche veröffentlichten „Internet Trends 2019“-Präsentation von Mary Meeker (eine Auswertung weiterer Teile kommt in den nächsten Tagen). Unter der Überschrift „Der erschreckendste Befund für Zeitungen“ hebt das amerikanische Journalismus-Portal Nieman Labs die untenstehende Grafik hervor.

Sie zeigt eindrucksvoll, wie stark sich die Aufmerksamkeit (Media Time) und die Anzeigenausgaben (Advertising Spending) allein zwischen 2010 und 2018 weg von Print – und übrigens auch TV – hin in Richtung stationäres (Desktop) und mobiles Internet verlagert hat. So schrumpfte der Anteil von gedruckten Zeitungen am Werbekuchen von 27 Prozent binnen acht Jahren auf nur noch 7 Prozent.

Quelle: Niemal Lab/Mary Meeker

Angesichts der schwindenden Perspektiven unseres Berufsstands prägte mein geschätzter Kollege Sven Hansel schon vor mehr als 12 Jahren den Vergleich „Journalismus ist der Bergbau des 21. Jahrhunderts“.

Wie sehr er damit auch numerisch richtig liegt, zeigte sich ebenfalls in dieser Woche: Auf der alljährlichen Code Conference des US-Techblogs Recode sagte „New York Times“-Herausgeber Arthur Gregg Sulzberger laut eines Tweets von Idealab-Gründer Bill Gross, in den vergangenen 20 Jahren hätten mehr als die Hälfte aller Journalisten ihren Job verloren – und dies sei sowohl relativ gesehen als auch in absoluten Zahlen mehr als im Kohlebergbau:

Quelle: Bill Gross

Auch wenn es dabei zunächst nur um US-Zahlen geht, dürften die Relationen hierzulande ähnlich sein. Vor diesem Hintergrund kann man tatsächlich konstatieren: Ja, der Journalismus ist der Bergbau des 21. Jahrhunderts, leider. Zumindest, was sinkende Relevanz und rückläufige Beschäftigungszahlen betrifft.

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Alle Kommentare [2]

  1. Meine 2 Cents: Vor allem haben aber Verlage und Redaktionen die Entwicklung verschlafen. Neue Medien sind heute mehr denn je Online-Medien im „Netz“. Neue Medien sind heute soziale Medien mit vielfältigen Kanälen und Formaten, einigen dominanten Playern. Neue Medien sind auch andere, neue Formate. Nicht mehr nur Text, sondern Podcasts und Videos, die technisch im Prinzip jeder produzieren kann. Nochmals explizit: Technisch kann es eigentlich jeder hinbekommen, ob die inhaltliche Qualität – wobei das zu definieren wäre – und Sorgfaltspflicht gewahrt ist, ist eine andere Frage.

    Die digitalen Transformation ist für Verlage und im Journalismus Realität. Man kann jetzt rumweinen und nörgeln, aber das nutzt meiner Ansicht nach nichts. Die Verlage, aber auch Journalisten müssen uns den neuen Realitäten stellen, uns mit neuen Formaten und neuen Bezahlmodellen auseinandersetzen.

    Mehr in meinem Blog: https://stefanpfeiffer.blog/2019/06/16/journalismus-bergbau-des-21-jahrhunderts-die-zeiten-waren-nicht-immer-so-rosig-und-jammern-nutzt-nix/

  2. Hallo Herr Pfeiffer, danke für Ihren Kommentar und den Link auf Ihren Blog. Vieles zutreffend… mein Blogbeitrag war auch weniger jammernd/nörgelnd gemeint als eine schlichte Zustandsbeschreibung basierend auf Zahlen. Dass sich Journalismus ändert, neue Wege sucht etc., versuche ich ja auch selber mit voranzutreiben. Mein Blog wird Anfang 2020 zehn Jahre alt, ähnlich alt ist mein Social-Media-Engagement auf Twitter, Facebook & Co. Habe auch den Eindruck, vielen Verlagen ist inzwischen bewusst, dass sie neue Wege gehen müssen – zumindest für meinen Arbeitgeber Handelsblatt Media Group kann ich das sehr wohl sagen. Vielleicht hat da vieles zu lange gedauert. Klar ist aber anhand der nackten Zahlen: Einen derart tiefgreifenden Wandel durch die digitale Transformation haben bisher wenige Branchen hinter sich. Bleibt spannend zu beobachten, wie das in anderen Industrien noch läuft. Viele Grüße – Ihr Michael Kroker